Weinglossar

Weinbereitung

Unmittelbar nach der Weinlese im Spätsommer beziehungsweise Herbst beginnt die Weinbereitung. Hierbei gilt es grundsätzlich Entscheidungen zu treffen hinsichtlich:

  1. Entrappen / Ganztraubenpressung
  2. Chaptalisierung / (Ent-)Säuerung
  3. Maischestandzeit
  4. Reduktive oder oxidative Vinifikation
  5. Vorklärung des Mostes
  6. Alkoholische Gärung
  7. Filtration
  8. Säuremanagement (BSA)
  9. Ausbau / Reifung
  10. Süssen
  11. Stabilisierung (Schwefelung)

Entrappung / Ganztraubenpressung

Nach der Lese sollten die Trauben möglichst rasch verarbeitet werden, um Oxidation zu vermeiden. Bei der Weißweinbereitung ist dabei in den letzten Jahren immer öfter zu beobachten, dass die Trauben vor dem Pressen nicht entrappt werden, die Beeren also nicht vom Stielgerüst entfernt, sondern im Ganzen – mit Stielgerüst und Stengel – in der Kelter gepresst werden. Man bezeichnet diesen Vorgang entsprechend auch als Ganztraubenpressung.

Die Weißweinbereitung unterscheidet sich hier von der Rotweinherstellung, wo die Trauben bisweilen entrappt und anschließend eingemaischt werden. Während der Maischestandzeit vergären die Trauben, wobei es dabei gerade um den Schalenkontakt geht, um die darin gespeicherten Tannine und Farbpigmente herauszulösen – ein Prozess, der auch als Mazeration bezeichnet wird. Erst dann werden auch die Rotweintrauben gepresst.

Die Ganztraubenpressung hat gegenüber der traditionellen Maischepressung den Vorteil, dass dadurch weniger Bitterstoffe und Extrakte in den Most gelangen und so – insbesondere auch bei den in Zusammenhang mit der Klimaerwärmung zunehmend säurearmen Weißweinen – Frische und Frucht bewahrt wird. Und zwar deshalb, weil bei ihr die (auch bei weißen Rebsorten) tanninhaltigen Schalen gewöhnlich nicht so lange mit dem Most in Berührung kommen, dass sich die darin enthaltenen Gerbstoffe (sogenannte „nichtflavonoide Phenole“) lösen könnten. (Grundsätzlich wirken Tannine beziehungsweise Gerbstoffe aus der Schale zwar astringierend und austrocknend – aber nicht bitter: sie denaturieren das Eiweiß im Speichel, weshalb eiweißreiche Speisen wie zum Beispiel Austern in Verbindung mit Rotwein problematisch sind.)

Da aber auch Stiele und Kerne immer Bitterstoffe enthalten, die noch dazu deutlich kantiger und ruppiger sind als jene in der Beerenhaut (sogenannte „flavonoide Phenole“ wie Gallussäure und Catechine), ist zum einen die physiologische Reife der Kerne bei der Lese wichtig (ist die physiologische Reife nicht erreicht, sind die tanninhaltigen Kerne in den Beeren noch grün und unreif), andererseits gilt es bei der Ganztraubenpressung schonend vorzugehen und mit möglichst geringem Pressdruck zu keltern, damit Kerne und Stielgerüst auch unbeschädigt bleiben. Der Keltervorgang kann sich so zwar über mehrere Stunden ziehen, hat aber zur Folge, dass der abgepresste Most fruchtig und reintönig bleibt.

Die schonende Ganztraubenpressung ist für den Grundwein in der Champagne vorgeschrieben, weil sie es ermöglicht, verschiedene Phasen während des Kelterns beziehungsweise sogenannte „Pressfraktionen“ zu unterscheiden: Der erste Saft aus der Presse ist der beste Champagner und wird Cuvée genannt. Er ist am reinsten und nur er wird traditionell zur Champagnerbereitung verwendet. Die letzten fünf Hektoliter heißen Taille und sind sehr zuckerhaltig, enthalten aber weniger Säure. Ausserdem enthält die Taille reichlich Mineralsalze (insbesondere Kalium) und auch Farbstoff aus der Beerenhaut. Für einen Rosé werden die Trauben in der Champagne ein bis drei Tage mazeriert, das heißt die Schalen werden in der Maische liegen gelassen, um die in der Beerenhaut neben dem Tannin ebenfalls gespeicherten Farbstoffe zu lösen.

Chaptalisierung / (Ent-)Säuerung

Bei der Chaptalisierung beziehungsweise Anreicherung wird der abgepresste Most im Rahmen der Weinbereitung vor der Gärung mit Saccharose (Zucker) angereichert, um den Alkoholgehalt des fertigen Weines auf maximal 15 Volumenprozent zu erhöhen. Man macht das in Deutschland mitunter bei schlechten Jahrgängen, die von hohen Säurewerten bei nicht vollständig ausgereiftem Lesegut geprägt sind. Chaptalisierung wird dann bisweilen begleitet von einer Entsäuerung des Mostes.

Die Anreicherung – nicht zu verwechseln mit dem Süssen des Weines nach der Gärung – ist in der Europäischen Union für Prädikatsweine (in Deutschland also ab Kabinett) verboten und entsprechend nur für Weine ohne Herkunftsbezeichnung sowie Qualitätsweine erlaubt. Allerdings unterscheidet das Weinrecht der Europäischen Union in diesem Zusammenhang verschiedene Weinbauzonen nach den jeweiligen klimatischen Bedingungen eines Landes: von „A“ für kühlere Weinbauregionen bis „C“ für heiße Regionen. Deutschland zählt zur kühlen Weinbauzone A, sieht man von Baden ab, das als einziges deutsches Anbaugebiet in die Zone B fällt, weil es hier insgesamt etwas wärmer ist.

Demnach ist die Anreicherung innerhalb der Europäischen Union in folgendem Maße erlaubt:

  • Weinbauzone A: hier ist eine Anreicherung bis maximal 3 Volumenprozent Alkohol mehr erlaubt
  • Weinbauzone B: 2 Volumenprozent Alkohol mehr
  • Weinbauzone C: 1,5 Volumenprozent Alkohol mehr, aber auch Säuerung ist hier erlaubt

Die Anreicherung kann auch durch Mostkonzentration erfolgen, wobei seit 2002 auch die Zugabe von „Rektrifiziertem Traubenmostkonzentrat (RTK)“ als Anreicherungsmethode zulässig ist, da auch durch sie letztlich der Alkoholgehalt erhöht wird. RTK wird zum Beispiel in Apulien hergestellt, wobei der Konzentrationsvorgang erfolgt durch:

  • Umkehrosmose: dabei wird Wasser durch eine halbdurchläßige Membran gepresst und so vom Most getrennt
  • Vakuumdestillation: Wasser siedet bei 20ºC-Gefierkonzentration (ist nur für „Deutschen Wein“ erlaubt)
  • Spinning Cone Colium: Hochleistungszentrifuge, die den Most in alle Einzelbestandteile fraktionieren kann

Das Gegenteil der Anreicherung ist die Säuerung. Sie erfolgt in Form von Weinsäure in Pulverform und ist nur in wärmeren Anbaugebieten zugelassen. Eine Entsäuerung in kälteren Anbaugebieten wiederum erfolgt durch die Zugabe einer alkalischen Substanz, zum Beispiel kohlensaurem Kalk. Durch Entsäuern wird versucht ein ausgewogenes Zucker-Säure-Verhältnis herzustellen. Fast alle Massenweine sind entsäuert (maschinelle Vollernter lesen fast immer auch unreife Trauben), verboten ist umgekehrt nur das Aufsäuern (zum Beispiel bei hoher Trockenheit in Zusammenhang mit der Klimaerwärmung). Allerdings war eine Säuerung (mit Weinsäure) mit Genehmigung auch in Deutschland (beziehungsweise der europäischen Weinbauzone A) 2003, 2009 und 2015 erlaubt. Im Süden Europas (Weinbauzone C) darf auch mit Ascorbinsäure gesäuert werden. Sie wirkt über den Säureeindruck hinaus reduktiv beziehungsweise mikrobiologisch stabilisierend – wie Schwefel – und schmeckt im fertigen Wein nach Zitronenbonbons.

