Weinglossar

Italien

Insgesamt werden in Italien auf 620.000 Hektar circa 45 Millionen Hektoliter Wein erzeugt – in etwa so viel wie in Frankreich also, womit die beiden weltweit an der Spitze liegen. Die Tendenz allerdings ist rückläufig, auch weil die Inlandsnachfrage in Italien in den letzten Jahren um etwa vierzig Prozent gesunken ist.

Weinbau war in Italien lange eine Privatangelegenheit: etwa 385.000 Weinbauern gibt es im Land, die durchschnittlich 1,6 Hektar bewirtschaften. Allerdings füllen nur wenige von ihnen ihre Weine selbst ab: es gibt „nur“ 45.000 Abfüller in Italien. Noch bis vor zwei Generationen war es nicht üblich, die Trauben selbst zu verarbeiten, stattdessen hat man das Traubenmaterial zur weiteren Verarbeitung an Genossenschaften geliefert. Entsprechend gibt es einen hohen Genossenschaftsanteil in Italien: 625 Genossenschaften mit 190.000 Mitgliedern, die insgesamt 28 Millionen Hektar Wein produzieren.

Mit gut zwanzig Prozent Anteil ist Deutschland neben den USA der wichtigste Markt für italienische Premiumweine. Diese werden, anders als in anderen Ländern, praktisch überall in Italien erzeugt, auch auf den Inseln im Mittelmeer.

Italien_Weinanbaugebiete

Anbaugebiete

Die 21 Weinbauregionen Italiens umfassen das gesamte Land und gleichen den politischen Regionen:

Süditalien, das heißt der sogenannte „Mezzogiorno“, beginnt etwa ab dem Latium. „Mezzogiorno“ ist das italienische Wort für „Mittag“ und ist abgeleitet vom Stand der Sonne um die Mittagszeit (ähnlich wie das französiche „Le Midi„). Generell ist mit „Mezzogiorno“ also der italienische Süden bezeichnet.

Klima

Schon aufgrund seiner Geografie ist Italien prädestiniert, unterschiedliche und vielfältige Weine hervorzubringen: Dominieren im Norden die Alpen und ein eher kühles, kontinentales Klima (was die Fruchtreife verlangsamt und den Aufbau einer stabileren Säure ermöglicht) herrscht im Süden ein klassisch mediterranes Klima.

Dazwischen erstreckt sich mit dem Apennin ein langer Gebirgsrücken, der gewissermaßen als Wetterscheide fungiert beziehungsweise die Produktion der Weine entscheidend beeinflußt: herrscht an den Küsten eher warmes, maritimes Klima, reicht die Produktion von Spitzenweinen im Apennin bis auf eine Höhe von 700 Meter und mehr (beispielsweise „Pomino“ in der Toskana auf 700 Meter, das den Frescobaldis gehört, die hier Chardonnay und Pinot Noir produzieren).

Aus den vielfältigen geografischen Bedingungen ergibt sich eine durchschnittliche Temperatur von 12 bis 16 Grad und es erklärt sich, dass praktisch jede nur erdenkliche Kombination aus Höhenlage, Breitengrad und Ausrichtung für die Winzer möglich ist – natürlich ein Segen in Zeiten der Klimaerwärmung.

Die Klimaerwärmung hat zwar nicht unmittelbar Einfluß auf den Rückgang der Rebfläche – möglicherweise aber doch auf den wachsenden Anteil an der Bioweinproduktion, der jetzt schon bei zwölf Prozent liegt. Klar ist jedenfalls, dass auch der italienische Weinbau auf die Klimaerwärmung reagieren muss, „sonst haben bald alle Weine 15 Volumenprozent Alkohol“ (Jürgen Hammer).

