Weinglossar

Württemberg

Unter Deutschlands großen Weinbaugebieten belegt Württemberg mit fast 11.500 Hektar den vierten Platz. Hier dominieren mit über siebzig Prozent die roten Rebsorten in den Weinbergen, die bedeutendste ist vielleicht der süffige Trollinger mit etwa einem Fünftel der Rebfläche. Daneben sind Schwarzriesling, Lemberger und Spätburgunder weitere wichtige Rotweinsorten des Landes.

Württemberg ist ein heterogenes Anbaugebiet: von Norden nach Süden hat es einen Durchmesser von 250 Kilometer. Weinbau wird entlang des Neckars betrieben sowie in den geschützen Flusstälern der Nebenflüsse Rems, Enz, Kocher, Jagst und Tauber – und sogar am Bodensee.

Württemberg_Weinanbaugebiete

Insgesamt ist Württemberg von Norden nach Süden in sechs Bereiche unterteilt:

  • Kocher-Jagst-Tauber
  • Württembergisches Unterland
  • Remstal-Stuttgart
  • Oberer Neckar
  • Württembergischer Bodensee
  • Bayerischer Bodensee

Das Hauptanbaugebiet liegt im Bereich Württembergisches Unterland am Mittleren Neckar, südlich davon schließt sich der Bereich Remstal-Stuttgart an. Von dort kommen etwa neunzig Prozent der württembergischen Weinproduktion.

Weinbau

Der Anteil wertvollen Steillagen mit Terrassenweinbau (Trockensteinmauer-Terrassen) am Neckar-Flusslauf ist hoch. Im Stuttgarter Raum werden etwa 800 Hektar Steillagen bewirtschaftet, die man durch Trockensteinmauern beziehungsweise Terrassen befestigten mußte. Deren Bauweise übernahm man aus dem Mittelmeergebiet. In Württemberg verlaufen diese Mauern oftmals auf steilen Muschelkalkhängen, in denen sich Keuper befindet, hangparallel, wie zum Beispiel beim Untertürkheimer Herzogenberg, einem vierzig Prozent geneigten Südhang mit Gipskeuper-Boden. Sind die Hänge weniger steil, baut man Zickzack-förmig verlaufende Mauern. Seit der frühen Neuzeit jedoch gehören auch Treppen zwischen den Rebpflanzungen zum Weinbau. Hier ist ein Problem die Abschwemmung von kostbarem Humus.

Klima

Württemberg ist ein eigenständiges Weinanbaugebiet und hat mit dem benachbarten Baden wenig gemein. Am Neckar und seinen Nebenflüssen sowie am Bodensee scheint die Sonne reichlich – im Sommer kann es heiß und trocken werden. Dennoch liegt die Durchschnittstemperatur im Jahresmittel deutlich unter zehn Grad Celsius (Baden im Vergleich liegt bei etwa 10,5 Grad und ist damit das wärmste Weinanbaugebiet in Deutschland), immerhin schützt der Schwarzwald und die Schwäbische Alb die Tallage des Neckars und die Rebflächen vor scharfen Winden und zu viel Regen. Im Winter besteht die Gefahr von Frösten, warme Mikroklimata sorgen jedoch (wie im Ahrtal) für Wärmeinseln. Dennoch sind die Württemberger Weine relativ leicht und erreichen selten die hohen Mostgewichte der Badener Weine.

In den Steilhängen herrscht ein mediterranes Klima, wobei die Parzellen oft klein sind. Entsprechend gibt es relativ viele Genossenschaften, fünfzig an der Zahl, die etwa achtzig Prozent der Württemberger Weine vermarkten – so viel, wie auch direkt hier getrunken wird.

Boden

Typisches Bodenprofil für den Neckar und seine Nebenflüsse sind felsige Hänge mit Muschelkalk-Einsprengseln (am mittleren Neckarraum), sowie Böden aus verschiedenen Keuperformationen (zum Beispiel in Fellbach). Im Remstal und um Stuttgart ist vulkanisches Gestein verbreitet. Am Bodensee herrschen Molasse-Sedimente vor, Überbleibsel von Gebirgsverschiebungen.

Rebsorten

In Württemberg ist der Trollinger die meistangebaute Sorte vor Lemberger und Schwarzriesling. Außerhalb des Landes findet man sie praktisch in kaum einem Betrieb, das heißt nur dreißig von 2.400 Hektar insgesamt liegen nicht in der Anbauregion.

Sie ist dort die meistangebaute Rebsorte – obwohl sich ihre Rebflächen in den letzten zwanzig Jahres etwas zurück entwickelt haben: Wuchs die Anbaufläche für Trollinger zwischen 1960 und 1995 um etwa 1.000 Hektar und erreichte damit ihren Höchststand mit etwa 2.500 Hektar – zu der Zeit stellte sie etwa jede dritte Rebe in Württemberg -, verringerte sich die Fläche seither auf etwa 2.000 Hektar im Jahr 2021.