Maischestandzeit

Weißwein

Bei Weißwein wird der Kontakt des Safts mit den Schalen gewöhnlich so kurz wie möglich gehalten, um der Gefahr der Oxidation zu entgehen. Bei manchen aromatischen Traubensorten jedoch läßt der Kellermeister oft den Saft für kurze Zeit mit den Schalen in Kontakt, um die Intensität der Aromen und die Textur zu verstärken. Dies dauert meist nur ein paar Stunden, außerdem muss es kühl genug sein, damit noch keine Gärung einsetzt. Man spricht dann von Kaltmazeration. Sie wird zum Beispiel in Rueda bei Verdejo angewandt.

Ansonsten sorgt Schalenkontakt grundsätzlich für Phenolik und Farbextraktion – und nur bei langem Maischekontakt entstehen auch mineralische Noten. Mineralität im Wein ist extrem stark an den Ertrag gebunden und an die Bodengesundheit – darüber hinaus aber insbesondere auch an die Vinifikation und damit zusammenhängend: die Maischestandzeit. Denn Mineralstoffe (Kalium, Kalzium, Magnesium et cetera) werden in erster Linie in der Beerenhaut eingelagert, nicht im Fruchtfleisch. So entsteht Mineralik beim Schalenkontakt – und in Abhängigkeit von der Mineralität auch Aromastoffe während der Gärung.

Allerdings sind trockene Jahrgänge nicht mineralisch, da kein Regen da war, der Mineralstoffe aus dem Boden gelöst hat. Mineralische Komponenten, die man zu schmecken vermeint, sind dann höchstwahrscheinlich schwefelgetragen, aber gewöhnlich sind auch achtzig Prozent vermeintlicher Mineralik bei Weißwein Säureempfinden (während dieses Empfinden bei Rotwein gänzlich verschwindet – kaum jemand spricht hier von Mineralität).

Ein verläßlicheres Indiz für Mineralik ist ein langer Speichelfluß sowie ein „kalkiges“ Empfinden, denn Maischestandzeit wirkt sich puffernd auf die Säure aus, da Kalium – als wichtigster Mineralstoff in der Beere – Säure mindert und für ein fülligers, stoffigeres Empfinden sorgt (auch wenn mit einem hohen Kaliumwert die Gefahr von Weinstein steigt: 1 g Weinstein = 0,2 g Kalium + 0,8 g Weinsäure. Bei Weinstein wird das Kaliumsalz der Weinsäure während und nach der Gärung beziehungsweise in der Flasche ausgeschieden. Je länger und langsamer die Gärung, desto weniger Weinstein, siehe dazu auch: 11. Stabilisierung). Auch lange Nachhaltigkeit ist immer mineralisch verursacht. Überdeckt wird Mineralik hingegen von Batonnage – also dem absichtlichen Aufrühren der Hefe mit einem Stab, um dem Wein eine cremigere Textur zu verleihen – und dem Ausbau im Barrique.

Rotwein

Anders als bei Weißwein, bedarf es für Rotwein der Maischegärung (auch Vergärung „à la Bourguignon“ genannt) bisweilen von entrappten und gemahlenen Trauben, oder der Kohlensäuremaischung („Máceration Carbonique“). Die Maischegärung kann dabei in offenen oder geschlossenen Gärbehältern erfolgen – im Holzfass (Barrique), Stahltank, Betonei oder der Tonamphore -, Ziel des Maischekontakts jedenfalls ist die Extraktion von Farbstoffen und Tannin. Dabei kann die Extraktion bereits vor der Gärung einsetzen (so entsteht zum Beispiel bei der Kohlensäuremaischung ein eher frisch-fruchtiger Stil, das heißt, hier wird zwar viel Farbe, aber wenig Tannin extrahiert), während der bei der Gärung entstehende Alkohol die Extraktion noch zusätzlich verstärkt. Bei langer Einmaischung noch nach der Gärung (wie zum Beispiel im Bordelais) wird eher viel Tannin und Farbe extrahiert. In Kombination mit einer Kaltmazeration vor der Gärung kann so ein frisch-fruchtiger und dennoch tannnreicher Stil erzeugt werden.

Bei der Vergärung im offenen Gärbehälter (der dann zum Schutz vor Insekten bisweilen auch mit einer Folie abgedeckt wird) gilt es darauf zu achten, dass der Tresterhut kontinuierlich untergerührt wird, da es sonst nicht zur Extraktion kommt. Die mechanische Extraktion ist dabei steuerbar beziehungsweise erfolgt nach gewünschter Farbtiefe (Cabernet Sauvignon beispielsweise hat drei Mal mehr Farbpigmente als Pinot Noir). Sie kann gesteuert werden durch:

  • Pigeage (hier kommt ein Stössel zum Einsatz, das heißt der sich durch die aufsteigende Kohlensäure bei der gärung bildende Tresterhut auf der Maische wird von Hand kontinuierlich untergetaucht)
  • Umpumpen (hier wird der Tresterhut kontinuierlich „überschwallt“)
  • Rotofermenter (das sind mechanische Rührsysteme)
  • Extraktion nach der Gärung (was allerdings auch zusätzliches Tannin einbringt)
  • Presswein (der im Unterschied zum Vorlaufwein dunkler ist; durch das Verschneiden mit verschiedenen Pressfraktionen kann der Extraktionsgrad auch gesteuert werden). Grundsätzlich allerdings findet auch eine erhöhte mikrobielle Tätigkeit bei offenen Behältern statt!

Roséwein

Wird die Maische aus Rotweintrauben sofort abgepresst, ist das Ergebnis entweder ein Weißherbst, ein Blanc de Noirs oder ein Roséwein, der dann eine etwas geringere Fruchtsäure und einen geringen Gerbstoffgehalt hat, wenn man die Gärung nach fünf bis acht Stunden unterbricht. Eine andere Möglichkeit für die Roséweinproduktion ist das SaignéeVerfahren. Hier wird vor der Gärung ein Teil des rosafarbenen Mostes abgezogen und separat vergoren.

Rotling

Roséwein ist nicht zu verwechseln mit einem Rotling, bei dem Rot- und Weißwein-Trauben oder deren Maische gemeinsam gekeltert werden (seine Farbe ist blass–hellrot). Nach dem selben Prinzip werden in Württemberg Schillerwein (auf der Basis von Qualitäts- oder Prädikatswein, bisweilen aus Riesling und Trollinger), Badisch Rotgold in Baden (aus Grauburgunder und mindestens 51 Prozent Spätburgunder) und Schieler in Sachsen gemacht.

Orange Wine

Wird ein Weißwein mit der Maische (und bisweilen auch Stielen und Stengel) vergoren, spricht man von einem Orange Wine, da neben Phenolen (Tanninen) und Mineralien auch Farbstoff aus der Beerenhaut extrahiert wird (der Wein kann dann bis ins lachsfarbene gehen, beispielsweise bei Grauburgunder, dessen Beerenhaut rot ist). Oftmals wird Orange Wine deshalb als vierte Weinfarbe neben Rot, Weiss und Rosé bezeichnet.

Orange Wines sind insofern nichts anderes als wie Rotweine erzeugte Weißweine, also mit einer langen Maischestandzeit und bisweilen sogar einer Vergärung auf der Maische.

Naturwein

Will man eine vorzeitige Gärung vermeiden, sollte die Maischestandzeit insbesondere bei aromatischen Weißwein-Sorten bei kühlen Temperaturen stattfinden. Problematisch ist ein langer Schalenkontakt auch bei Fäulnis, was zu unerwünschten mikrobiellen Veränderungen insbesondere bei sogenannten Naturweinen führen kann, die ohne Beigabe von Aktivkohle (gewöhnlich 5 Gramm für 100 Liter bei mittlerer Qualität der Maische) oder schwefeliger Säure als Stabilisator vinifiziert werden.