Rebsorten

Neben den vielfältigen landschaftlichen Möglichkeiten gibt es in Italien außerdem auch noch etwa 2.000 (!) autochthone Rebsorten (von denen allerdings „nur“ 497 offiziell zugelassen sind). An der Spitze stehen:

  • Sangiovese (wird auf 71.500 Hektar angebaut und nimmt damit 11,4 Prozent der Gesamtproduktion ein)
  • Trebbiano (55.000 Hektar, 8,7 Prozent)
  • Montepulciano (5,6 Prozent)
  • (…)
  • Barbera (20.500 Hektar, 3,3 Prozent)
  • Glera (18.000 Hektar, 2,9 Prozent)
  • Pinot Grigio (17.000 Hektar, 2,6 Prozent )
  • Nero d`Avola (17.000 Hektar, 2,6 Prozent)

Geschichte des Weinbaus

Weinbau hat in Italien eine 2.500 Jahre lange Tradition, zuerst vermutlich auf den Inseln Sardinien und Sizilien. Bereits die Griechen bezeichneten Italien als Oenotria („Weinland“), allerdings ging das Weinbauwissen mit dem Zusammenbruch des römischen Reiches verloren und erst der Klerus entdeckte den Weinbau im Mittelalter wieder (mit Karl dem Großen).

In der Neuzeit wird Florenz und die Toskana zum Weinbauzentrum Italiens – praktisch alle modernen Entwicklungen haben hier ihren Ursprung. Bereits 1761 legten die Medici (Cosimo III.) mit dem Chianti-Classico-Gebiet erstmals ein klar definiertes Weinanbaugebiet fest – bevor Ministerpräsident Bettino Ricasoli 1872 auch noch die Regeln für die Weinproduktion innerhalb dieses Gebiets definierte, indem er bestimmte, dass Chianti fortan zu vier Fünftel aus Sangiovese bestehen soll – die sogenannte „Chianti-Formel“. Bis dahin spielte der Anbau einer klar definierter Rebsorten in einem dafür vorgesehenen Gebiet eigentlich keine Rolle.

Was hier zuerst in der Toskana über die Herkunft und die Weinproduktion erlassen wurde, fand allerdings erst wesentlich später, nämlich 1963 Eingang in eine nationale Gesetzgebung: War Weinbau bis dahin eine insgesamt sehr unübersichtliche Privatangelegenheit, wurde nun ein Auszeichnungssystem (nicht zwingend ein neues Weingesetz) eingeführt, dass ähnlich wie das französische Appellations-System erkennbar macht, wer Wein wann, wo und wie hergestellt hat.

Das italienische System der geografischen Herkunftsangaben von 1963 sah, analog zu den französischen Appellationen, sogenannte „Denominaziones di Origini Controllata (DOC)“, vor, erstmals Grenzen, Ertragsobergrenzen, spezielle Rebsorten und Bereitungsmethoden in ganz Italien festzuschreiben und darüber hinaus auch Regeln für den Ausbau (gewünschte Farbe und Geschmack) sowie den durchschnittlichen Anteil der Rebsorten bei Verschnitten.

Mit der Einfügung des DOC-Systems wurden allerdings bislang unterschiedliche Tradition vereinheitlicht und standardisiert, das heißt von nun konnten die Winzer nur noch einen bestimmten Typ Wein zu einem bestimmten Zeitpunkt, unabhängig vom technischen Stand und damit verbundenen kellertechnischer Möglichkeiten produzieren. Innovation und Entwicklung aber wird so schwierig – und deshalb verabschiedeten sich viele Winzer insbesondere in der Toskana bald (seit Ende der 1970er Jahre) aus den DOC-Systemen, um ihre eigene Stilistik auf den Markt zu bringen. Als 1975 die traditionsreiche Familie Antinori gegen die herrschende, unzureichende Weingesetzgebung rebellierte, war das die Geburtsstunde der sogenannten „Supertoskaner“.

Pero Antinori widersetzte sich damals der Einführung des DOC-Regularien und kultivierte außer den vorgesehenen autochthonen toskanischen Rebsorten auch noch internationale Sorten wie Merlot und Cabernet Sauvignon, weil diese seiner Meinung nach robuster sind und Wetterkapriolen (wie sie in der Toskana vorkommen können) besser aushalten. Gegen Ricasolis, in der sogenannten „Chianti-Formel“ festgelegten Sortenvorschrift, begann Antinori mit seinem Önologen Giacomo Tacchis außer Sangiovese auch noch ortsfremde Rebsorten zu verwenden und den Wein außerdem, gegen die Vorschriften, in kleinen französischen Barriques auszubauen. So entstand der sogenannte „Tignanello“ des Marchese Antinori. Entgegen der Regeln bestand der Tignanello zwar aus Sangiovese – aber eben auch aus Cabernet Sauvignon und Cabernet Franc. Schnell schoben sie auch noch den „Solaia“ nach – mit einem umgekehrten Verhältnis von Cabernet Sauvignon und Sangiovese.

