Weinglossar

Alkoholische Gärung

Bei der Gärung wandelt Hefe den in den Beeren gespeicherten Zucker in Alkohol, Kohlendioxid und Wärme um. Die dafür verwantwortliche Hefe – die sogenannte Saccharomyces cervisiae – wurde 1867 von dem in Dole im französischen Jura geborenen Louis Pasteur (1822-1895) bei seinen Untersuchungen zur alkoholischen Gärung und Oxidation entdeckt. Pasteur entdeckte in diesem Zusammenhang zahlreiche Mikrorganismen (Mikroben), auch krankheitserregende. Die Entdeckung des Hefepilzes Saccharomyces cervisiae als treibende Kraft der von nun an so bezeichneten Fermentation sollte es fortan aber ermöglichen, Most kontrolliert zu vergären.

Bei der Weinbereitung wird im Hinblick auf die Einleitung des Gärprozesses seit Pasteurs Entdeckung grundsätzlich nicht mehr auf die Vergärung durch sogenannte wilde Hefe, die ohnehin auf der Beerenhaut haften oder sich in der Kellerumgebung befinden, vertraut – überlässt man den gepressten Most im Weinkeller sich selbst, kommt es aufgrund der ohnehin vorhandenen natürlichen Hefen automatisch zur Gärung, Spontangärung genannt, die dann gewöhnlich allerdings etwa langsamer verläuft und deren Resultat nicht kontrollierbar ist, da es sich bei diesen wilden Hefen immer um einen Komplex verschiedenster Hefearten handelt -, sondern es finden zunehmend speziell gezüchtete Hefekulturen Verwendung, sogenannte Reinzuchthefen (Kulturhefen auf der Basis „gezähmter“ Saccharomyces cervisiae), die dem Most zugegeben werden und mit denen versucht wird, den Gärprozess zu beschleunigen und vor allem den Geschmack des Weines ganz gezielt zu beeinflussen.

Überall vorkommende natürliche, „wilde“ Hefen haben gewöhnlich eine relativ schlechte Gärleistung, das heißt, die sogenannte Spontanvergärung kann durchaus mehrere Monate anhalten, während die Vergärung mit gezüchteten Kulturhefen nur etwa drei Wochen dauert. Das liegt daran, dass „wilde“ Hefe aus Nicht-Saccharomyceten-Hefen und Saccharomyceten besteht, wobei die Nicht-Saccharomyceten vorherrschend sind. Sie arbeiten nur so lange, bis etwa vier Volumenprozent Alkohol erreicht sind, und stellen bis dahin eigentlich nur Gärnebenprodukte her, die aber gleichwohl für ein wesentlich reicheres Aromenspektrum spontan vergorener Weine sorgen. Danach arbeiten dann praktisch nur noch Hefen der Gattung Saccharomyces cervisiae. Das liegt insbesondere auch an deren Fähigkeit der Alkoholtoleranz (bis etwa 15 Volumenprozent, dann stellen auch sie die Arbeit ein).

Saccharomyces cervisiae arbeitet in einem Temperaturbereich von mindestens 5 bis maximal 35 Grad Celsius (ºC). Grundsätzlich liegt die ideale Gärtemperatur für Weißwein zwischen 10 und 22ºC – die Gärzeit beträgt etwa zwei bis drei Wochen -, wobei bei einer kühleren Gärtemperatur zwischen 10 und 15ºC eher Primärfruchtaromen herausgehoben werden, in einem wärmeren Bereich von 18 bis 22ºC florale und würzige Aromen (sowie Pigmente und Tannine aus den Schalen). Da bei der Gärung Wärme entsteht – die in der Traube gespeicherte Energie wird im Prozess der Dissimilation in Form von Wärme abgegeben -, wird deshalb versucht, die Temperatur während der Gärung zu regeln, beispielsweise durch die Vergärung in temperaturgesteuerten Stahltanks.

Die bei Rotwein praktizierte Maischegärung dauert länger, hier gelangen dann aber auch Farbpigmente und Tannine aus der Schale in den Wein. Die Maischegärung erfolgt grundsätzlich bei etwas höheren Temperaturen als bei Weißwein, zwischen 20 und 32ºC. Dabei ist die Aromafülle bei niedrigeren Gärtemperaturen höher (Primäraromen), die Phenolextraktion bei höheren Temperaturen jedoch besser – es entstehen dann weichere, rundere Tannine. Die Farbextraktion ist in den ersten zehn Tagen am Höchsten, danach nimmt die Phenolextraktion zu. Nach längerer Zeit, wenn der Sättigungsgrad erreicht ist, nimmt der Farb- und Phenolanteil wieder ab. Das gilt insbesondere bei der sogenannten „extended mazeration“ (länger als sechs Wochen), wie sie beispielsweise beim kräftigen Barolo gemacht wird: Hier bleibt der Trester nach der Gärung im Wein. Dadurch kommt es zu einem längeren Schalenkontakt und der Wein gerät insgesamt etwas ausbalancierter.

Beschleunigen läßt sich dieser Prozeß durch künstliche Maischeerhitzung. Diese Methode ist schneller und wird für wenig komplexe, fruchtige Weine für die Massenproduktion verwandt (beispielsweise bei lieblichem oder halbtrockenem Dornfelder, der aber auch hinterher gesüsst ist). Denn bei Maischeerhitzungsverfahren beziehungsweise der thermischen Behandlung von Wein wird der Zellverband der Beeren zerstört, womit die Extraktion von Fabstoffen beschleunigt wird – und bei faulem Material ausserdem Botrytis-Enzyme inaktiviert (Maischeerhitzung ist die einzige Möglichkeit, die Gärung bei Botrytis-Reben zu stoppen). Der Most wird dann zwei bis vier Stunden mit circa 50ºC erhitzt (der ganze Vorgang benötigt mit erhitzen und abkühlen etwa sechs Stunden), die gesamte Weinbereitung dauert dann nur zehn Tage. Noch schneller geht die Hochkurzzeiterhitzung für wenig Minuten auf 70 bis 85ºC (ab 72ºC wirkt die Erhitzung außerdem pasteurisierend), der Wein erhält dann aber einen deutlich wahrnehmbaren „Kochton“.

Sind Holznoten erwünscht, sollte die Vergärung am Besten gleich im Barrique erfolgen mit der kompletten Hefe (Vollhefe) in der Maische. Der Anteil von Sauerstoff und Holzaromen, von denen der Wein so mehr aufnimmt, wird ausbalancierter. Ansonsten wirken diese Noten eher aufgesetzt, plakativ. Andererseits ist nur im Stahltank eine temperaturkontrollierte Vergärung möglich.

Die Gärung kann abgebrochen oder gestoppt werden durch:

  • Ankühlung unter 5ºC
  • Filtration der Hefen
  • Abtötung der Hefen durch die Schwefelung mit Schwefeldioxid oder
  • Zufügen von (Trauben-)Destillat oder Branntwein wie beispielsweise bei Portwein, da Hefen ab einem gewissen Alkoholwert (etwa 15 Volumenprozent) nicht mehr arbeiten.

Wenn die Gärung natürlich endet, läßt sie sich kaum wieder in Gang setzen (das kann sein, wenn zu wenig Stickstoffe oder Mineralstoffe für die Hefen vorhanden sind). Ansonsten werden durch das Stoppen der Gärung Weine mit Restsüsse produziert.

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