Naturweine sind einzig und allein durch ihre Naturbelassenheit und den Verzicht auf sämtliche Zusatzstoffe und technischen Eingriffe definiert, das heißt keine Reinzuchthefen, keine Enzyme, keine Schönung, keine Filtration, keine Schwefelung zur Stabilisierung et cetera – und das bisweilen verbunden mit einem ökologischen oder biodynamischen Produktionsansatz. Während Orange Wines diesem Anspruch nicht zwangsläufig folgen müssen (sie können auch ungeschönt, unfiltriert oder geschwefelt abgefüllt werden), können natürlich auch Rotweine als Naturwein produziert werden sowie Schaumweine und PetNats.

Minimal Wine

Erfolgt die Herstellung eines Naturweins mit möglichst wenig Eingriffen beziehungsweise nur mit minimalen Interventionen spricht man manchmal auch von einem Minimalwein. Der Zugang bei ihm ist ein anderer, wie beim konventionellen: Man erlaubt hier mitunter eine ganz zarte Oxidation über einen sehr langen Zeitraum hinweg – denn damit sind dann die Bestandteile im Wein, die überhaupt oxidierbar sind, größtenteils weg und der Wein bekommt auf diese Art und Weise eine mikrobiologische Stabilität, für die ansonsten die Schwefelung sorgt. Der Minimalwein unterscheidet sich damit bisweilen von geläufigen Vorstellungen vom Geschmack eines Weines.

Reduktive oder oxidative Vinifikation

Die oxidative Methode der Weinbereitung, bei der der Wein (Most) mit Sauerstoff in Kontakt kommt, war lange der Normfall, die reduktive, sauerstoffarme Vinifikation gibt es erst seit den 1960er Jahren – seit Stahltanks für die Weinbereitung verwendet werden. Bei der reduktiven Verarbeitung des Mostes gilt es beim Pressen darauf zu achten, so wenig Phenole wie möglich rauszupressen. Idealerweise zieht man den Vorlaufmost ab und presst erst dann, denn frisch gepresserter Traubensaft enthällt Zellfragmente, die zu Fehltönen führen können. (Alternativ könnte man auch vorklären.)

Grundsätzlich besteht im Hinblick auf den Erhalt der primären Fruchtaromen das Problem der Oxidation: Fruchtaromen sind zunächst zwar präsent, verflüchtigen sich aber auch schnell durch Sauerstoffkontakt und durch das vorhandene Wasser im Most. Um eine vorzeitige Reifung zu verhindern empfiehlt sich deshalb idealerweise eine Lese Nachts, gekühlte Transporte sowie luftdichte Behälter im Keller. Oxidierte Moste sind braun und haben einen Teil der Primärfruchtaromen verloren – haben aber auch ein höheres Entwicklungspotential, weil nichts mehr nachoxidieren kann. Diese Weine sollten fünf bis sechs Jahre lagern. (Auch Botrytis cinerea denatuiert die Farbpigmente in der Schale, die dann schon in der Jugend sehr braun daherkommen. Deshalb gibt es auch kaum roten Süsswein.)

Allerdings kann bei der Oxidation Ethanol zurück zu Acetaldehyd entwickelt werden – das man an der „Sherrynote“ (brauner Apfel) erkennen kann –, was problematisch ist, weil es ein Zellgift ist und „Kater“ verursachen kann. Acetaldeyhd (Ethanal) ist ein Nebenprodukt bei der Gärung und Vorstufe des Alkohols (Ethanol).

Vorklärung des Mostes

Während der Gärung und der Lagerung sinken tote Hefezellen und Traubenfragmente auf den Boden des Behälters und bilden ein Depot (Grobhefe), kleinere Partikel (Feinhefe) sinken langsamer ab. Grobhefige Trübstoffe können Fehlaromen hervorrufen – und trüber Most kann ohne Vorklärung beginnen zu schäumen. Um dem Vorzubeugen wird der Bodensatz bisweilen durch Schönung entfernt, indem er mit Bentonit gebunden wird, alternativ auch mit tierischem Eiweiß wie Fisch- oder Rindergelatine, weshalb es auch keine veganen Wein gibt. (Ein Ersatz ist zum Beispiel Erbseneiweiss – auf jeden Fall müssen seit 2004 Allergene wie zum Beispiel die Behandlungsmittel Kasein, Eieralbumin und Lysozym auf dem Etikett angegeben werden.)

Das grundsätzliche Problem dabei ist, dass mit den Trübstoffen auch Nährstoffe herausgefiltert werden, die die Hefen später brauchen. Insofern stellt sich die Frage, ob dieser „weitestgehend kosmetische Eingriff“ (Jürgen Hammer) eigentlich notwendig ist? Andererseit findet in Rueda bei Verdejo eine Vorklärung und Filterung statt, um primäre Fruchtaromen zu erhalten – genauso wie bei der Grundweinproduktion in der Champagne: Auch hier erfolgt eine Vorklärung um einen fruchtigen und aromatisch reinen Wein zu haben.

Alkoholische Gärung

Bei der Gärung wandelt Hefe den in den Beeren gespeicherten Zucker in Alkohol, Kohlendioxid und Wärme um. Die dafür verwantwortliche Hefe – die sogenannte Saccharomyces cervisiae – wurde 1867 von dem in Arbois im französischen Jura geborenen Louis Pasteur (1822-1895) bei seinen Untersuchungen zur alkoholischen Gärung und Oxidation entdeckt. Pasteur entdeckte in diesem Zusammehang zahlreiche Mikrorganismen (Mikroben), auch krankheitserregende. Die Entdeckung des Hefepilzes Saccharomyces cervisiae als treibende Kraft der von nun an so bezeichneten Fermentation sollte es fortan aber ermöglichen, Most kontrolliert zu vergären.

Bei der Weinbereitung wird im Hinblick auf die Einleitung des Gärprozesses seit Pasteurs Entdeckung grundsätzlich nicht mehr auf die Vergärung durch sogenannte wilde Hefe, die ohnehin auf der Beerenhaut haften oder sich in der Kellerumgebung befinden, vertraut – überlässt man den gepressten Most im Weinkeller sich selbst, kommt es aufgrund der ohnehin vorhandenen natürlichen Hefen automatisch zur Gärung, Spontangärung genannt, die dann gewöhnlich allerdings etwa langsamer verläuft und deren Resultat nicht kontrollierbar ist, da es sich bei diesen wilden Hefen immer um einen Komplex verschiedenster Hefearten handelt -, sondern es finden zunehmend speziell gezüchtete Hefekulturen Verwendung, sogenannte Reinzuchthefen (Kulturhefen auf der Basis „gezähmter“ Saccharomyces cervisiae), die dem Most zugegeben werden und mit denen versucht wird, den Gärprozess zu beschleunigen und vor allem den Geschmack des Weines ganz gezielt zu beeinflussen.

Überall vorkommende natürliche, „wilde“ Hefen haben gewöhnlich eine relativ schlechte Gärleistung, das heißt, die sogenannte Spontanvergärung kann durchaus mehrere Monate anhalten, während die Vergärung mit gezüchteten Kulturhefen nur etwa drei Wochen dauert. Das liegt daran, dass „wilde“ Hefe aus Nicht-Saccharomyceten-Hefen und Saccharomyceten besteht, wobei die Nicht-Saccharomyceten vorherrschend sind. Sie arbeiten nur so lange, bis etwa vier Volumenprozent Alkohol erreicht sind, und stellen bis dahin eigentlich nur Gärnebenprodukte her, die aber gleichwohl für ein wesentlich reicheres Aromenspektrum spontan vergorener Weine sorgen. Danach arbeiten dann praktisch nur noch Hefen der Gattung Saccharomyces cervisiae. Das liegt insbesondere auch an deren Fähigkeit der Alkoholtoleranz (bis etwa 15 Volumenprozent, dann stellen auch sie die Arbeit ein).