Das Verwenden von Bordeaux-Sorten war soweit von den Vorschriften entfernt, dass Antinori auf alle DOC-Prädikate verzichten musste und den Wein zunächst nur als „Vino da Tavola“ verkaufen konnte. Allerdings war der Wein mit so großem Aufwand im Weinberg und mit so viel Kellertechnik gemacht, dass er ihn dennoch für damals außergewöhnlich hohe 40 DM verkaufen konnte – obwohl er nicht den Vorschriften für eine geschützte Ursprungsbezeichnung (DOC) entsprach, aber eben von guter Qualität war. Antinori legte so den Grundstein dafür, dass das italienische Weinwesen nach dem Fiasko mit der „Fiasco“ – der Bastflasche für den blassen und verwässerten Chianti dieser Zeit – international seinen einstigen Ruf als Quelle exzellenter Weine zurückgewann.

Viele toskanische Erzeuger sind Antinori gefolgt – insbesondere auch in der Maremma – und bereiteten fortan hochwertige Weine aus internationalen Sorten. Der Erfolg gab diesen Winzern recht: Ihre Weine erhielten zwar kein DOC-Prädikat, sondern man verkaufte sie als einfachen „Tafelwein“ – und wurden dennoch bald „Supertoskaner“ genannt. Die Behörden mußten reagieren: Aufgrund ihres außerordentlichen Erfolgs wurde schließlich 1992 eine Neufassung des Klassifikationssystems für ganz Italien verabschiedet. Damit Winzer ihre Weine nicht mehr – wie zum Hohn des Systems – als „Vino da Tavola“ verkaufen müssen, wurde die neue, heute so bezeichnete Landwein-Kategorie „Indicazione Geografica Proteta (IGP)“ eingeführt, die insbesondere auch die Verwendung nicht-traditioneller Rebsorten erlaubte.

Als weiterer Schritt zur Regulierung mancher DOCs wurde die zusätzliche Kategorie „Denominazione di Origine Controllata e Garantita (DOCG)“ seit den 1980er Jahren eingeführt. Diese Kategorie steht seither an der Spitze, was die Kontrolle der Weinproduktion und des Ursprungs betrifft.

Neben den Vorgaben für DOC muss Wein der Kategorie DOCG vom Erzeuger abgefüllt sein und Naturkork haben, eine staatliche Banderole sowie eine genauere Bezeichnung beziehungsweise Garantie der Herkunft. Angegeben werden können außerdem:

  • Unterzone: sottozona
  • Gemeinde: commune
  • Ortsteil: frazione
  • Klima: microzona
  • Parzelle: vigna oder vignats

Klassifizierung

Obwohl die ursprünglichen geografischen Herkunftsangaben „Vino da Tavola“, „IGT“, „DOC“ und „DOCG“ noch immer auf den Etiketten der italienischen Weine zu finden ist, gelten bei der Klassifizierung seit einer Regelung innerhalb der Europäischen Union von 2009 eigentlich folgende Neuerungen:

  • Denominazione d`Origine Protetta (DOP)“: sie fasst die bisherigen 73 DOCGs und 330 DOCs zusammen, die gemeinsam etwa 33,5 Prozent der Gesamtproduktion ausmachen
  • Indicazione Geografica Protetta (IGP)“: das ist die neue Bezeichnung für die 118 IGTs, die 66,5 Prozent der Gesamtproduktion ausmachen
  • „Vino“ (d`Italia): ersetzt das alte „Vino da Tavola“

Ausserdem gibt es noch immer alte Etikettenangaben wie „Classico“ (der Wein stammt aus einer historischer Ursprungszone), und „Riserva“ (gereift) sowie „Superiore“ (diese Weine haben einen um ein Volumenprozent höheren Alkoholgehalt als vergleichbare Weine).

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