Seit ihrer Entstehung befindet sich die Erde in einem stetigen Wandel. Die meisten Veränderung treten allmählich ein, andere hingegen ereignen sich katastrophisch. Insbesondere im Hinblick auf solche Veränderungen hat man die Erdgeschichte in verschiedene Abschnitte unterteilt, die so genannten Äonen. Man unterscheidet:
- Hadaikum
- Archaikum
- Proterozoikum
- Phanerozoikum
Hadaikum
Vor gut 4,6 Milliarden Jahren entstand unsere Erde, als sich verschiedene Materieteilchen zu einem Planeten verdichteten, die die eigene Schwerkraft dann so zusammenpresste, dass sie enormem Druck und hohen Temperaturen ausgesetzt waren und schmolzen. Die Erde war insofern zunächst nichts als ein Feuerball aus kochend heißer Magma, umgeben von ätzenden und giftigen Gasen, geprägt von unzähligen Meteoriteneinschlägen. Das klingt womöglich wie eine Beschreibung der Hölle – und entsprechend leitet man auch vom griechischen Wort „Hades“ die Bezeichnung für dieses Erdzeitalter ab: Hadaikum.
Bis die Erde etwas abkühlte und der Prozess der Krustenbildung einsetzte, sollte es allerdings gar nicht lange dauern: Wie neueste Funde im heutigen Australien beweisen, war die Erde vor 4,4, Milliarden Jahren schon abgekühlt genug, dass langsam eine erste kontinentale Erdkruste entstehen konnte und sogar etwas Wasser sowie eine Art Uratmosphäre, die jedoch noch reich an giftigem Kohlendioxid war. Das zeigen winzige Mineralien, die damals kristallisierten und Zirkone bildeten. Denn Zirkon braucht Granitgestein um sich zu entwickeln, was umgekehrt bedeutet, dass es Granit – also festes Gestein – bereits in dieser Zeit gegeben haben mußte.
Als die bis dahin häufig vorkommenden Meteoriteneinschläge, die die Erdkruste immer wieder aufgerissen haben und die Abkühlung verlangsamten, nachließen, sanken allmählich auch die Temperaturen an der Erdoberfläche weiter ab. Langsam erstarrte mehr und mehr magmatisches Urgestein und so bildete sich bis vor etwa 4 Milliarden Jahren auch eine feste Erdkruste. Zudem konnte sich auch immer mehr flüssiges Wasser sammeln, so dass schließlich auch die ersten Meere und Ozeane entstanden.
Archaikum
Am Beginn des Arachaikum vor 4 Milliarden Jahren hatte sich bereits eine Erdkruste aus großen kontinentalen Gesteinsplatten gebildet, die sich aufgrund der so genannten Konvektionsströme im Erdinneren fortwährend bewegten. In den Urozeanen, die sich bis hierhin gebildet hatten, begann nun vor etwa 3,8 Milliarden Jahren erstes Leben zu entstehen – zunächst aber nur in Form einfachster Bakterien. Man geht davon aus, dass sich in porösen Gesteinswänden hydrothermaler Quellen aus einfachen organischen Molekülen erste einzellige Lebensformen entwickelten, die nun Zellkerne gebildet hatten. Mit dem Entstehen solcher Urzellen teilte sich die Lebenswelt in Bakterien und Archaeen. In ihnen steckt der griechische Begriff für „Ursprung“ oder „Beginn“, der auch namensgebend für das Erdzeitalter werden sollte: Archaikum.
Die Einzeller lebten zunächst von chemischen Verbindungen ihrer Umgebung, dann aber beginnen Bakterien vor etwa 2,5 Milliarden Jahren damit, das Sonnenlicht zu nutzen: Sie werden zu so genannten Cyanobakterien, die die Eigenschaft haben, Sauerstoff zu produzieren, das in der Atmosphäre bislang praktisch nicht vorhanden war. So vollzog sich langsam eine wichtige Kimaveränderung.
Proterozoikum
Mit der veränderten Atmosphäre wurden auch die Lebensformen komplexer, da sich mit der steigenden Sauerstoffkonzentration unter anderem auch Ozon gebildet hatte, das die für Lebewesen tödliche Ultraviolettstrahlung von der Sonne absorbieren kann. So begannen sich vor etwa 1,9 Milliarden Jahren Einzeller (Eukaryoten) langsam zu mehrzelligen Organismen zusammen zu schließen.
Aus diesen mehrzelligen Organismen entwickeln sich zunächst mikroskopisch kleine Vielzeller, die aber immer komplexer werden und wachsen. So entstehen Weichtiere – noch ohne feste Schale oder Skelette, so dass aus dieser Zeit auch kaum Fossilien erhalten sind. Entsprechend wird dieses Äon – die Zeit vor dem Entstehen der Fossilien – auch Proterozoikum genannt.
Phanerozoikum
Das Proterozoikum endete vor 550 Millionen Jahren mit dem Ende einer langen Eiszeit und einer wahren Explosion des Lebens, das heißt innerhalb kurzer Zeit entwickelte sich aus den primitiven Organismen eine enorme Artenvielfalt. Diese Arten waren bereits wesentlich komplexere, makroskopische Lebensformen – und einige hatten auch Schalen oder Skelette ausgebildet, die dann auch als Fossilien erhalten blieben. Diese „Sichtbarkeit“ des Lebens hat auch dem Erdzeitalter den Namen gegeben: Phanerozoikum.
Das Phanerozoikum dauert bis heute an – allerdings gab es seither einige bedeutende Einschnitte in der erdgeschichtlichen Entwicklung, so dass man dieses Erdzeitalter weiter unterteilte in sogenannte Ären (die selbst wiederum in mehrere Perioden unterteilt werden). Man unterscheidet innerhalb des Phanerozoikums folgende Ären:
Das Phanerozoikum begann vor 550 Millionen Jahren mit der Entstehung zahlreicher neuer Arten im Paläozoikum. Das Lebens war zunächst auf das Wasser beschränkt – als dann die ersten Pflanzen auch festes Land besiedelten. Mit der Entstehung der Vegetation wuchs und gedieh nun auch das Leben auf dem Festland: Mit den ersten Pflanzen wanderten zunächst Bakterien und Pilze an Land – später entwickelten sich Amphibien, die sich langsam neue Lebensräume eroberten, und schließlich auch andere Wirbeltiere, die unabhängig vom Wasser wurden und sich das Land eroberten.
Das Paläozoikum endete vor 251 Millionen Jahren mit dem größten Massensterben aller Zeiten: Über 90 Prozent aller Tier- und Pflanzenarten starben aus, vor allem in den Meeren. Bis heute ist unklar warum – man vermutet einen Meteoriteneinschlag mit anschließender Eiszeit als Ursache.
Das nachfolgende Erdzeitalter, das Mesozoikum, ist bekannt als Zeitalter der Dinosaurier. Sie beherrschten die Erde fast 200 Millionen Jahre lang – doch vor etwa 65 Millionen Jahren schlug ein großer Meteorit auf der Erde ein, der nun zweifelsfrei für eine deutliche Abkühlung des Klimas und das Aussterben der Dinosaurier sorgte, da sich durch den aufgewirbelten Staub die Atmosphäre verdunkelte und die Sonnenstrahlen nicht mehr durchdringen konnten.
Vom Aussterben der Dinosaurier profitierten vor allem die Säugetiere, die sich am besten an den Klimawandel anpassen konnten. Sie hatten sich bereits im Mesozoikum entwickelt, konnten sich nun aber ungehindert ausbreiten und die unterschiedlichsten Lebensräume auf der Erde erobern. In der Steinzeit vor etwa 2,5 Millionen Jahren trat auch der Mensch (Homo rudolfensis) auf den Plan. Dieses jüngste Zeitalter wird Erdneuzeit beziehungsweise Känozoikum genannt – und wird heute, je nach Perspektive, vom Anthropozän abgelöst.