Saccharomyces cervisiae arbeitet in einem Temperaturbereich von mindestens 5 bis maximal 35 Grad Celsius (ºC). Grundsätzlich liegt die ideale Gärtemperatur für Weißwein zwischen 10 und 22ºC – die Gärzeit beträgt etwa zwei bis drei Wochen -, wobei bei einer kühleren Gärtemperatur zwischen 10 und 15ºC eher Primärfruchtaromen herausgehoben werden, in einem wärmeren Bereich von 18 bis 22ºC florale und würzige Aromen (sowie Pigmente und Tannine aus den Schalen). Da bei der Gärung Wärme entsteht – die in der Traube gespeicherte Energie wird im Prozess der Dissimilation in Form von Wärme abgegeben -, wird deshalb versucht, die Temperatur während der Gärung zu regeln, beispielsweise durch die Vergärung in temperaturgesteuerten Stahltanks.

Die bei Rotwein praktizierte Maischegärung dauert länger, hier gelangen dann aber auch Farbpigmente und Tannine aus der Schale in den Wein. Die Maischegärung erfolgt grundsätzlich bei etwas höheren Temperaturen als bei Weißwein, zwischen 20 und 32ºC. Dabei ist die Aromafülle bei niedrigeren Gärtemperaturen höher (Primäraromen), die Phenolextraktion bei höheren Temperaturen jedoch besser – es entstehen dann weichere, rundere Tannine. Die Farbextraktion ist in den ersten zehn Tagen am Höchsten, danach nimmt die Phenolextraktion zu. Nach längerer Zeit, wenn der Sättigungsgrad erreicht ist, nimmt der Farb- und Phenolanteil wieder ab. Das gilt insbesondere bei der sogenannten „extended mazeration“ (länger als sechs Wochen), wie sie beispielsweise beim kräftigen Barolo gemacht wird: Hier bleibt der Trester nach der Gärung im Wein. Dadurch kommt es zu einem längeren Schalenkontakt und der Wein gerät insgesamt etwas ausbalancierter.

Beschleunigen läßt sich dieser Prozeß durch künstliche Maischeerhitzung. Diese Methode ist schneller und wird für wenig komplexe, fruchtige Weine für die Massenproduktion verwandt (beispielsweise bei lieblichem oder halbtrockenem Dornfelder, der aber auch hinterher gesüsst ist). Denn bei Maischeerhitzungsverfahren beziehungsweise der thermischen Behandlung von Wein wird der Zellverband der Beeren zerstört, womit die Extraktion von Fabstoffen beschleunigt wird – und bei faulem Material ausserdem Botrytis-Enzyme inaktiviert (Maischeerhitzung ist die einzige Möglichkeit, die Gärung bei Botrytis-Reben zu stoppen). Der Most wird dann zwei bis vier Stunden mit circa 50ºC erhitzt (der ganze Vorgang benötigt mit erhitzen und abkühlen etwa sechs Stunden), die gesamte Weinbereitung dauert dann nur zehn Tage. Noch schneller geht die Hochkurzzeiterhitzung für wenig Minuten auf 70 bis 85ºC (ab 72ºC wirkt die Erhitzung außerdem pasteurisierend), der Wein erhält dann aber einen deutlich wahrnehmbaren „Kochton“.

Sind Holznoten erwünscht, sollte die Vergärung am Besten gleich im Barrique erfolgen mit der kompletten Hefe (Vollhefe) in der Maische. Der Anteil von Sauerstoff und Holzaromen, von denen der Wein so mehr aufnimmt, wird ausbalancierter. Ansonsten wirken diese Noten eher aufgesetzt, plakativ. Andererseits ist nur im Stahltank eine temperaturkontrollierte Vergärung möglich.

Die Gärung kann abgebrochen oder gestoppt werden durch:

  • Ankühlung unter 5ºC
  • Filtration der Hefen
  • Abtötung der Hefen durch die Schwefelung mit Schwefeldioxid oder
  • Zufügen von (Trauben-)Destillat oder Branntwein wie beispielsweise bei Portwein, da Hefen ab einem gewissen Alkoholwert (etwa 15 Volumenprozent) nicht mehr arbeiten.

Wenn die Gärung natürlich endet, läßt sie sich kaum wieder in Gang setzen (das kann sein, wenn zu wenig Stickstoffe oder Mineralstoffe für die Hefen vorhanden sind). Ansonsten werden durch das Stoppen der Gärung Weine mit Restsüsse produziert.

Máceration Carbonique

Bei der Máceration Carbonique, auch Kohlensäuremaischung oder Ganztraubenvergärung genannt, findet die Vergärung in einer aneroben Situation statt, das heißt das Ziel dieses Verfahrens ist es, eine sauerstofffreie Umgebung für die ungemahlene Frucht zu schaffen. Dazu werden ganze, unentrappte Trauben (mit ausschließlich reifen Stielen) in einen gekühlten Drucktank (gibt es erst seit Ende des 19. Jahrhunderts) gegeben und dieser mit Kohlendioxid (CO2) gefüllt, sodaß der Sauerstoff verdrängt wird. Die eigentliche Gärung findet nun intrazellulär auf der Basis von Enzymen in der ganzen Beere statt, nicht durch Hefen. Erst bei etwa zwei Volumenprozent Alkohol und nach etwa 3 bis 4 Tagen platzt die Traube: Dadurch wird viel Farbe, aber kaum Phenolik erzeugt und fruchtige Aromen entstehen bei einem geringen Alkoholgehalt. Dann wird das CO2 abgelassen und alles mit Reinzuchthefen (hochreduktiv) vergoren.

Diese Methode findet insbesondere im Beaujolais ihre Anwendung, wo fruchtbetonte, leichte Weine entstehen – häufig auch als Máceration Semi-Carbonique: Bei diesem Verfahren werden die zuunterst liegenden Trauben angequetscht und es findet eine offene Vergärung statt, durch die CO2 im Tank nach oben steigt, wo die intrazelleluläre Gärung bei den ganzen Trauben vonstatten geht. Dadurch erhält man einen frischen Fruchtcharakter (beispielsweise bei Pinot Noir). Eine dritte Möglichkeit ist auch noch die Kombination beider Verfahren: Hier vermischt man ganze mit gemahlenen Trauben, es finden dann beide Arten von Vergärung gleichzeitig statt, was dem Wein eine seidige Textur gibt und eine lebhafte, frische Frucht verleiht.

Filtration

Filtration findet nach der Beendigung der Gärung statt: Hier wird der Hefetrub, der sich am Fass- oder Tankboden abgesetzt hat, durch den sogenannten Abstich vom Jungwein getrennt. Dies kann geschehen durch mechanische Filtration (beispielsweise durch Crossflow oder eine Zentrifuge) oder schonend durch den Abstich, wo der Most von der Maische und damit auch von der Grobhefe (die sich nach etwa acht bis zehn Stunden am Boden abgesetzt hat) getrennt wird, indem man den Wein durch Umpumpen in einen anderen Behälter füllt.

Säuremanagement (BSA)

Die Säure im Wein hängt ab von den klimatischen Gegebenheiten, von der Rebsorte und auch von den Gärbedingungen – wenn es zum biologischen Säureabbau (BSA), auch malolaktische Gärung genannt, kommt. Bei dieser kommt es zu einem Säureumbau, indem aggressive Apfelsäure mithilfe von Bakterien in Milchsäure und CO2 umgewandelt wird. Allerdings funktioniert der BSA nur, wenn die Apfelsäure nicht viel zu hoch, das heißt der ph-Wert nicht über 3,1 liegt, ansonsten entsteht eine unangenehme „Sauerkrautnote“. Auch kann es bei farbschwachen Rotweinen zu einem spürbaren Farbverlust kommen.

