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Baden

Das Weinbaugebiet Baden ist mit annähernd 16.000 Hektar Rebfläche das drittgrößte in Deutschland und erstreckt sich in Nord-Süd-Richtung, parallel zum Rheingraben verlaufend, über eine Länge von etwa 400 Kilometer vom Bodensee entlang der Oberrheinischen Tiefebene über die Badische Bergstraße und den Kraichgau bis Tauberfranken.

Klima

Baden ist das südlichste Anbaugebiet Deutschlands, das Klima entsprechend mild, sonnig und warm. Das liegt insbesondere daran, dass Baden durch Oden- und Pfälzerwald sowie die Vogesen geschützt ist. Ausserdem liegt zwischen den Südvogesen und dem Jura die sogenannte Burgundische Pforte, durch die immer wieder mediterrane Warmluft in die rheinische Ebene einströmen kann. Deshalb wurde Baden als einziges Weinanbaugebiet in Deutschland der EU-Weinbauzone B zugeschlagen, was bedeutet, dass die Weine höhere Oechslegrade als anderwo aufweisen müssen. Reichlich Sonnenscheinstunden und die wohl wärmsten Orte Deutschlands sorgen dafür, daß dies auch gelingt: Baden bringt jedenfalls mit die körperreichsten und alkoholstärksten Weine des Landes hervor.

Baden_Weinanbaugebiete

Anbaubereiche

Von der Sonne verwöhnt ist besonders der Kaiserstuhl. Er ist die Region in Deutschland mit dem meisten Sonnenschein: satte 1.740 Sonnenscheinstunden hat man hier gezählt. In dieser Klimanische gedeihen seit jeher Rotweine, das heisst Baden ist das wichtigste und auch größte deutsche Anbaugebiet für Spätburgunder (der steht auf 5.600 Hektar).

Der Kaiserstuhl ist ein sich aus der Rheinebene erhebender Vulkankegel, auf dem fast ein Drittel der badischen Weine wächst. Seinen Namen hat er von Kaiser Otto III. (980 bis 1002), der im Leiselheimer Gebiet „Gestühl“ (übrigens bis heute ein Lagenname) seinen Gerichtssitz hatte. Insbesondere an den Südhängen, wo die Sonnenwärme am Besten ausgenutzt wird, befinden sich die besten Lagen. Neben den vollmundigen, samtigen und kraftvollen Spätburgundern, die hier entstehen, passt auch Chardonnay gut zum Kaiserstuhl. Er wird immer häufiger im Barrique ausgebaut. Wo Spätburgunder hingegen zum Überschussprodukt geworden ist (teilweise steht er auch in wenig geeigneten Lagen) entstehen aber auch mitunter nur ausdruckslose Weine – was nicht auf die Spitzenerzeuger zutrifft und auch nicht auf viele Genossenschaften (von ihnen kommen achtzig Prozent des badischen Weins).

Aber nicht nur am Kaiserstuhl wachsen gute Weine – Baden ist von Norden nach Süden in neun Bereiche aufgeteilt, die weder geografisch noch klimatisch irgendwie zusammenhängen. Entsprechend vielgestaltig und heterogen präsentieren sich die Weine des weinbaurechtlichen „Monstrums Baden“ (keine dieser Unterzonen hat das Recht auf eine eigene Herkunftsbezeichnung, wie es in Frankreich und Italien gang und gäbe ist):

  • Tauberfranken (liegt in Franken, gehört aber zum Weinanbaugebiet Baden)
  • Badische Bergstraße
  • Kraichgau
  • Ortenau
  • Breisgau
  • Kaiserstuhl
  • Tuniberg
  • Markgräflerland
  • Bodensee

Obwohl am Kaiserstuhl viel Spätburgunder angebaut wird, stehen letztlich doch mehr Weiß- als Rotweinreben in Baden: neben dem Müller-Thurgau (Rivaner) vor allem die weißen Burgundersorten, die auf den Lehm– und Lössböden besonders gut gelingen und durch ihre Stoffig- und Vielschichtigkeit, aber auch feine Säure, zu den besten ihrer Sorte in Deutschland gehören. Ansonsten hat Baden verschiedene Bodenprofile zu bieten: von Muschelkalk und Keuper im Kraichgau und Taubergrund über Lössablagerungen bis zu Vulkangestein am Kaiserstuhl und im Markgräflerland, sowie Moränenschotter am Bodensee.