Kontinente und Landschaften
Die Einteilung der Erdgeschichte orientiert sich an einschneidenden Veränderungen des Lebens (Artenvielfalt oder Massensterben). Dazwischen gab es aber weitere Umbrüche durch verschiedene andere Einflüsse – zu ihnen gehören neben dem Klimawandel insbesondere auch Veränderungen der Meere und Kontinente durch die Kontinentalverschiebung.
Schon früh in der Erdgeschichte formten gewaltige Kollisionen die Erdkruste zu unseren Kontinenten. Die enormen tektonischen Kräfte hoben Ozeanplatten an und formten daraus imposante Gebirge. Aber nach wie vor sind die Kontinentalplatten in Bewegung – das zeigt sich heute überall auf der Erde in Form von Vulkanausbrüchen, Erdbeben und Tsunamis. Die Kataklysmen – die alles zerstörende Katastrophen, denen die Erde ausgesetzt war und ist – ließen so eine vielgestaltige Welt mit unterschiedlichsten Landschaftsformen und Lebensräumen entstehen.
Ozeanien
Ozeanien befindet sich Mitten im Pazifik. Seine Geschichte ist zugleich die der gesamten Erde. Dieser zwischen extremer polarer Kälte und drückender Wüstenhitze gelegene Kontinent ist außerordentlich stabil. Nur an seinen äußersten Rändern, an der Grenze zum Ozean, wird es manchmal gefährlich, denn hier gibt es tektonische Platten in einem labilen Gleichgewicht oder auch Vulkaninseln, die durch die ständige Bewegung der Kontinente explodieren und untergehen.
Ozeanien ist ein gigantisches Archipel aus rund 25.000 Inseln. Seine Geschichte beginnt kurz nach der Entstehung der Erde, die vor 4,6 Milliarden Jahren eine Kugel aus geschmolzener Materie war. Nichts hatte auf ihrer Oberfläche Bestand, nicht einmal Gestein, das sich ständig verflüssigte und wieder in den Schmelztiegel im Erdinneren zurück sank. Lange glaubte man, die ersten Erdkrusten hätte sich erst lange nach der Entstehung des Planeten gebildet, als er ausreichend abgekühlt war. Doch vor kurzem brachte eine Entdeckung in der Nähe von Pilbara im Westen Australiens die bisherigen Annahmen ins Wanken: Bei der Entstehung der ersten Felseninseln kristallisierten winzige Mineralien und bildeten Zirkone. Diese Kristalle durchlebten den heftigsten Vulkanismus der Erdgeschichte – und blieben dennoch erhalten. Und nicht nur das: der Kristall hat die Chronologie der Ereignisse in seiner Struktur gespeichert.
Zirkon braucht Granitgestein um sich zu entwickeln, was umgekehrt bedeutet, dass es Granit bereits vor 4,4 Milliarden Jahren gab. Früher glaubte man, dass es 150 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems keine kontinentale Erdkruste gab. Doch statt eines kochend heißen Ozeans aus Magma, über den es Meteoriten regnete, war die Erde zu dieser Zeit schon abgekühlt genug, um Kontinente, Ozeane und auch eine Art Atmosphäre zu besitzen, natürlich reich an Kohlendioxid. Lange wusste man darüber nichts, weil aus dieser Zeit keine Kristalle erhalten blieben – bis man eben den Zirkon in Westaustralien entdeckte.
In den zwei Milliarden Jahren nach der Geburt der Erde verschmolzen die Inseln der Erdkruste und bildete erste kontinentale Landmassen, die man als Kratone bezeichnet. Der Pilbara-Kraton in Westaustralien ist Teil des Australischen Schilds: es handelt sich dabei um eine der stabilsten und ältesten Regionen der Erde. Sie kann erklären, wie sich unser Planet von einem unwirtlichen Ort, an dem das Leben nur sehr schwer Fuß fassen konnte, in unsere heutige Welt mit ihrem blauen Himmel, ihrer sauerstoffreichen Atmosphäre, verwandelte, in der eine Fülle komplexer Lebensformen bestehen kann. Dieser Übergang fand vor etwa 2,5 Milliarden Jahren statt – und das Gestein aus dieser Zeit liegt eben im Pilbara-Kraton.
Im Pilbara-Kraton fand man Felsformationen, die das Leben auf der Erde komplett verändert haben – ihnen verdanken wir im Grunde unsere eigene Existenz: Stromatolithe, Strukturen im Fels, die von Kolonien lebender Mikroorganismen zeugen, die diese Strukturen gebildet haben. Vor 3,4 Milliarden Jahren wimmelte es hier nur so von Leben – allerdings ist die Erde heute nicht mit damals vergleichbar: Als die Mikroorganismen die Stromatolithe gebildet haben, gab es nur sehr wenig Festland, das größtenteils vulkanisch war. Der Mond, der gleich alt ist wie die Erde, stand noch sehr viel näher und löste gewaltige Fluten aus. Die Ozeane enthielten sehr viel Eisen und waren grün gefärbt. Der orangefarbene Himmel war Reich an Methan, Ammoniak und Kohlendioxid. Menschen hätten hier noch nicht überlebt – aber das änderte sich innerhalb von einer Jahrmilliarde, als die Stromatolithe die Welt eroberten.
Die Stromatolithe veränderten nicht nur die Atmosphäre, sie hinterließen ihre Spuren auch im Gestein des Pilbara-Kratons, wo man den Übergang von Urerde zur modernen Erde vor 2,5 Milliarden Jahren sehen kann. Zu dieser Zeit verwandelte sich die frühe schweflige und gasförmige Erde für immer in eine weniger feindliche Erde. Man könnte meinen, dass der von den Stromatolithen freigesetzte Sauerstoff dafür verantwortlich war, aber genau das Gegenteil war der Fall: Das Leben wurde komplexer und begann Sauerstoff abzugeben, aber für die meisten frühen Lebensformen war Sauerstoff schädlich. Das Leben passte sich der neuen chemischen Realität, dem ursprünglichen Schadstoff Sauerstoff, aber an – und so entwickelten sich überhaupt erst komplexere Lebensformen.
Die Mikroorganismen, die die Stromatolithen gebildet hatten, färbten die Ozeane von grün nach rot, der von ihnen freigesetzte Sauerstoff ließ das Eisen in den Meeren schlichtweg rosten. Eisenoxidteilchen setzten sich am Meeresgrund ab und bildeten Schichten von mehreren Kilometern Dicke. Dann hoben gigantische tektonische Kräfte sie aus dem Wasser empor. So entstanden Berge mit einem hohen Eisenanteil, der sich in Schichten abgelagerte. Man bezeichnet solche Schichtung im Gestein als Eisenbänderung. Neunzig Prozent des weltweit abgebauten Eisen liegt in solchen Schichtungen wie im Pilbara-Gestein vor. Im Hamersley-Gebirge gibt es deshalb einen riesigen Tagebau zur Gewinnung von Eisen. Jedes werden hier 100 Tonnen rotes Eisen gefördert, hauptsächlich für den Export.
Heute breiten sich keine Stromatolithe mehr aus, in Shark Bay an der australischen Süd-Westküste kann man aber ihre Nachfolger beobachten: Thrombolite, die von Kolonien von Mikroorganismen gebildet werden und kontinuierlich wachsen. Damals waren sie die einzige Lebensform und es gab sie in einer enormen Anzahl – entsprechend viel Sauerstoff setzten sie frei, indem sie die Wassermoleküle in ihrer Umgebung zersetzten, was nach und nach auch die Atmosphäre der Erde veränderte.