Idealerweise aber soll durch den BSA der Säureeindruck weicher werden: Aromatisch sollte sich der BSA nicht auswirken, sondern nur im Mundgefühl – in der Textur, die nun buttrige Aspekte offenbart. Ausserdem wird dadurch auch eine mikrobiologische Stabilität hergestellt und das Schwefeln des Weines durch SO2 dient dann nur noch als Oxidationsschutz.

Die Säureumwandlung findet gewöhnlich im Februar/März automatisch statt, da alle Weine immer auch Milchsäure enthalten. „Vegane“ Weine gibt es insofern nicht – Milchsäurebakterien können nur inaktiv sein. Allerdings können die Bakterien auch zugesetzt (geimpft) werden und auch durch eine Temperaturerhöhung kann der BSA angekurbelt werden. Umgekehrt kann die malolaktische Gärung durch Kühlung auf etwa 10ºC, durch Filtration der Milchsäurebakterien oder durch (eine moderate) Schwefelung (mit bis zu 30 mg/l) auch unterbunden werden – oder bei zu geringer Dosierung hinausgeschoben, sodaß der BSA dann in der Flasche stattfindet: Hier ist dann noch Restzucker vorhanden und der Wein in der Flasche verbraucht die zu geringe Menge Schwefel schnell. Die eventuell noch vorhandene Hefe und die Milchsäurebakterien in der Flasche sorgen dann für einen verzögerten BSA. Der Wein gerät dadurch leicht moussierend, weil die Kohlensäure aus der Gärung in der Flasche gefangen bleibt. Hinsichtlich der Sensorik besteht so die Gefahr, das der Wein „spitz“ wird, wenn Kohlensäure und Säure zusammentreffen: Während die Weinsäure eher im hinteren Bereich der Zunge spürbar ist, bleibt die Säuresensation bei der aggressiveren Apfelsäure im ersten Geschmacksbild vorne.

Auch bei der Herstellung eines PetNat“ (Pétillant Naturel) – auch als Méthode Rurale, Méthode Ancestrale oder Méthode Artisanale bezeichnet – bleibt die Kohlensäure aus der Gärung in der Flasche gefangen. Dabei wird noch gärender Most auf die Flasche gefüllt und diese verschlossen. Häufig liegt der Most sogar noch bis kurz vor der Abfüllung auf der Maische. Dieser kann von fast trocken bis noch recht süss vorliegen, was die Stärke der Perlage bestimmt.

Ausbau – Reifung

Beim Abstich geht der Wein maximal mit der Feinhefe in den Stahltank oder das Holzfass und wird dann darin ausgebaut. Diese Art des Ausbaus auf der Feinhefe wird auch „sur lie“ genannt und sorgt für mehr Textur, Fülle, Cremigkeit und Komplexität, die noch durch Batonnage verstärkt wird (die wiederum den Biologischen Säureabbau (BSA) unterstützt) und ist darüber hinaus weniger anfällig für Oxidation (beispielsweise bei Cortese in Gavi). Allerdings passiert diese Autolyse der Hefe erst nach etwa sechs Monaten, das heißt ein Autolysecharakter des Weins stellt sich erst nach etwa neun Monaten ein und ist dann noch nicht besonders hoch. Um das zu gewährleisten sollte der Wein mindestens zwölf Monate „sur lie“ ausgebaut werden (wie das beispielsweise J. B. Becker in Waluff im Rheingau macht). Die Feinhefe wird dann nach und nach während des Reifungsprozesses entfernt (das Depot wird von Abstich zu Abstich immer feiner: So klärt zum Beispiel „Rioja Alta“, direkt Gegenüber von „Lopez de Heredia“, ihre Weine nicht vorab, sondern macht alle sechs Monate einen Abstich).

Nach dem Abstich erfolgt die Reifung des Weines. Ob und wie eine Reifung des Weines stattfinden soll ist eine zentrale Frage bei der Vinifikation. Je nachdem, ob die Vinifikation oxidativ – also mit Sauerstoffkontakt – oder reduktiv erfolgen soll, geht der Wein dazu maximal mit der Feinhefe gewöhnlich in den Stahltank oder das Holzfass (Barrique). Beim Ausbau im luftdichten Stahltank kommt der Wein nur beim Abstich mit Sauerstoff in Kontakt. Im Gegensatz dazu findet bei der Reifung des Weines im luftdurchlässigen Holzfass permanent ein Sauerstoffkontakt statt – Holz ist porös -, wobei das Barrique dem Wein, im Verhältnis zur Füllmenge, mehr Oberfläche bietet als ein grosses Holzfass.

Entscheidet man sich für den Holzfassausbau, ist die Wahl des Fasses entscheidend für Stil, Charakter und Qualität des Weines – und zwar insbesondere auch deshalb, weil Sauerstoff die rauhen Gerbstoffe des Rotweins bindet und dadurch mildert, während neues Holz selbst weiche Tannine und Aromen an den Wein abgibt (abgesehen davon, dass in einem Holzfass ideale „klimatische“ Bedingungen für einen biologischen Säureabbau herrschen). Da beim Barrique – im Verhältnis zur Weinmenge – letztlich mehr Sauerstoff als bei einem grossen Holzfass durch die Poren eindringt, reift auch der Wein darin schneller und intensiver. So konnte zum Beispiel im Piemont die notwendige Reifezeit für einen Barolo durch den Einsatz von Barriques anstelle der traditionellen Holzfässer von bis zu zwanzig Jahren auf gerade einmal drei verkürzt werden.

Aber Barriques sind teuer: unter 600 Euro sind selbst die günstigsten neu nicht erhältlich. Außerdem binden sie Lagerkapazitäten oft über Jahre – entsprechend steigt dann auch der Preis pro Flasche beim Barriqueausbau. Um sich diese Kosten zu sparen, praktiziert man bei Massenweinen mitunter das Verfahren der Mikrooxigenierung, wo dem Wein im Stahltank kontrolliert Sauerstoff zugeführt wird.

Im Gegensatz zu früher werden heute bei der Reifung Größe des Fasses und die Art des Holzes sehr genau auf den Wein abgestimmt. Zwar bildeten sich im Laufe der letzten Jahrhunderte regional unterschiedliche Standardgrößen und -formen für Weinfässer heraus, seit Ende des 19. Jahrhunderts ist aber international eine Tendenz zum 1866 in Bordeaux entwickelten „Barrique“ beziehungsweise zum kleinen Holzfass zu erkennen, wobei es auch da regionale Unterschiede gibt. Grundsätzlich lassen sich folgende Fassgrößen bei Barriques unterscheiden:

  • 225 Liter: Das Fassungsvermögen des klassischen „Barrique“ wurde 1866 in Bordeaux festgeschrieben, wo es ursprünglich als Transportgebinde beziehungsweise Handelseinheit fungierte: 225 Liter entsprechen 60 Gallonen oder auch 300 Flaschen. Von Bordeaux aus gelang das Barrique im späten 19. Jahrhundert auch nach Rioja und ins Piemont.
  • 228 Liter fasst das burgundischePièce“.
  • 205 Liter fasst das „pièce champenoises“.
  • Maximal 330 Liter dürfen Barriques für Qualitäts- oder Prädikatswein gesetzlich in Deutschland haben, wo der Barrique-Ausbau (für mindestens 6 Monate) seit den 1980er Jahren gemacht und seit den 1990er Jahren gesetzlich geregelt ist.
  • Maximal 350 Liter haben Barriques laut Gesetz in der Europäischen Union (bei einer Ausbauzeit von mindestens 6 Monaten bei Rotwein und 4 bei Weißwein).

„Barrique“ bezeichnet heutzutage ganz allgemein den Ausbau oder die Reifung des Weines in kleinen Eichenholzfässern, wobei damit gewöhnlich das 225 Liter fassende Bordelaiser Barrique gemeint ist. Selten werden dabei nur neue Barriques verwendet (ihr Anteil liegt gewöhnlich bei 10 bis 20 Prozent).