Als Teil des 204 Kilometer langen Taubertals (das sich drei Weinbaugebiete teilen: Baden, Franken und Württemberg) darf in Tauberfranken (sowie in vier weiteren Ortschaften) der eigentlich fränkische Bocksbeutel verwendet werden.

Im Norden des Anbaugebietes stehen Weissweinsorten wie Rivaner, Riesling und Schwarzriesling im Vordergrund. Aber Baden ist auch Burgunderland, heißt es. So ist die ganze Rebsortenfamilie hier vertreten: neben Spätburgunder kräftiger Grauburgunder („Badisch Rotgold“ heißt die roséfarbene Spezialität aus mindestens 51 Prozent Spät- und 49 Prozent Grauburgundertrauben), ebenso wie eleganter Weißburgunder oder filigraner Auxerrois, der auf den Muschelkalk– und Keuperböden im Kraichgau gut gedeiht.

Auxerrois ist eine rare Spielart der Weißburgunder-Rebe und hat im Kraichgau eine große Tradition: Keine andere Region in Deutschland hat einen größeren Anteil von dieser edlen Rebsorte. „Kraichgau“ leitet sich vom keltischen Wort „creich“ an, das für Tongestein steht. („Creichgowe“ wird im Lorscher Codex erstmals 769 erwähnt – und steht für einen der ältesten Kulturräume Europas.) Dennoch pflanzt man Auxerrois hier auf sehr kalkhaltigem, 160 Millionen Jahre alten, Keuperboden an. Der hohe Kalkgehalt verleiht diesem schlanken Wein eine große Finesse mit viel Schliff und Eleganz. (Im geschmacklichen Zusammenspiel sucht der Auxerrois ganz selbstverständlich nach eher würzigen Gerichten, zum Beispiel geräuchertem Fisch, luftgetrocknetem Schinken, italienischer Salami oder Kalbsschnitzel.)

In der Mitte Badens, in der Ortenau, wachsen vor allem Spätburgunder und Riesling, das heißt in Durbach (Plauelrain) in der Ortenau ist der Riesling traditionell der wichtigste Weisswein: bereits 1782 war der Klingelberg der erste Weinberg, der reinsortig vom Markgraf von Baden mit Riesling bestockt wurde, weshalb der Riesling in der Ortenau noch heute „Klingelberger“ heißt. Er besitzt zwar nicht die spielerische Eleganz der Weine von der Mosel, kann aber ebenfalls sehr filigran und mineralisch ausfallen, allerdings mit nur wenig Säure. Die Ortenau befindet sich in den Ausläufern des Schwarzwaldes und ist der kühlste Teil von Baden (Regen).

Im Süden, im Breisgau und am Tuniberg, werden vornehmlich Burgundersorten angepflanzt. Spätburgunder wurde von Zisterziensermönchen aus dem Burgund (Kloster Clairvaux) um 1136 in Deutschland eingeführt – und auch nach Malterdingen brachten die Mönche vor 700 Jahren die Rebsorte in ihr Gewann „Mönchhofmatten“ (dort, wo heute das Weingut von Bernhard Huber steht). Sie fanden dort dasselbe Kalksteinterrain vor wie in Gevrey-Chambertin im Burgund (und bald fand sich im Weinlexikon als Synonym für den Spätburgunder „Pinot Noir“ und „Malterdinger“).

Am Bodensee dauern die Sommer lange: Die gewaltigen Wassermassen speichern die Wärme der Sonne und geben sie nur langsam wieder ab, was für milde Temperaturen in der kalten Jahreszeit sorgt. Der mitunter wochenlange Dauernebel im Herbst und Winter verhindert die Abstrahlung von Wärme noch zusätzlich. Der See beeinflusst insofern durch die Temperaturverzögerungen das regionale Klima ausgleichend und sorgt für gemäßigte Verläufe – auch wenn es aufgrund des ganzjährigen Föhneinflusses (einem warmen Fallwind aus den Alpen, der durch das Rheintal auf den Bodensee weht) und der hohen Luftfeuchtigkeit (Schwüle) im Sommer relativ häufig zu heftigen Gewittern kommt.