Zwei Milliarden Jahre vergingen, in denen sich weitere Landmassen Pilbara anschweißten und eine immer größere Urlandmasse bildeten, aus der sich schließlich vor 700 Millionen Jahren Uraustralien bildete. In dieser Zeit verbanden sich die aufgetauchten Landmassen des Erdballs miteinander zum Vorläufer des zukünftigen Gondwana. Uraustralien war mit dem Landstück verbunden, aus dem später die Antarktis werden sollte. Ihr Zusammentreffen fand vor der südaustralischen Küste statt, aber dieses Ereignis wirkte sich bis weit ins Landesinnere hinein aus: Im Süden Nordaustraliens erhob sich ein neues Gebirge: die Petermann Ranges, von dem heute nur noch der Uluru (Ayers Rock) übrig ist. Er war ursprünglich eine riesige Sanddüne. Mit der Zeit verfestigte sich Düne zu Sandstein, Tektonische Verschiebungen hoben ihn hoch und drehten ihn in alle Richtungen, bevor er langsam erodierte. Der größere Teil des Uluru jedoch ist ohnehin nicht sichtbar, sondern reicht sechs Kilometer tief in die Erde reicht.
Der Zusammenschluss aufgetauchter Landmassen sorgte für Kollisionen, die zu zahlreichen Kataklysmen führten und Südaustraliens Gestalt dauerhaft veränderten. Vor 550 Millionen entstanden so die Flinders Ranges, das größte Gebirge Südaustraliens, als zwei kontinentale Landmassen aufeinanderprallten, sich falteten, und sich der Meeresboden dadurch anhob. Mit der Zeit schliff die Erosion einige Gipfel ab und hob dafür andere heraus. Durch die Erosion kam eine bislang unentdeckte Ozeanplatte aus Sandsteinfragmenten mit bislang unentdeckter Meeresfauna zum Vorschein – es waren mit die ersten Meereslebewesen überhaupt. Alle waren noch ohne Wirbelsäure, es handelte sich fast ausnahmslos um Weichtiere.
Etwa 250 Millionen Jahre später wiederholte sich die Geschichte: eine neue Kollision – ein neues Gebirge, die Blue Mountains an der Ostküste Australiens, westlich von Sydney. Sie lagen ursprünglich unterhalb des Meeresspiegels. Dann wurde dieser angehoben und es entstanden zerklüftete Ebenen, steile Felswände und tiefe Täler. Ein Teil der Blue Mountains besteht aus Kalkstein, in dem sich zahlreiche Tropfsteinhöhlen gebildet haben: die Jenolen Caves. Sie gelten heute als die ältesten begehbaren Höhlen der Welt – man fand darin Sedimente, die mindestens 340 Millionen Jahre alt sind.
Die Kombination von Kalkstein und Wasser hat auf der ganzen Erde zahlreiche Naturwunder wie die Karstlandschaften auf dem Balkan erschaffen – oder eben Tropfsteinhöhlen wie hier. Solche Höhlen entstehen, weil das Wasser Kohlensäure enthält und den Kalk zunächst auflöst und das Gestein so langsam aushöhlt. Sickert Wasser in einen Hohlraum, kann es von oben nach unten abtropfen. Es kristallisiert dabei Kalziumcarbonat aus – und bildet Tropfsteine. Mineralien färben sie manchmal gelblich oder rötlich ein. Über Jahrtausende wachsen so stehende Stalagmiten und hängende Stalaktiten heran.
Das Gebirge der Blue Mountains beherbergt mehrere Känguru-Arten, darunter die Riesenkängurus, von denen es in Australien mehrere Millionen Exemplare gibt. Die Existenz der Riesenkängurus hängt eng mit einem tektonischen Phänomen zusammen, das sehr wichtig in der australischen Geschichte war: Man hat herausgefunden, dass die Jenolan Caves Beuteltier-Friedhöfe sind – die Höhlen haben sich für die Kängurus als tödliche Fallen herausgestellt. Die Vorfahren der Kängurus stammen aus Asien – sie wurden vor etwa 150 Millionen Jahren von leistungsfähigeren Säugetieren von dort vertrieben. Sie flüchteten zunächst nach Gondwana, wo sie von ihren Fressfeinden vertrieben wurden, und gelangten so schließlich in die äußerste Ecke der Landmasse auf den antarktisch-australischen Block – der sich dann von Gondwana abspaltete. Nachdem sich Australien vor etwas weniger als 50 Millionen Jahren von der Antarktis abgespaltet hatte, entwickelten sich die Tiere auf diesem Kontinent völlig isoliert vom Rest der Welt und wurden dadurch einzigartig.
Der Bruch mit der Antarktis hat die australische Südküste dauerhaft geprägt. Am äußersten Rand der Nullarbor-Ebene sieht man die größte Klippenkette der Erde. Nicht weit davon entfernt findet man Granitformationen – und ganz ähnliche Steine in der Antarktis zeigen das andere Ende des im Verlauf immer größer werdenden Risses zwischen den beiden ursprünglich vereinten Kontinenten. Die spektakulärsten Spuren hat dieser Bruch in Tasmanien hinterlassen, südöstlich von Australien. An der Küste östlich von Hobart, in Cape Pillar, teilten sich die beiden Kontinentalplatten mit einer Lavaexplosion, als sich eine Spalte im Boden auftat. Diese Lava drang in die tasmanische Sedimentplatte ein. Mit der Zeit wurden die Sedimente vom Meer fortgetragen, während die erkaltete Lava bis heute erhalten blieb. Die Magmasäulen von Cape Pillar setzen dem Bruch zwischen Australien und der Antarktis gewissermaßen ein ewiges Denkmal.
Die australische Platte bewegt sich seither mit sechs Zentimeter pro Jahr nordwärts. Doch bei dieser Trennung wurde im Osten eine weitere Landmasse von dieser Parzelle des einstigen Gondwana abgerissen – vor 83 Millionen Jahren entstand so Neuseeland. An der Westküste der neuseeländischen Südküste kann man in Punakaiki Felsformationen bestaunen, die an Pfannkuchenstabel erinnern.
Nach der Trennung von Neuseeland von Gondwana versank die Landmasse zunächst für 60 Millionen Jahre unter Wasser. Neuseeland ist unter Wasser mehr als halb so groß wie Australien – und das, was heute als Neuseeland herausragt ist entsprechend nur ein Bruchteil des Unterwasserkontinents Sealandia. Neuseeland wurde in den letzten 23 Millionen Jahren buchstäblich emporgeschoben, als die australische und die pazifische Platte aufeinander getroffen sind. Neuseeland liegt heute genau auf dem Rift, an dem die beiden Platten aufeinander treffen, was sich noch heute an der vulkanischen Tätigkeit im Land bemerkbar macht.
Sichtbarer Ausdruck des Kampfes der beiden Platten ist auch das Gebirge der Südalpen (Southern Alps) auf der neuseeländischen Südinsel – eines der jüngsten Gebirge weltweit. Die tektonischen Gegebenheiten haben zur Entstehung des Gebirges geführt, das sich wie ein Rückgrat über die Insel zieht. Die Südaplpen sind dabei geologisch ähnlich jung wie das Himalayagebirge – und auch sie entstanden in einer Grenzregion zweier Kontintalplatten. Den Namen „Südalpen“ haben sie von James Cook, der dort als erster die Berge kartierte. 23 ihrer Gipfel sind über 3.000 Meter hoch und wachsen unablässig weiter, darunter der mit 3.724 Metern höchste Berg Neuseelands: der Aoraki (Mount Cook), was soviel wie „Wolkenstecher“ bedeutet. Die andauernden tektonischen Verschiebungen lassen die Südalpen jährlich um etwa einen Zentimeter wachsen – Erosion trägt das Gebirge aber ebenso schnell wieder ab.
Die Südalpen bestehen aus dem weichsten, westlichsten Teil der pazifischen Platte – die australische Platte ist um einiges fester. Die Verwerfungslinie – die sogenannte Alpine Verwerfung – verläuft genau entlang der Gebirgskette über die gesamte Südinsel. Hier kann es jederzeit zu Erdbeben kommen, und man misst auch jährlich 14.000 leichtere Beben. Allerdings verschieben sich die Platten hier gegeneinander – sie kollidieren hier nicht frontal: die pazifische bewegt sich nach Süden, die australische Platte nach Norden, zuletzt in aller Heftigkeit 1717. Und da sie sich etwa alle 250 Jahre heftig bewegen, müsste es bald wieder so weit sein.