Grundsätzlich wurden Holzfässer erstmals von den Römern verwendet – als Alternative zur zerbrechlichen Tonamphore. Allerdings zunächst vornehmlich für den Transport, jedenfalls verschifften sie Wein von Mosel, Rhein und Donau darin stromaufwärts. Man weiß, dass Holzfässer bei den Römern nur in den Provinzen Gallien und Germanien zum Einsatz kamen, denn diese Fässer waren gewöhnlich aus dem Holz der Tanne hergestellt, die nur in Süddeutschland (Schwarzwald, Frankenwald, Bayrischer Wald) beziehungsweise im Alpenraum wächst. Deshalb lassen sich auch die Herkunft der Fässer und das Verbreitungsgebiet des Weines relativ leicht bestimmen.

Abgesehen vom Transport – Wein auch im Holzfass auszubauen ist wohl eine spätere Erfindung, das heißt, es hat eine zeitlang gedauert, bis man festgestellt hat, dass sich nicht alle möglichen zunächst verwendeten Holzarten, sondern praktisch nur Eiche für den Weinfassbau eignet (sieht man von Akazie ab). Denn Eichen wachsen zwar langsam – sie müssen mindestens 80 Jahre alt sein (bisweilen werden von den Küfern aber 100 bis 150 Jahre alte Eichen verwendet) sowie einen Stammdurchmesser von etwa einem halben Meter haben, bevor sie im Winter, wenn der Baum nicht im Saft steht, gefällt werden können -, durch das langsame Wachstum ist Eichenholz aber härter und dichter als die meisten anderen Holzarten und bietet dadurch ein nahezu ideale Eigenschaften für die Reifung des Weines: Eiche bietet maximale Dichte und dennoch ausreichend Poren für genügend Sauerstoffkontakt, das heisst, die Holzdauben lassen 30 bis 60 Milligramm Sauerstoff pro Liter und Jahr ins Fass. Mehr kommt noch durch den natürlichen Schwund von etwa 3 bis 5 Prozent (das sind etwa elf Liter pro Jahr bei einem Barrique) ins Eichenfass, wobei der Unterdruck darin den Sauerstoff ansaugt. (Zum Problem können die Feinhefe und der Weinstein werden, die sich an der Holzwand festsetzen und die Poren verstopfen.)

Unabhängig von der perfekten Sauerstoffdurchlässigkeit, stellte man bereits im 17. Jahrhundert fest, dass nur Eichenholz den darin lagernden Weinen geeignete, harmonierende Aromen abgibt. „Eiche“ ist dabei aber nicht gleich „Eiche“: Von den über 250 Eichenarten weltweit kommen zwar nur wenige (je nach Quelle sind es zwischen drei und sechs) für den Weinfassbau in Frage, aber selbst die unterscheiden sich hinsichtlich ihrer aromatischen Auswirkungen auf den Wein. Man unterscheidet in diesem Zusammenhang insbesondere:

  • Nordamerikanische Weißeiche (Quercus alba): Hat einen hohen Ligninanteil, der für die charakteristische süssliche Kokosaromatik verantwortlich ist. Sie gibt weniger, dafür aber etwas rauere Tannine abgibt.
  • Europäische Eichenarten (Quercus peduncolata und Quercus sessilis) mit Vanillearomen und insgesamt etwas weicheren Tanninen.

Eichen wachsen nicht nur langsam, sondern auch nur in wenigen Gebieten, nämlich dort, wo der Boden nicht zu feucht ist und kein Eisen enthält. In Europa finden sich solche Bedingungen in manchen Regionen Frankreichs (Alliers, Nevers, Cher, Limousin) sowie am Balkan. Während Eichenholz vom Balkan häufig für die traditionellen Fässer (mit einer Füllmenge zwischen 500 und 15.000 Litern) italienischer Weinkeller verwendet wird, zum Beispiel für die piemontesischen „botti“ aus slawonischer Eiche (Kroatien), gilt französische Eiche aufgrund seiner Feinporigkeit als qualitativ hochwertigstes und teuerstes Holz für den Weinfassbau. Entsprechend wird es auch vornehmlich für den Bau von Barriques für hochwertige Rotweine verwendet.

Amerikanische Weißeiche wächst schneller als die europäischen Arten und hat auch größere Poren. Nicht zuletzt deshalb ist sie günstiger – auch, weil sie einfacher verarbeitet werden kann. Denn da Amerikanische Weißeichen weniger porös sind, kann man diese längs zum Stamm ohne Rücksicht auf den Faserverlauf sägen, während europäische Arten aufwändig per Hand in Dauben gespalten werden müssen: Die Eichenstämme werden zwar mit der Säge gefällt und auf die benötigte Länge zugeschnitten, nach der Entrindung und Entfernung von Splintholz aber sollte europäische Eiche aufgrund ihrer poröseren Struktur nur noch per Hand mit der Axtschneide oder mit maschinellen Spaltkeilen in Faserrichtung gespalten werden. (So geht auch relativ viel Holz verloren, während umgekehrt der Preis mit dem geringeren Ertrag an Holzdauben je Kubikmeter steigt.)

Vor der Verarbeitung zu Holzfässern müssen die Dauben bis zu drei Jahre lang getrocknet werden. Man könnte diesen Prozess mit Trocknungsanlagen zwar auch verkürzen, das aber wird gemeinhin als qualitätsmindernd betrachtet. Wärme hingegen ist dann unverzichtbar, um die Fassdauben zu biegen, ohne sie zu brechen. Die Küfer machen das bisweilen über offenem Feuer – wo das Barrique auf der Innenseite auch „getoastet“, das heißt durch die Flammen geröstet wird. Das verändert die chemische Struktur des Holzes wodurch Röstaromen entstehen, die dann beim Ausbau im Barrique an den Wein abgegeben werden.

Je nach gewünschter Intensität der Röstaromen, die durch den Barrique-Ausbau in den Wein gelangen sollen, unterscheidet man folgende Röstungsgrade beim „toasten“:

  • Heavy toasted, HT, auch HT+ oder HT ++
  • Middle toasted, MT auch MT+ oder MT++
  • Light toasted, LT

Grundsätzlich sind sechs bis sieben Belegungen mit Wein möglich, gewöhnlich gibt das Barrique aber nach der dritten Belegung kaum noch Aromen oder Tannine ab. Es wird dann geschmacksneutral wie die üblicherweise über Jahrzehnte benutzten grossen Holzfässer und wird gegebenenfalls durch ein neues ersetzt. (Benutzte Barriques werden gerne für die Verfeinerung von Cognac, Whiskey oder auch Sherry weiterverwendet.)

Wird auf dem Etikett auf Barriqueausbau verwiesen, müssen mindestens 75 Prozent des Qualitäts- oder Prädikatsweins vier Monate (Rotwein sogar sechs Monate) darin gelegen sein (erst dann gibt es eine für den Verkauf erforderliche Amtliche Prüfnummer).

Ansonsten gibt es ausser den Barriques (und den 300-400-Liter-Fässern, die für die Cognac-Produktion verwendet werden) noch folgende Holzfässer:

  • Halbstückfass (600 Liter): Im Rheingau gebräuchlich.
  • Stückfass (1.200 Liter): An Mosel und Rhein im Gebrauch. Traditionell wird der Wein darin ausgebaut, manchmal auch noch vergoren. Es ist meist aus deutscher Hunsrück- oder Spessarteiche.
  • Doppelstückfass (2.400 Liter): In der Pfalz und in Rheinhessen gebräuchlich.
  • Fuder (1.000 Liter)
  • Halbfuder (500 Liter): Hat das gleiche Fassungsverögen wie ein „pipe“ – das traditionelle Sherry-Fass -, das gleichzeitig als Transportgefäß und Maßeinheit fungierte.
  • Grosses Holzfass (ab 5.000 Liter): kann Jahrzehnte und länger genutzt werden, gibt aber schon nach wenigen Jahren keine Tannine mehr an den Wein ab. Im Vergleich zum Fassungsvermögen ist die Menge des durch die Poren des Holzes eindringenden Sauerstoffs gering, weshalb der Wein also nur langsam reift.