Auch der Klimawandel mit seinem Temperaturanstieg macht sich am Bodensee bemerkbar: So stieg etwa in Konstanz im Zeitraum von 1990 bis 2014 die Oberflächentemperatur des Sees um fast 1°C und die durchschnittliche Lufttemperatur im gleichen Zeitraum um 1,3°C. Wie warm es am Bodensee ist, sieht man auch auf der Insel Mainau: Die sogenannte Blumeninsel ist der einzige Ort in Mitteleuropa, an dem zahlreiche wärmeliebende Gewächse die Winterkälte der nördlichen Breiten auch ohne aufwendige Schutzmaßnahmen überstehen.

Die milden Temperaturen in den Wintermonaten sind nicht nur der Grund, weshalb die vielen Wasservögel am Bodensee überwintern, sondern auch perfekt für den Weinbau. Der hat am Bodensee, wie der Obstbau insgesamt („Obstregion Bodensee“), eine lange Tradition und hatte im Mittelalter sogar eine größere Verbreitung als heute: Weinberge gab es damals nicht nur am Rhein und am Bodensee, sondern auch im Alpenvorland. Aber auch der Obstbau war schon immer bedeutend, wegen ihm wurde sogar extra eine Eisenbahnverbindung über den See auf die Insel Lindau geführt, die das Bodenseeobst rasch auch in solche Städte bringen sollte, in deren Umgebung sich kein großflächiger Obstbau installieren ließ (München).

Dass in der Bodenseeregion Obst angebaut und in der Gegend um Meersburg und Wasserburg am deutschen Bodenseeufer trotz der Nähe zu den gletscherbedeckten Alpen Weinbau Tradition hat und Trauben gelesen werden können, liegt nicht nur an der Südausrichtung der sanf abfallenden Weinberge, sondern insbesondere auch an den wärmespeichernden Eigenschaften des Sees, der zur Lesezeit im Herbst die Temperaturen konstant hoch hält und zusätzlich wie ein Spiegel für das einfallende Sonnenlicht funktioniert. Dadurch gedeihen hier Reben in einer Höhe, die in Deutschland sonst nicht mehr für Weinbau geeignet ist: Liegt der Bodensee selbst schon 400 Meter über dem Meeresspiegel, wachsen die Reben entsprechend bis 500 Meter Höhe. Und das, obwohl in Deutschland über 350 Meter normalerweise keine Rebsorte mehr ausreift.

Weinanbau im deutschen Bereich Bodensee verteilt sich auf zwei Bundesländer und zwei Weinanbaugebiete – Baden (Meersburg) im Westen und Württemberg (Wasserburg) im Osten des Sees, zu dem auch der Weinbau am bayerischen Bodensee bei Lindau gezählt wird. Allerdings beträgt die Rebfläche am badischen Bodensee 400 Hektar und ist damit erheblich größer als die in Württemberg (19 Hektar) und Bayern (59 Hektar).

Aber nicht nur am deutschen Bodenseeufer wird Wein angebaut, sondern auch in wenigen Betrieben in Vorarlberg, das als Weinbauregion Bergland Österreich fungiert (zu nennen wäre hier insbesondere das Weingut Möth in Bregenz, der einzige hauptberufliche Winzer am österreichischen Bodenseeufer), sowie in der Schweiz: in den Regionen Rheintal im Kanton St. Gallen und Untersee im Thurgau. Aus dem Thurgau stammte auch Professor Hermann Müller, der von 1850 bis 1927 lebte und im deutschen Weinbauzentrum Geisenheim forschte. Dort züchtete er die nach ihm benannte Rebsorte Müller-Thurgau aus den Rebsorten Riesling und Madeleine Royal, die inzwischen auch von vielen Winzern am Bodensee angebaut wird. Außer ihr sind auch noch die Burgundersorten verbreitet, wobei nicht nur Weiß- und Grauburgunder, sondern auch Spätburgunder ausreift und immer wieder überraschend gute Ergebnisse zeitigt.

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