Auf der neuseeländischen Nordinsel ist die Verwerfung nicht so deutlich sichtbar. Hier verschiebt sich die pazifische unter der Erde in die australische Platte, entsprechend befindet sich hier eine so genannte Subduktionszone. Auf dem Mount Tarawera ereignete sich 1886 der größte Vulkanausbruch in der Geschichte Neuseelands. Er hinterließ eine 17 Kilometer lange, schluchtenartige Narbe in der Landschaft. Unter der Oberfläche regt sich ständig vulkanische Aktivität: Geysire, heiße Quellen et cetera zeigen wie instabil Neuseeland ist, liegt es doch auch am Pazifischen Feuerring, wo 70 Prozent der vulkanischen Aktivität der Erde stattfindet.
Beim Pazifischen Feuerring handelt es sich um eine 40.000 Kilometer lange Vulkankette, die den Pazifik auf drei Seiten umrahmt. Er resultiert daraus, dass sich in den Randgebieten der pazifischen Platte Subduktionszonen mit starker seismischer Aktivität befinden: Die riesigen Erdplatten des Pazifik schieben sich unter die Kontinente und entfalten entlang dieser Kette ihre zerstörerischen Kräfte. Rund 90 Prozent aller Erdbeben weltweit haben ihren Ursprung in dieser Zone, in der auch zwei Drittel der insgesamt knapp 1.400 aktiven Vulkane zu finden sind (da ihr Ausbruch weniger als 10.000 Jahre zurückliegt).
Zum Pazifischen Feurring gehört auch das nordwestlich von Australien gelegene Vanuatu-Archipel, das aus über 80 Vulkaninseln besteht. Auch sie liegen genau auf der Nahtstelle, wo die australische und die pazifische Platte treffen. Hier aber schiebt sich die eigentlich dickere australische Platte unter die pazifische – das ist weltweit einzigartig. Dadurch entstanden vor 3 Millionen Jahre neue Vulkane wie der Yasur, einer der aktivsten Vulkane der Welt.
Der australische Kontinent ist derzeit sicher einer der stabilsten Kontinente überhaupt. In den kommenden 10 bis 20 Millionen Jahren muss man deshalb mit einer dramatischen Veränderung in der Geologie der Umgebung dieser Platte rechnen. Am nördlichen Rand der australischen Platte wird der bereits begonnene Kollisionsvorgang zwischen australischer Platte und asiatischem Kontinent weitergehen. Vermutlich hat sich bis dahin eine weitere Gebirgskette wie die des Himalaya gebildet, die sich von Bangladesch im Westen bis Südchina im Osten erstrecken würde.
Europa
Europa, wie wir es heute kennen, ist geologisch gesehen noch sehr jung: Erst vor 300 Millionen Jahren formte sich dieser Kontinent. Davor bewegten sich die Landmassen, aus denen Europa heute besteht, zusammen mit größeren Urkontinenten über den Globus. Noch weiter in der Zeit zurück, bildeten sich gerade die ersten Landmassen in der Erdkruste. Sie bewegten sich seit der ursprünglich Feuerball ausreichend erkaltet war. Nun konnten sie sich an der Erdoberfläche halten, ohne von der brodelnden Lava verschlungen zu werden und wieder ins flüssige Erdinnere abzutauchen.
Die Entstehung Europas verlief gewissermaßen von Norden nach Süden: Im heutigen Skandinavien befinden sich die ersten Regionen, die sich aus der erkalteten Erdkruste gebildet haben sollen. Die in dieser Landschaft angesiedelten Felsformationen entstanden jedenfalls aus Gestein, dass vor drei Milliarden Jahren in den Tiefen der Erde schmolz. Ein Indiz dafür ist das Vorkommen von Kimberlit, einem magmatischen Gestein aus besonderer Lava aus bis zu 150 Kilometer Tiefe. Eine solche Gesteinsformation aus Kimberlit findet man im schwedischen Kirkenes. Und hier hat man auch den ältesten Kristall des europäischen Kontinents entdeckt: einen 3,69 Milliarden Jahre alten Zirkon – mindestens so alt also ist Europa, und das Skandinavische Schild somit das erste Landstück des Kontinents.
Das Skandinaviasche Schild steht also gewissermaßen am Anfang, bald schon aber schweißten sich weitere Landstücke an den Schild an und bildeten gemeinsam den Urkontinent Baltica. Doch das war nicht der einzige Urkontinent: Im Westen trieb noch Laurentia, entstanden aus dem Kanadischen Schild und Grönland. Vor 420 Millionen Jahren schoben tektonische Kräfte die beiden Urkontinente aufeinander zu – es war die erste große Etappe auf der Entstehung von Europa. Hinweise auf diese Verbindung von Nordamerika und Nordeuropa zum Kontinent Laurasia findet man zum Beispiel in den Highlands im Nordwesten Schottlands: hier findet man 1,8 Milliarden Jahre alte Gneise, aber auch noch älteres Urgestein.
Ausgerechnet in den Highlands wurde klar, dass die höchsten Gipfel der Erde durch tektonische Verschiebungen der Platten entstanden sind: Denn normalerweise legen sich jüngere Gesteinsschichten über ältere, doch in den Highlands kann man etwas völlig anderes beobachten – in Loch Glencoul an der Moine-Verwerfung, die die damalige Grenze zwischen den beiden Urkontinenten markiert liegt nämlich 500 Millionen Jahre altes Gestein aus dem Kambrium unter etwa einer Milliarde Jahre altem Gestein, dem sogenannten „Moine“.
Als Laurasia entstand, bildeten die meisten Landmassen der Erde einen einzigen Kontinent namens Gondwana. Schon bald schoben tektonische Kräfte die beiden Urzeit-Giganten aufeinander zu, was zur Schließung eines Ozeans führte, der beide Kontinente voneinander trennte. So entstand der Superkontinent Pangea, der alle Landmassen damals umfasste. Auf der Insel Groix vor der bretonischen Küste gibt es Hinweise auf diese Kollision vor 300 Millionen Jahren: Das Felsgestein auf Groix, denn während sich die beiden Kontinente aufeinander zubewegten schoben sich Meeresplatten kilometerweit unter den Erdmantel, wobei sich die Mineralien in der Meeresplatte unter dem enorm hohen Druck und den Temperaturen verwandelten. Und diese Steine tauchten nun später wieder an der Erdoberfläche auf – eben auf Groix.
Beim Zusammenstoß von Gondwana und Laurasia entstand auch das sogenannte Herzynische Gebirge. Es ist etwa 800 Kilometer breit und mehrere tausend Kilometer lang. Es verläuft von Polen und die Mittelgebirge in Deutschland (die man in der Antike auch als Herkynischen Wald bezeichnet hat) über Portugal und Nordafrika, setzt sich dann in Nordamerika fort, wo man es als Apalachen bezeichnet. Über Jahrmillionen erhob sich die Herzynische Kette zu einem Gebirge, dass so hoch und breit war wie heute der Himalaya – das inzwischen aber erodiert ist.
Als Pangea vor 300 Millionen Jahren entstand, befand sich das, was einmal Europa werden sollte, in den Tropen. Mit der Entstehung der Vegetation wuchs und gedieh hier nun auch das Leben auf dem Festland, das zuvor auf Meere und Ozeane beschränkt war: Mit den ersten Pflanzen wanderten auch Bakterien an Land. Während sich aber die Pflanzen des Karbons mit rasanter Geschwindigkeit entwickelten, konnten die noch primitiven Bakterien nur mit Mühe die immer komplexer werden pflanzlichen Lebensformen abbauen. So bildeten sich in weiten Teilen Europas die Steinkohleflöze, die später zur Grundlage der Industrialisierung werden sollten.