Bei diesen Fässern werden die Dauben nicht durch Feuer gebogen und ausgebrannt, sondern über Dampf in Form gebracht, weshalb man auch keine Röstaromen im Wein schmeckt.

Grundsätzlich lohnt sich eine Reifung im Barrique nur bei genügend Tannin, Säure und/oder Alkohol – und der Wein muss über Aromen verfügen, die sich auf interessante Art und Weise entwickeln. So gilt zum Beispiel hinsichtlich des Reifepotentials von Rotwein, dass Weine mit vollem Körper und hohen Tanninen (wie beispielsweise alterungsfähiger Cabernet Sauvignon) neuer Eiche standhalten muss (die Reifung erfolgt dann typischerweise für 12 bis 18 Monate).

Eine Reifung mit Sauerstoffkontakt mildert die Tannine und verleiht den Aromen mehr Komplexität, da sich auch tertiäre Aromen (die immer „morbide“ sind wie beispielsweise Leder oder Erde) entwickeln. (Bei langer oxidativer Reifung werden Rotweine bräunlich, Weissweine orangefarben.) Ausserdem erhalten die Weine beim Kontakt mit Eichentanninen mehr Struktur und größere texturale Komplexität sowie eben Röstaromen. Im Gegensatz dazu finden beim Ausbau beziehungsweise der Reifung in der Flasche nur oxidative Prozesse statt – und diese sind noch dazu wesentlich geringer und langsamer.

Weine aus Spanien oder Italien kommen – anders als in Bordeaux mit seinem Subskriptionssystem – trinkfertig auf den Markt. Wichtige Reifezeiten für Rotwein in Spanien sind:

In Italien gelten folgende Reifezeiten:

Eine Alternative zum teueren Barriqueausbau ist die Benutzung von Staves oder Chips – die man gemeinsam mit der Mikrooxigenierung dazu nutzt, um bei Massenweinen den Barriqueausbau zu imitieren: Staves (Eichenholzstangen) und Chips (Eichenholzschnipsel in einem Netz) werden dazu einfach in den Stahltank gehängt, wobei ein Eichenholzstab pro 38 Liter etwa der Oberfläche eines Barriques entspricht. Das hat allerdings nur geschmackliche Auswirkungen und ist in der Europäischen Union nicht für Qualitäts-, sondern nur für Landweine, also auf IGP-Niveau erlaubt – in Übersee jedoch grundsätzlich schon! Das heißt, wenn ein Wein aus einem Land der sogenannten Neuen Welt Eichenholznoten aufweist, heißt das noch lange nicht, dass er auch im neuen Barrique ausgebaut wurde. Es könnten genauso gut Chips oder Staves die Ursache dafür sein.

Ansonsten kann der Wein auch zu jedem Zeitpunkt der Weinverarbeitung verschnitten werden (auch mit unterschiedlichen Pressfraktionen), was praktisch am häufigsten während der Reifung erfolgt, um die Ausgewogenheit zu verbessern, die Beständigkeit oder einen bestimmten Stil zu garantieren.

Süssen

Süssen erfolgt im Gegensatz zur Chaptalisierung nach der Gärung mittels einer Süssreserve aus unvergorenem Traubensaft gleicher Art und Güte. Süssreserve ist unvergorener Traubensaft der direkt nach dem Pressen steril eingelagert wird, das heißt geschwefelt, damit er nicht fermentiert. Im Gegensatz zur Chaptalisierung ist das Süssen auch bei Prädikatsweinen erlaubt, beispielsweise bei einer Spätlese mit hohem Alkoholgehalt, aber auch mit anderem Wein: nur 85 Prozent sind gesetzlich vorgeschrieben, das heißt Kabinett kann mit anderem Kabinett mit gleichem Mostgewicht – also gleicher Art und Güte – gesüsst werden.

Hinsichtlich des Süssegrades gilt ein Wein als:

  • trocken: bis maximal vier Gramm Restzucker pro Liter beziehungsweise bei zwei Gramm Unterschied zur Säure, das heißt der Säurewert ist um zwei Gramm niedriger
  • halbtrocken: bis maximal zwölf Gramm Restzucker pro Liter oder 18 Gramm bei 10 Gramm Unterschied
  • lieblich: bis maximal 45 Gramm Restzucker pro Liter
  • süss: ab 45 Gramm Rest Zucker pro Liter

Stabilisierung (Schwefelung)

Während seiner Untersuchungen zur alkoholischen Gärung und zur Oxidation entdeckte der im französischen Jura geborenen Louis Pasteur (1822-1895) nicht nur den für die Fermentation verantwortlichen Hefepilz Saccharomyces cervisiae, sondern auch zahlreiche andere Mikroorganismen (Mikroben) – auch krankheitserregende. Um sie unschädlich zu machen, entwickelte er ein nach ihm benanntes Verfahren der Erhitzung – die Pasteurisierung -, mit dem es gelingt, Bakterien und Enzyme abzutöten und Flüssigkeiten dadurch haltbar zu machen.

Pasteur löste damit ein großes Problem der Winzer, kam es doch bis dahin immer wieder zu unerwünschten Nachgärungen der Weine in der Flasche aufgrund von bakteriellen Verunreinigungen. Durch die Erhitzung der Weine auf eine Temperatur zwischen sechzig und hundert Grad Celsius werden solche Bakterien abgetötet – allerdings bleiben die Auswirkungen auf die Qualität des Weines umstritten (praktiziert wird die Pasteurisierung beispielsweise im Maison Louis Latour). Deshalb verzichtet man heutzutagen gewöhnlich auf die Pasteurisierung – die mikrobiologische und die Sauerstoffstabilisierung der Weine erfolgt stattdessen mittels Schwefelung, das heißt durch die Zugabe von Schwefeldioxid (SO2).

Abgesehen davon ist auch Schönung (durch Bentonit) ein Mittel der Stabilisierung, ebenso wie die Tiefen- oder Oberflächenfiltration, die oft als Schlussbehandlung erfolgt. All diese Maßnahmen erfolgen jedenfalls im Hinblick auf die Stabilisierung des Weines, die folgende Aspekte betrifft:

  • Weinsteinstabilität: Weinsäure kann Kristalle ausbilden (die aber harm- und geschmacklos sind). Das kann verhindert werden, wenn man den Wein vor der Abfüllung kurze Zeit unter 0ºC kühlt. In der Champagne beispielsweise werden die geklärten Grundweine eine Woche bei -4ºC kältestabilisiert um Weinstein zu vermeiden und anschließend erneut geklärt.
  • Mikrobiologische Stabilität: Durch Schwefelung (mit etwa 500 Milliliter pro Hektoliter Schwefeldioxid) bei geringerem Alkoholgehalt, niedriger Säure und etwas Restzucker sowie bei Weinen ohne BSA. Bekämpft werden soll Acetaldehyd, das in Verbindung mit Ethanol krebserregend ist und nach Apfelmost (Sherry) schmeckt.
  • Sauerstoffstabilität: Ebenfalls durch Schwefelung (SO2) um Oxidation zu verhindern (SO2 bindet O2). Auch durch Befüllen der Flaschen mit CO2 oder Stickstoff.

Die Schwefelung mit SO2 erfolgt nicht nur zur mikrobiologischen Stabilisation, sondern auch als Antioxidantium für die Sauerstoffstabilität sowie zur Konservierung und Haltbarmachung des Weines. Dabei gibt es bislang keinen wirksamen Ersatz für die Schwefelung – und die Herstellung von schwe­fel­freien Wei­nen insofern stets mit einem gewissen Risiko beziehungweise der Einbuße an Haltbarkeit verbunden. Nicht zuletzt deshalb wird die Schwefelung selbst bei manchen Biowinzern und/oder Herstellern von Naturweinen nicht grundsätzlich abgelehnt. Wich­tig ist ihnen jedoch, die Schwe­fel­zuga­ben so nied­rig wie mög­lich zu hal­ten und zumindest auf die Mostschwefelung vor der Gärung und jene nach der Gärung zu verzichten, bisweilen durch eine zügige Verarbeitung des Lesegutes.