Die Konzentration auf das südlich gelegene Württemberg hat klimatische Gründe, handelt es sich dabei doch um eines der wärmeren deutschen Anbaugebiete. Denn Trollinger hat eine lange Vegetationsperiode um auszureifen – sie reift sogar noch nach dem Riesling. Damit das gelingt, sind im Frühherbst frostfreie Lagen notwendig, das heißt, die Rebstöcke der Trollinger fühlen sich am wohlsten auf warmen Böden wie etwa Keuper oder Muschelkalk. Ist es insgesamt aber zu kühl und feucht, ist Trollinger relativ anfällig für Fäulnis, aber auch für andere Pilzkrankheiten wie Mehltau.

Dafür ist die Rebsorte dann aber relativ anspruchslos im Anbau, das heißt Trollinger ist eine ertragreiche Sorte, die etwa 100 Hektoliter pro Hektar erbringt, auch auf nährstoffarmen Böden, wobei sich das Mostgewicht mit durchschnittlich etwa siebzig Oechslegraden für die Produktion von Qualitätswein eignet. Die Säure allerdings fällt für einen Rotwein eher hoch aus.

Insgesamt erbringt Trollinger leichte, fruchtige Weine mit geringem Tannin – süffige Weine, mit einer hellroten Farbe, die aber fast nur in Württemberg selbst getrunken werden und dort auch als eine Art schwäbisches Nationalgetränk gelten. Manchmal wird Trollinger auch mit Lemberger verschnitten, ansonsten eignet sie sich aufgrund ihrer geringen Tannine nicht für eine längere Lagerung, sondern sollte am besten noch innerhalb eines Jahres getrunken werden.

Nach Trollinger ist Lemberger (Blaufränkisch) mit 14,5 Prozent der Rebfläche die zweithäufigste Rotweinsorte – etwa 1.750 Hektar stehen von ihr in Württemberg. Blaufränkisch ist eine Kreuzung zwischen der Blauen Zimmettraube und dem Weissen Heunisch und hat ihren Ursprung wohl in den Weingärten am unteren Donaulauf. Die genaue Herkunft dieser Sorte ist jedoch bis heute nicht ausreichend geklärt – obwohl es so scheint, dass Karl der Große (742-814) sie hierzulande einführte. Er jedenfalls teilte die Rebsorten nach der Eroberung Galliens in höherwertige fränkische, die er von dort mitbrachte, und gemeine hunnische ein, wobei sich die mittelalterliche Bezeichnung „fränkisch“ nicht auf „Frankreich“ bezieht, das es damals noch gar nicht gab, sondern auf die historische Region „Franconia“, das heutige Franken (in Italien heißt die Blaufränkisch „Franconia“). Aus der Vermehrung der fränkischen Varietäten könnte sich dann der Blaufränkisch weiterentwickelt haben – obwohl ihm die Bezeichnung „Blaue Frankentraube“ erst im 18. Jahrhundert zugewiesen wurde (ursprünglich trug wohl der Tauberschwarz diesen Namen) und er offiziell sogar erst seit 1875 „Blaufränkisch“ heißt, als eine internationale Kommission den Sortennamen verbindlich festlegte.

So bedeutend die Rebsorte im historischen Franken vielleicht einmal gewesen sein mag – heutzutage wird sie dort praktisch gar nicht mehr angepflanzt. Stattdessen kommt sie, nachdem sie bereits nach dem Dreissigjährigen Krieg von dem noch heute existierenden Weingut „Graf Neipperg“ hierher gebracht wurde, praktisch nur noch in Württemberg vor. Vielleicht auch in Abgrenzung zu Franken wird die Rebsorte hier aber nicht „Blaufränkisch„, sondern „Lemberger“ genannt – eine Bezeichung, die auf die Ortschaft Lemberg in der ehemals zum Habsburgerreich gehörigen historischen Region Stajerska (Untersteiermark) in Slowenien verweist, von wo aus die ersten Rebstöcke der „Lembergerrebe“ 1877 nach Deutschland verkauft wurden. (Auch die alternative Bezeichnung „Blauer Limberger“ verweist auf eine Ortschaft in Österreich, Limberg in Niederösterreich, von wo aus Blaufränkisch gegen Ende des 19. Jahrhunderts ebenfalls wieder nach Deutschland exportiert wurde, nachdem er dort lange vergessen war.

Aus Lemberger werden ernsthafte frische, saftige Rotweine gekeltert, die jedoch selten das Niveau der österreichischen Blaufränkisch erreichen.

Bei den Weißweinen führt der Riesling mit etwa 18,5 Prozent. Im besten Fall ergibt er moderat körperreiche Weine mit erdigen oder pflanzlichen Aromen, die sich deutlich von den Rhein- und Mosel-Rieslingen unterscheiden. Aber auch Sauvignon Blanc ist im kommen.

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