Im Verlauf der Jahrmillionen wurde Pangea aufgrund der Erosionsprozesse zu einer öden Ebene und so flach, dass der Ozean Tethys, der Vorläufer des Pazifik, eine Bresche im Herzen Europas öffnete. Die Bewegung der Wellen ließ riesige Strände entstehen, die sich mit der Zeit in Sandstein verwandelten. Abdrücke von Lebewesen, die einst hier lebten, blieben so für immer erhalten – befinden sich jetzt aber mitunter in 2.400 Meter Höhe in den Alpen. Bei Emosson in der Schweiz blieben so Fußabdrücke von Dinosauriern erhalten, die sich vor 240 Millionen Jahren über einen solchen Sandstrand bewegten.
Dass diese Abdrücke bis heute erhalten blieben liegt daran, dass es, nachdem sie entstanden, zunächst trocken gewesen sein muss, damit sie aushärten und sich im Sand erhalten konnten. Anschließend legte sich eine neue Schicht aus Schlamm und Sand darüber, die die im Sand verhärteten Fußabdrücke versiegelte. Der Druck der Sedimente sorgte nun dafür, dass der Sand in Sandstein umgewandelt wurde. So entstand ein Abdruck im Sandstein, der über Jahrmillionen erhalten blieb. Durch tektonische Kräfte richtete sich dieser Sandstein dann in die Vertikale auf und blieb so bis heute erhalten.
Mit der Zeit griff der Ozean Tethys immer weiter auf das Festland über – und so gelangte er innerhalb von 50 Millionen Jahren bis nach Süddeutschland. Bayern wurde zu einem Archipel, dass von einem seichten Meer umgeben war. In Solnhofen beispielsweise zeugt das Gestein noch heute von einer Zeit, in der die Region von einer reichen Unterwasserfauna umgeben war: Damals war das Klima heiß und trocken, weshalb das Wasser der Tethys rasch verdunstete und in der Region um Solnhofen Sedimentschichten hinterließ, die so sauerstoffarm waren, dass die Unterwasserleben damals darin erstickten. In den tiefsten Becken hatte der Kalkschlamm genug Zeit, die Kadaver zu bedecken, die anschließend mineralisierten und so zu Fossilien werden konnten.
Vor 200 Millionen Jahren nahm das Schicksal des Planeten eine Wendung: tektonische Kräfte rissen Pangea endgültig auseinander – die Landmasse zerfiel in einzelne Kontinent. Nordamerika und Europa wurden nach Norden verschoben. So entstand ein Raum, der sich sofort mit einem Ozean füllte. Im Süden wurde das Gebiet der späteren Alpen zu einem Meeresgrund, der einmal bis zu 3.000 Meter unter der Meeresoberfläche der Tethys lag.
Vor etwa 80 Millionen Jahren dann kam es zu einer tektonischen Aufweitung der von der Tethys eröffneten Meeresbresche – und es entstand der Atlantik. Es kam zum Bruch zwischen Europa und Amerika. Die warmen Gewässer der Tethys wurden von den kalten Nordmeeren erobert. In dieser Zeit entstanden Cocolithen – einzellige Algen, die dann ganze Landschaften in Europa prägen sollten, denn der Cocolith, produziert Kreide, die der Erdzeit auch ihren Namen gab. In dieser Zeit entstand zum Beispiel das Pariser Becken.
Als Pangea aufbrach kam es zur Bildung einer ozeanischen Platte in der Mitte des Bruchs – es stieg also Material vom Erdmantel im Bereich des Mittelozeanischen Rückens auf, der dadurch anschwoll, wodurch auch der Meeresspiegel anstieg. Als der Meeresspiegel dann wieder absank, blieben bei Dover an der englischen Küste die Coccolith-Felsen von 100 Meter Höhe stehen.
Die Abspaltung von Nord-Amerika markiert eine der letzten Phasen der Entstehung von Europa: Der Riss, der zwischen Europa und Nord-Amerika entstand, und der sich mit dem Wasser des Atlantik füllte, reicht dabei bis in mehrere tausend Meter Tiefe – an der Oberfläche sichtbar ist er nur in Island, das der Riss zweiteilt: Island ist eine Vulkaninsel, die durch eine tiefe Verwerfung gespalten ist, die Europa und Amerika trennt. Noch immer entfernen sich die beiden Kontinente etwa zwei Zentimeter jährlich voneinander – und die die dabei klaffende Spalte schürt die vulkanische Aktivität auf Island, wo die Hitze, die aus dieser Erdspalte dringt, Geysire und heiße Quellen erzeugt.
Nach der Entstehung des Atlantik erhielt Europa seine heutige Form. Das letzte Stück, dass sich an den Kontinent anschweißte, löste sich vor etwa 100 Millionen Jahren von Afrika, prallte gegen Südeuropa und bildete Italien und Kroatien – und mit ihm die Adria. Bei diesem Ereignis hoben sich auch die Alpen, die bald das höchste Gebirge Europas werden sollte mit einer Höhe von bis zu 4.800 Meter. Das Matterhorn bei Zermatt in der Schweiz besteht tatsächlich aus afrikanischen Überresten, unweit davon aber findet man auch Berge aus Granit und Gneis, typischem Festlandgestein, sowie Gestein vom ehemaligen Meeresboden.
Sind die Ursprünge von Europa eher im Norden des Kontinents zu finden, spielt sich die jüngere Geschichte Europas dann vornehmlich im Süden ab, wo Afrika seine 65 Millionen Jahren begonnene Wanderung Richtung Norden fortsetzt. Damals rissen am Meeresgrund des heutigen Mittelmeeres tiefe Spalten auf und es entstanden Vulkane, die Erdbeben und Eruptionen verursachten. Außerdem hob diese tektonische Verschiebung Milliarden Tonnen von Gesteinsmaterial empor und schufen so die Alpen.
Die Vergangenheit dieses Gebirges ist in (Berg-)Kristallen festgehalten, die tief in Kristallklüften verborgen liegen, die sich bei der Hebung der Alpen bildeten. Die Kristalle entstanden bei Temperaturen um die 400 Grad Celsius und einem Druck von drei Kilobar, was dem 3.000fachen Atmosphärendruck entspricht. Ein solcher Druck aber existiert erst in einer Tiefe von etwa zwölf Kilometer unter der Erde. Heute sichtbar ist der Kristall, weil sich der Granit bis in mehrere tausend Meter Höhe gehoben wurde und die darüber liegenden Schichten erodiert sind.
Als Afrika in Bewegung geriet, erlebten Korsika und Sardinien eine abenteuerliche Geschichte, denn bis vor etwa 30 Millionen Jahren waren die beiden Mittelmeerinseln noch mit Frankreich verbunden: Die Provence, Korsika und Sardinien bilden ursprünglich eine Landmasse. Das lässt sich daran erkennen, dass die Felsformationen des französischen Esterel-Gebirges an der Mittelmeerküste in Südfrankreich denen in Korsika und Sardinien zum verwechseln ähnlich sind. Es handelt sich dabei um Felsen, die zwischen 300 und 400 Millionen Jahre alt sind – es gibt auf Sardinien aber auch jüngeres Gestein, das erst 30 Millionen Jahre alt ist. Bei den Klippen auf den Inseln handelt es sich um solches jüngeres Lavagestein aus dem Erdinneren, das in Kontakt mit Luft und Wasser erstarrt ist. Anhand der in den Vulkanfelsen enthalten Eisenoxidkristalle, dem so genannten Magnetit, kann man nun den Weg rekonstruieren, den die beiden Inseln Sardinien und Korsika damals genommen haben, denn dieses Magnetit hat die Eigenschaft, beim Erkalten des Vulkangesteins die Ausrichtung des Erdmagnetfelds zu speichern. So weiß man, dass sich die Inseln, nachdem sie sich von der Provence abspalteten, sich um 45 Grad drehten und so eine Bresche im Westteil des Mittelmeerraums entstehen ließen.