Das Schwefeln mit dem gasförmigen Schwefeldioxid kommt bei der Weinbereitung zum Einsatz entweder durch räuchern mit Schwefelkerzen oder durch versprühen (dabei stehen die Behälter unter Druck und können explodieren – Ludwig Knoll in Franken hatte so einen schweren Unfall). Früher wurden dabei die Fässer geschwefelt, inzwischen ist man dazu übergegangen Schwefeldioxide bereits während der Weinbereitung zuzugeben – und zwar zu folgenden Zeitpunkten:

  • Mostschwefelung während des Maischestadiums: das dient dazu, Enzyme (sauerstoffübertragende Oxydasen) zu hemmen und wird insbesondere in warmen Massenanbaugebieten mit langen Wegen zwischen Weinberg und Kellerei praktiziert
  • nach der Gärung: der Schwefel bindet und neutralisiert das im Wein enthaltene Acetaldehyd, das beim Kontakt von Alkohol mit Sauerstoff während des Gärprozesses entsteht
  • unmittelbar vor der Flaschenabfüllung: die Schwefelung kurz vor der Abfüllung dient der mikrobiologischen Stabilisierung und Konservierung des Weines – er wird dadurch erst lagerfähig

Neben der Verhinderung der Vermehrung jener Mikroorganismen, die Wein verderben können, und dem Schutz vor Oxidation, ist der Hauptzweck der Schwefelung also die Bin­dung des Ace­tal­de­hyds. Acetaldeyhd (Ethanal) ist ein Nebenprodukt bei der alkoholischen Gärung und Vorstufe des Alkohols (Ethanol) – ein Zellgift, das „Kater“ verursacht und in Verbindung mit Ethanol krebserregend ist. Im Wein schmeckt es nach Apfelmost („brauner Apfel“, ähnlich wie bei einem trockenen Sherry). SO2 bindet dieses Acetaldehyd – und verbindet sich dann mit dem Wasser im Wein zu schwefeliger Säure, die wiederum zu Sulfit (SO3) wird.

Neben dem Acetaldehyd entsteht bei der alkoholischen Gärung aber immer auch schon „natürliches“ SO2 als Nebenprodukt: „Wilde Hefe“ kann so bis zu 300 Milligramm pro Liter Schwefeldioxid produzieren, Reinzuchthefen immerhin noch etwa 80 Milligramm. Auch mit der Flaschenreifung nimmt der Anteil an gebundenem SO2 zu. Streng genommen gibt es insofern überhaupt keine schwefelfreien Weine (ganz abgesehen davon, dass Schwefelatome immer schon Bestandteil bestimmter Aromastoffe sind, beispielsweise bei den Thiolen des Methoxypyrazins bei Sauvignon Blanc). Allerdings gilt es hier grundsätzlich zwischen gebundenem und freiem Schwefel zu unterscheiden.

Die Unterscheidung zwischen freiem und gebundem und freien Schwefel ist deshalb wichtig, weil nur der freie Schwefel, der im Wein als Sulfit (SO3), also in in Salzform oder als riechbare freie schwefelige Säure vorliegt, gegebenenfalls gesundheitliche Beschwerden hervorrufen kann – falls sein Wert zu hoch ausfällt. Der gebundene Schwefel hingegen ist jener, der das schädliche Acetladehyd und andere negativen Inhaltsstoffe des Weins neutralisiert hat. Er reagiert allenfalls noch mit ande­ren Inhalts­stof­fen des Weins (unter anderem mit Bestandteilen der Säure und der Glucose) und beeinträchtigt ihn insofern aromatisch. (Gleichwohl ist SO2 ein Reizgas und wirkt grundsätzlich Schleimhaut-reizend – etwas weniger vielleicht bei vulkanischem beziehungsweise elementarem SO2 wie es beispielsweise André Ostertag im Elsass verwendet. Ansonsten aber entsteht SO2 auch bei der Umwandlung von Eiweiß im Körper – hier sind es etwa 2000 Milligramm pro Tag!)

Nicht zuletzt aufgrund der aromatischen Auswirkungen des Schwefels sind die Winzer bisweilen bemüht, die Schwefelzugabe bei ihren Weinen grundsätzlich so niedrig wie möglich zu halten. Nach der Gärung wird der Wein nor­ma­ler­wei­se nur so schwach geschwe­felt, wie es für die Bin­dung der Ace­tal­de­hy­de nötig ist. Erst die Schwefelung unmittelbar vor der Abfül­lung des Weines sorgt dann – je nach Höhe – für den gegebenenfalls gesundsbedrohlichen Anteil freier schwefliger Säure (Sulfit) im Wein. Grundsätzlich jedoch sind die Men­gen des im Wein vorhandenen Schwefels gering und überdies auch gesetzlich geregelt.

Die Schwefelung mit SO2 folgt seit 2009 gesetzlichen Vorgaben der Europäischen Union im Bereich Gesamtschwefel, wobei die Schwefelung ab zehn Milligramm auf dem Etikett mit „Enthält Sulfite“ angegeben werden muss. Im Hinblick auf ökologischen Weinbau gibt es seit diesem Jahr eine gesamteuropäische Einigung – allerdings nur in Hinblick auf die Schwefelung als einzige kellertechnische Maßnahme: Das Biosiegel der EU, das alle Weine tragen müssen, die eine Biozertifizierung haben wollen, bezieht sich nur auf die Arbeit im Weinberg, das heißt die Regelungen enden an der Kellertüre – hier ist annähernd alles erlaubt.

Die Schwefelgrenzwerte wurden in diesem Zusammenhang im Schnitt um zwanzig Prozent gesenkt und dürfen nun nicht übersteigen:

  • bei Rotwein mit weniger als 5 Gramm Restzucker (RZ): 150 Milligramm pro Liter (bei Biowein: 100 Milligramm)
  • bei Rotwein über 5 g RZ: 200 mg/l (bei Biowein: 170 mg)
  • bei Weißwein und Rosé mit weniger als 5 g RZ: 200 mg/l (bei Biowein: 170 mg)
  • bei Weißwein über 5 g RZ: 250 mg/l (Biowein: 220 mg)
  • Je mehr Restzucker, desto höher die Grenzwerte: Für edelsüsse Weine sind 400 mg/l erlaubt (diese Grenzwerte werden jedoch selten ausgereizt, ansonsten helfen auch die fünf „S“, die Menge gering zu halten: Schnelles und schonendes Verarbeiten, Sauberkeit, spundvolle Gebinde und regelmäßiges Schwefeln in geringen Dosen)

In der Praxis sind die durchschnittlichen Men­gen wesentlich geringer, wobei Weiß­wei­ne wegen ihrer erhöh­ten Oxida­ti­ons­an­fäl­lig­keit etwas mehr Schwe­fel benötigen, Rot­wei­ne etwas weni­ger. Das heißt, die Schwefelung beginnt bei etwa 500 Milliliter Schwefeldioxid pro Hektoliter bei einem geringerem Alkoholgehalt des Weins, niedriger Säure und etwas Restzucker sowie bei Weinen ohne Biologischen Säureabbau. Gewöhnlich enthält ein Weißwein aber, nach­dem er abge­füllt wur­de, zwi­schen 35 und 45 Mil­li­gramm Schwe­fel pro Liter und ein Rot­wein zwi­schen 20 und 35 Mil­li­gramm. Die höchs­ten Men­gen ent­hal­ten edel­sü­ße Wei­ne mit 60 bis 80 Mil­li­gramm, wobei die freie schwef­li­ge Säu­re normalerweise knapp 20 Pro­zent und der gebun­de­ne Schwe­fel über 80 Pro­zent ausmacht.

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