Weinglossar

Orange Wine

Wird ein Weißwein mit der Maische (und bisweilen auch Stielen und Stengel) vergoren, spricht man von einem Orange Wine, da neben Phenolen (Tanninen) und Mineralien auch Farbstoff aus der Beerenhaut extrahiert wird (der Wein kann dann bis ins lachsfarbene gehen, beispielsweise bei Grauburgunder, dessen Beerenhaut rot ist). Oftmals wird Orange Wine deshalb als vierte Weinfarbe neben Rot, Weiss und Rosé bezeichnet.

Orange Wines sind insofern nichts anderes als wie Rotweine erzeugte Weißweine, also mit einer langen Maischestandzeit und bisweilen sogar einer Vergärung auf der Maische. Es handelt sich dabei um eine sehr naturnahe Art der Weißweinbereitung, die auch eine sehr lange Tradition hat, wie beispielsweise der maischevergorene „Quevriwein“ aus Georgien (Region Kakheti), bei dessen Produktion es sich vielleicht sogar um die ursprünglichste Art der Vinifikation handelt: In den Anfängen des Weinbaus vor 6.000 bis 8.000 Jahren war das größte Problem bei der Weinbereitung wohl, den Wein haltbar zu machen und ihn vor der Verwandlung in ungenießbaren Essig zu bewahren. Deshalb begann man, ihn in großen Tonamphoren zu vinifizieren, die in der Erde vergraben waren – um eine konstante, relativ kühle Temperatur gewährleistet zu haben, in der praktisch keine unerwünschten mikrobiologischen Prozesse stattfinden. Dort überließ man den Wein gewöhnlich über den Winter sich selbst, bevor man ihn im Frühjahr genießen konnte.

Auch heute noch werden die (unentrappten) Trauben in der Kaukasusregion in eine solche, bis zu 4.000 Liter fassende Amphore gegeben und spontan vergoren, das heißt ohne die Zugabe von Zuchthefen. Während der Gärung platzen die Trauben auf und die Schalen und Kerne (und das Stielgerüst) lagern sich auf dem Most ab und bilden einen sogenannten Tresterhut, der mehrmals täglich nach unten gedrückt wird um eine optimale Mazeration zu ermöglichen. Nach der Fermentation wird die Amphore für mehrere Monate verschlossen, damit der Wein nicht oxidiert, bevor er von der Maische getrennt und in einem anderen Behältnis ausgebaut wird. (Zur Produktion von Amphorenwein siehe auch den Exkurs zu einem Pionier der Orange- und Naturweinproduktion im Friaul: Josko Gravner.)

Heutzutage wird die Orange-Wine-Produktion insbesondere auch in Hinblick auf eine mögliche Cuveetierung gemacht: Steigende ph-Werte aufgrund der Klimaerwärmung und trockene Sommer führen zum Verlust von Säure und Struktur im Wein. Darauf kann man reagieren, indem man mit den Weinbergen in höhere Lagen geht (dadurch jedoch auch mit der Monokultur), andere Rebsorten wie Viognier, Roussane oder beispielsweise griechische Sorten pflanzt, die wärmeres Klima gewohnt sind – oder eben die Phenolik (Tannine) aus den Schalen erhöht und damit die Wahrnehmung der Säure und Lebendigkeit.

Klassisch vergorener Wein mit etwas maischevergorenem vermählt bringt dem Wein Struktur und hilft, dass der Wein länger haltbar ist, weil der Gerbstoff dezenter mit „reinreift“, was die Verwendung von Schwefel zur mikrobiologischen Stabilisation oft hinfällig macht. Besonders geeignet dafür ist Silvaner, bei dem die Schale dick ist und man viel feines Tannin extrahieren kann. Auch Grauburgunder ist geeignet: Er hat zwar eine dünne Schale, aber aufgrund der roten Farbe ist feines Tannin mit sanftem Ausbau lösbar. Andere wichtige Rebsorten für Orange Wine sind: Sauvignon Blanc (hier bildet die Säure das Rückgrat), Chardonnay (die neutrale Sorte gewinnt an Komplexität), Ribolla Gialla (die dickhäutige Sorte aus dem Friaul gewinnt an Komplexität und Würzigkeit), Malvasia di Candia (insbesondere in der Emilia-Romagna erbringt sie strukturell dichte Weine) oder auch Grenache Blanc (die säurearme Sorte bleibt frisch).

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