Ein weiteres Rätsel im Mittelmeer sind im Süden Siziliens in den 1960er Jahren entdeckte, über einen Kilometer dicke Salzablagerungen – die Hügel von Realmonte. Diese Hügel bedeckten einmal den kompletten Boden des Mittelmeeres. Die Kollision von Afrika und Europa und die damit verbundene Anhebung des Meeresbodens veränderte aber auch den Wasseraustausch zwischen Atlantik und Mittelmeer – und durch die so genannte „Messinianische Krise“ vor 6 Millionen Jahren gelangte dann kein Wasser mehr vom Atlantik ins Mittelmeer. Weil das Mittelmeer nicht mehr mit Wasser gespeist wurde, begann es langsam zu verdunsten und wurde irgendwann zu einem „Toten Meer“ mit Salzablagerungen von bis zu 1.500 Metern Dicke. Durch die Kollision der beiden Kontinente wurden diese Salzablagerungen nach oben gedrückt und sind nun in Realmonte sichtbar.
Über das trocken gelegte Mittelmeer konnten in dieser Zeit alle Organismen von Afrika nach Europa gelangen. Dann jedoch riss vor etwa 5,3 Millionen Jahren bei einer weiteren tektonischen Katastrophe die Passage zwischen Atlantik und Mittelmeer wieder auf – und ließ über Gibraltar Wasser über gewaltige Kaskaden hereinströmen, die das gesamte Mittelmeerbecken innerhalb von kürzester Zeit füllten (zwischen 11 und 500 Jahren, die Meinungen gehen hier auseinander). Außerdem wurde das Mittelmeer von den Tierarten des Atlantiks wieder besiedelt, so dass es wieder lebendig wurde. Gleichwohl sorgt die Wanderungsbewegung der afrikanischen Platte dafür, dass der Boden unter dem Mittelmeer kontinuierlich ansteigt und das Mittelmeer so eines Tages verschwinden wird.
In Postojna, im Südwesten Sloweniens, kam zu dem Druck durch die langsame Aufwärtswanderung Afrikas die Erosion hinzu: Das Wort „Karst“, das aus dem Slowenischen stammt, bezeichnet Kalkformationen, die durch das Wasser abgetragen und neu geformt werden. Überall auf dem Balkan ließ die Fließbewegung des Wassers eine zerklüftete Karstlandschaft entstehen: Im Laufe der Jahrtausende hat sich Wasser immer tiefer in die Kalkfelsen hineingefressen und sich in unterirdischen Flüssen gesammelt. Die Kohlensäure im Wasser hat dabei den Kalk aufgelöst und Calciumcarbonat auskristallisiert. Tropft dieses Wasser in unterirdische Grotten und Hohlräume, bilden sich manchmal Tropfsteinhöhlen mit ihren charakteristischen Stalagmiten und hängenden Stalaktiten, ansonsten aber lagert sich der im Wasser gebundene Kalk auch an anderer Stelle wieder ab, wenn die unterirdischen Flüsse auf Lagen von härterem Gestein wieder an die Oberfläche treten. Das Gestein dieser Ablagerungen nennt man Kalktuff oder auch Travertin. Für seine Bildung sind relativ hohe Temperaturen nötig, die aber beispielsweise in Kroatien auch vorherrschen.
Der Kalk in den slowenischen Höhlen entstand über Jahrmillionen durch Ablagerungen von Muschelschalen und Skeletten von Mikroorganismen am Meeresgrund, danach setzte die Plattentektonik ein. Gegen Ende des Eozäns, vor etwa 30 Millionen Jahren, hob sich dieses gesamte Gebiet durch die Bewegung der afrikanischen Platte nach Norden, vom Boden des Urmeers nach oben und der Kalkstein wurde durch den Regen freigesetzt. Zu dieser Zeit begann die Karsterosion, das heißt die langsame Auflösung des Kalkgesteins, an deren Ende die heutigen Landschaften entstanden – wie die 20 Kilometer lange Höhle von Postojna. Insgesamt sind es etwa ein Fünftel aller Gesteinsformationen der Erde, die so geformt wurden.
In den südfranzösischen Pyrenäen befindet sich die Höhle von Gargas – in denen auch Spuren des Menschen zu finden sind (Handabdrücke). Die Erde befand sich damals auf der Höhe einer Eiszeit, die schon seit 100.000 Jahren andauerte, und die Natur bot damals wohl ein ähnliches Bild wie heute Nordeuropa. Die Inselgruppe Spitzbergen zum Beispiel scheint in der Epoche der Eiszeiten stehen geblieben zu sein: In Spitzbergen sind etwa 60 Prozent der Oberfläche von Gletschern bedeckt, die sich zur Küste und zum Schelf hin bewegen und dabei ein Relief aus Bergen, Fjorden und Tälern geformt haben. Im Laufe der Zeit hinterließen sie Sedimente auf Spitzbergen. Bis vor 12.000 Jahren bedeckten solche Gletscher einen Großteil Europas: Es wurden Moränen bis weit nach Deutschland und Frankreich hinein gefunden – und die Landschaft sah ähnlich aus wie heute in Spitzbergen.
Die aktivste Tektonik findet heutzutage aber rund um das Mittelmeer statt: Bei ihrer Bewegung Richtung Europa riss die afrikanische Platte Verwerfungen auf und ließ viele Vulkane entstehen – wie zum Beispiel den Ätna auf Sizilien, der sich genau auf der Grenze zwischen afrikanischer und eurasischer Platte befindet. Die verblüffende Vielfalt der Ausbrüche des Ätna – von kleineren Lavaflüssen über Lavafontänen bis hin zu pyroklastischen Strömen – hängt damit zusammen, dass sich die Gänge in seinem Inneren ständig verändern und ihn unberechenbar machen. Es gibt vier Eruptionsspalten und über 300 kleine Löcher oder Schlote an seinen Hängen.
Als Afrika auf Europa prallte, riss der Meeresboden über die gesamte Länge auf und zerriss ihn in Mikroplatten, die sich in- und übereinander schoben. Magma stieg aus den Rissen auf und wo sich Platten übereinander lagerten kam es zu Eruptionen, wodurch Lava bis an die Oberfläche gelangen konnte. Aber bei nach wie vor verändert sich der Ätna durch die Tektonik ständig.
Im östlichen Mittelmeer ist das Netz der Verwerfungslinien sogar noch komplizierten. Die Reibungen, Stöße und Kollisionen zwischen den Landmassen können jederzeit zu Erdbeben führen. Eine dieser Verwerfungen teilte Griechenland in zwei Teile: der Raum zwischen Peloponnes und Festland wurde vom Meer aufgefüllt und heißt heute: Golf von Korinth. Nach wie vor bewegt sich der Peloponnes mit einer Geschwindigkeit von 1,5 Zentimeter pro Jahr vom Festland weg – was am Meeresboden dazwischen zu vielen kleinen Mikrobeben führt. Aber auch größere Beben können vorkommen: Die Hälfte aller Erdbeben in Europa ereignet sich in Griechenland – der Westteil des Golfs von Korinth ist dabei besonders gefährdet.
Weiter östlich verläuft die Nordanatolische Verwerfung in weniger als zwanzig Kilometer Entfernung von Istanbul und zieht sich bis ins Marmarameer. Sie ist eine der gefährlichsten Verwerfungen der Erde und es steht zu befürchten, dass diese tektonische Verwerfung in den nächsten Jahren – das hat auch das aktuelle verheerende Beben im Süden des Landes noch einmal deutlich gemacht – für das Schicksal der Stadt entscheidend sein könnte. Im 20. Jahrhundert kam es entlang dieser Verwerfung immer wieder zu Erschütterungen, die sich langsam auf Istanbul zubewegten. Zuletzt kam es 1999 zu einem schweren Beben in einem Vorort von Istanbul, das bisher nur 1509 und 1766 von einem Beben selbst betroffen war. Der Wiederholungszeitraum für Erdbeben liegt bei 250 Jahren – es könnte also, so befürchtet man, bald soweit sein.
Nordamerika
Man kann das Alter von Granit anhand des in ihm enthaltenen Minerals Zirkon feststellen, denn Zirkon enthält winzige Mengen Uran, dass sich im Lauf der Zeit in Blei verwandelt. Anhand des Uran- und Blei-Anteils kann man dann das Alter des Gesteins bestimmen. So hat man festgestellt, dass die Provinz Quebec in Kanada zu 90 Prozent mit einem so genannten Kraton bedeckt ist – einem Stück Erdkruste, das sich seit 2,7 Milliarden nicht verändert hat. Es gibt hier im Norden von Quebec sogar ein Gebiet innerhalb des Kratons, das 4,3 Milliarden Jahre alt ist. Allerdings gibt es nicht mehr sehr viele Gebiete, wo es so altes Gestein gibt – die meisten Steine sind jüngeren Datums, insbesondere auch jenes an der Erdoberfläche.
Das Gestein des Kratons ist das älteste Gestein des nordamerikanischen Kontinents. Später bewegten sich die verschiedenen Landmassen der Erdkruste und fügten sich neu aneinander. Wenn sie gegeneinander stießen, ließen sie Berge entstehen, und wenn sie auseinander rissen Meere und Ozeane. Vor 500 Millionen Jahren schließlich näherten sich die Kontinentalmassen der Nordhalbkugel einander an. Nach und nach trieben sie auf Afrika zu und fast 100 Millionen Jahre später bildete sich der Superkontinent Pangea. Heute zeugen davon Landschaften im Südwesten Kanadas, in der Provinz Nova Scotia, unweit der Apalachen. Die 3.000 Kilometer lange Bergkette entstand beim Zusammenstoß der beiden Kontinentalplatten von Afrika und Amerika vor 270 Millionen Jahren. Die Kraft war damals so groß, dass die Felsformationen zu einer zackigen, zerklüfteten Landschaft verformt wurden, wie man sie heute in Nova Scotia antrifft.
Bereits 50 Millionen Jahre nach dem Zusammenstoß lösten sich die beiden Platten wieder voneinander – und so entstand vor etwa 200 Millionen Jahren der atlantische Ozean. Seine Entstehung bedeutete das Ende von Pangea. Wo die Erde aufriss stiegen riesige Mengen Magma aus der Tiefe des Erdmantels auf. Über 600.000 Jahre lang kam es zu einer Abfolge heftiger Vulkanausbrüche. Auf Pangea gab es eine ungeheure Artenvielfalt, doch die durch die Eruptionen vor 200 Millionen Jahren austretenden Gase führte zu einer Klimaveränderung, in deren Verlauf zahlreiche Arten ausgestorben – aber auch neue wie die Dinosaurier entstanden – sind. Etwa die Hälfte aller Arten verschwand von der Erde und die Dinosaurier traten nun, in der Kreidezeit, die Herrschaft über den Planeten an (in Drumheller in Alberta findet man das größte Dinosauriermuseum der Welt).
Vor 180 Millionen Jahren lebten zahlreiche Dinosaurier in den später so genannten nordamerikanischen Bad Lands. Dieses Tal, das fast an eine Mondlandschaft erinnert, schlägt eine lange Scharte durch Kanadas Westen – eine riesige Senke, die vor 100 Millionen Jahren entstand, nachdem sich an der Westküste des nordamerikanischen Kontinents vor 180 Millionen Jahren (am Ende des Juras) eine Subduktionszone bildete. Da sich Stücke der Erdkruste hoben und sich auf den nordamerikanischen Kontinent stützten, begann sich der Kontinent abzusenken und bildete eine große Vertiefung inmitten des nordamerikanischen Kontinents. In den nachfolgenden Jahrmillionen sorgten Schwankungen des Meeresspiegels dafür, dass das Meer bis in die Mitte Nordamerikas gelangte und sich ein großes Binnenmeer bildete, das den Arktischen Ozean mit dem Golf von Mexiko verband. Diese Schwankungen sorgten dafür, dass sich die großen Küstenebenen dies- und jenseits des Binnenmeeres entwickelten, die dann von Dinosauriern bewohnt waren. Deshalb findet man hier heute so viele unter Sedimentschichten perfekt erhaltene Skelette von ihnen.
Im Zentrum Nordamerikas entstanden so auch die Great Plains („Große Ebenen“), während vor etwa 60 Millionen Jahren im Westen kleinere Fragmente der Erdkruste auf den Kontinent stoßen, die sich nach und nach an die nordamerikanische Platte anschweißten, wodurch die Platte gewachsen ist. So entstanden die vier westlichsten Staaten des Kontinents: Nevada, Oregon, Kalifornien und Washington – und geben Amerika seither seinen endgültigen Umriss.
Auch der Yosemite-Park entstand auf diese Weise: Der Aufeinanderprall führte zu Bildung einer so genannten Subduktionszone, wo sich eine Platte unter die andere schiebt, und zur Auffaltungen des Gesteins, sowie zu heftigen Vulkanausbrüchen: bei einer normalen Subduktionszone, wo sich eine Platte in einem 45-Grad-Winkel absenkt, kommt es beim Schmelzen der Platte in etwa 100 Kilometern Tiefe zu chemischen Reaktionen, die Magma erzeugen. Dieses weniger dichte Magma stieg aus der Tiefe auf und es kommt zu Vulkanausbrüchen. Ein Teil des Magmas verblieb aber auch im Erdinneren und es formte sich beim Erkalten Granit. Nachdem die Erosion die oberste Kruste der Erde abgetragen hatte, kann man dieses Granit im Yosemite-Park in Form gigantischer Granitkugeln sehen, das heißt eines der deutlichsten Zeichen für die vulkanischen Kristallisationsprozesse bei der Entstehung des Granits sind die sogenannten Dykes: linienartige Steinwülste, die entstanden, weil sich bei der Abkühlung und anschließenden Kristallisation des Magmas Risse bildeten, durch die dann das verbliebene flüssige Gestein gesaugt wurde.
Früher befand sich des Yosemite-Park, wie der gesamte amerikanische Westen, noch vor der Küste – mitten im pazifischen Ozean. Dann aber stoßen die Fragmente der Erdkruste auf den Kontinent. Dadurch bildete sich vor etwa 90 Millionen Jahren die höchste Bergkette Kaliforniens: die Sierra Nevada, die sich von Norden nach Süden über eine Länge von 700 Kilometer erstreckt. Ein Teil davon, der berühmte Steilfelsen El Capitan, ein Granit-Monolith mit über 1.000 Meter Höhe, befindet sich im Yosemite-Park, der sich ansonsten auch durch den Mariposa-Grove auszeichnet, ein Waldstück mit den ältesten und größten Bäumen dieser Erde: über 2.700 Jahre alten Giant-Sequoia, Riesenmammutbäumen.
Heute ragt der höchste Gipfel der Sierra Nevada über 4.400 Meter auf, aber das ist nichts im Vergleich zu jenem Gebirge, dass sich hier einst erhob. Denn über Jahrmillionen haben Wasser, Wind und Eis das Gestein abgebaut. Das kann man heute an den vielen abgerundeten Kuppen der Berge in der Sierra Nevada erkennen. Auch der Glacier-Point – ein Aussichtspunkt mit einem überhängenden Felsen – heißt so, weil hier vor 250.000 Jahren eine gigantische Eismoräne durchgezogen ist, die mit ihrer Kraft das Tal und die benachbarten Berge zurecht geschliffen hat. So verdankt auch der Half-Dome, mit fast 3.000 Meter der höchste Berg Yosemites, seine heutige Form dem Gletscher. Ursprünglich ist das Massiv – durch hohen Druck in intensive Hitze unter der Erde geformt – über 85 Millionen Jahre alt.
Wasser ist auch heute noch prägend im Yosemite-Park, insbesondere dann, wenn im Frühjahr der Schnee in der Sierra Nevada geschmolzen ist und Bäche und Flüsse das Eiswasser in unzähligen Kaskaden und Wasserfällen zu Tal stürzen lassen – wie zum Beispiel beim Yosemite-Fall, der mit über 800 Meter der höchste Wasserfall ist. Er ist in den Frühjahrsmonaten so mächtig, dass selbst, wenn er in den gegenüberliegenden Talwänden bereits verhallt, die riesige Wasserfontäne immer noch als silberner Streifen auszumachen ist. Es sind aber vier große Wasserfälle, die den Park berühmt gemacht haben: der Vernel Fall, der Nevada Fall und der Bridalveil Fall.
Während der Kontinent im Westen also um Nevada, Oregon, Washington und Kalifornien mit den Sierra Nevada ngewachsen ist, fand etwas weiter östlich ein weiteres Phänomen statt: noch eine weitere Gebirgskette erhob sich aus dem Boden: die Rocky Mountains. Dieses Gebirge erstreckt sich über 4.800 Kilometer von Nord-Mexiko bis nach British Columbia im Norden. Die Rocky Mountains entstanden zur gleichen Zeit wie die Sierra Nevada, befinden sich aber fast 1.000 Kilometer weit im Binnenland und entstand nicht am Rand von kollidierenden Erdplatten. Man vermutet, dass das Gebirge durch eine geologische Anomalie entstand, als vor 80 Millionen Jahren die Subduktionszone nicht wie gewöhnlich in einem 45-Grad-Winkel unter den amerikanischen Kontinent verlief, sondern sich die Platte viel dichter unter der Oberfläche entlang schob. Dadurch kam der Fels nicht tief genug, um in der Hitze zu schmelzen. Die Platte setzte also ihren Weg weiter fort und schob unterwegs die Erdkruste zusammen, so dass weit im Landesinneren die Rocky Mountains entstanden. Dieser Ablauf aber ist bis heute nicht bis ins letzte Detail geklärt.
Die Rocky Mountains durchziehen den gesamten Westen Nordamerikas – von Arizona im Süden bis Kanada im Norden – auf etwa 5.000 Kilometer Länge und bis zu 500 Kilometer Breite. Dabei bilden diese Berge die größte Wasserscheide des Kontinents und warten mit über vierzig Bergen über 4.000 Meter auf. Die rund 100 Bergketten der Rocky Mountains entstanden über mehrere Phasen der Erdgeschichte, verteilt über 170 Millionen Jahre. Größtenteils aber wurden sie vor 30 bis 70 Millionen Jahren aufgefaltet, als tektonische Kräfte eine große ozeanische Platte von Westen her unter den Kontinent schoben.
Vor allem in Kanada bilden sie eine beeindruckende Berglandschaft mit zahlreichen Gletschern und 3.000ern. Die Landschaft dort ist insbesondere während der Eiszeiten entstanden und wurde von zahlreichen Gletschern geformt, indem ihre Zungen breiten Täler ausformten, in denen heute zahlreiche Seen liegen. (Der höchste Berg des nordamerikanischen Kontinents liegt aber nicht in den Rocky Mountains, sondern in Alaska: der 6.190 Meter hohe Denali in der Nähe des Polarkreises. Kein anderer Gipfel dieser Erde ragt so hoch über die anderen Gipfel seiner Umgebung heraus wie „Der Hohe“, wie der Denali in der Sprache der indianischen Ureinwohner heißt.)
Eine Region, die an die Rocky Mountains angrenzt, war ebenfalls über Jahrtausende den Umwälzungen der Erde durch die tektonischen Verschiebungen ausgesetzt: der Yellowstone-Nationalpark im Staat Wyoming. Er umfasst eine Fläche von fast 9.000 Quadratkilometern und besitzt mit dem Yellowstone Lake den größten Bergsee Nordamerikas. Vor tausenden von Jahren überschwemmte dieser See nahezu das gesamte geographische Herz des Parks und hinterließ nach dem Rückzug des Wassers ein weites, offenes Tal: das Hayden Valley.
Unter ihm befindet sich ein sogenannter Supervulkan mit gewaltigen Kräften, dessen Ursprung lange unklar war. Inzwischen weiß man, dass der Yellowstone-Park auf einem sogenannten Hot-Spot liegt – einem Gebiet, unter dem ein besonders hohe Temperatur herrscht. Gewaltige Mengen Magma steigen hier aus der Tiefe auf sammeln sich in einer Kammer mehrere hundert Kilometer unter der Erde. Wird das Magma ausgestoßen, durchbricht es die Erdkruste und es entsteht ein Vulkan. Doch während sich die tektonische Platte darüber langsam weiter driftet, bewegt sich der Hot-Spot selbst nicht. Er hinterlässt also in regelmäßigen Abständen seine Spuren an der Erdoberfläche. In den letzten zwei Jahrmillionen war das Gebiet Schauplatz dreier großer Vulkanausbrüche, der letzte fand vor 642.000 Jahren statt. Tausende Tonnen geschmolzenes Gestein wurden damals herausgeschleudert und es bildete sich eine Caldera mit einem riesigen Becken von 72 Kilometer Länge und 52 Kilometer Breite.
Noch immer ist der Supervulkan aber nicht erloschen – Geysire wie der legendäre Old Faithful, Fumerole und andere heißen Quellen prägen die Landschaft im Yellowstone und weisen auf die vulkanische Aktivität hin, die hier unter der Oberfläche herrscht (62 Prozent aller weltweit existierenden heißen Quellen liegen im Yellowstone-Nationalpark). Nichts zuletzt sie haben dazu geführt, dass er im Jahr 1872 zum ersten Nationalpark der Welt erklärt wurde – und sie und der mit ihnen verbundene Schwefel haben ihm auch zu seinem Namen verholfen, „gelber Stein“. Dabei ist der Grand Prismatic Spring mit einem Durchmesser von 90 Meter die größte Thermalquelle Nordamerikas. Der leuchtende Ring um den Pool, der der Quelle ihren Namen gibt, wird dabei von Bakterien und Algen produziert, die je nach Temperatur ihre Farbe wechseln.
Unter dem Grand Prismatic Spring jedoch brodeln gigantische Magmafelder – der Supervulkan unter dem Yellowstone-Park ist der potentiell gefährlichste Vulkan der Welt. Seit 1973 gab es hier etwa 46.000 leichtere Beben, 3.000 jedes Jahr. Der Hot-Spot zeigte sich dabei vor 17 oder 16 Millionen Jahren erstmals an der Oberfläche im Gebiet von Nevada und Oregon. Damit lässt sich nachverfolgen, wie sich die nordamerikanische Platte über den Hot-Spot verschob. Der Westen der USA dehnt sich immer weiter aus, weshalb sich auch die Erdkruste über dem Hot-Spot ausdünnte und das Magma an dieser Stelle bis an die Erdoberfläche vordringen konnte.
Neben dem Hot-Spot unter dem Yellowstone-Park existiert ein weiteres einflussreiches Phänomen im Westen des nordamerikanischen Kontinents: die San-Andreas-Verwerfung. Sie erstreckt sich über 1.300 Kilometer Länge durch Kalifornien. An dieser Stelle schiebt sich die pazifische Platte weiter nach Nord-Westen, während die nordamerikanische Platte sich in die entgegengesetzte Richtung bewegt. Die Folge: die beiden Stücke der Erdkruste bewegen sich gegeneinander und lassen in regelmäßigen Abständen die Erde beben.
Kalifornien spaltet sich unaufhörlich vom amerikanischen Kontinent ab, mit einer Geschwindigkeit von fünf Zentimeter pro Jahr. In einer Million Jahren wird es eine Insel sein. Die San-Andreas Verwerfung ist vor rund 25 Millionen Jahren entstanden. Vor dieser Zeit war Kalifornien eine Subduktionszone, jetzt aber verschieben sich die Platten horizontal. Dadurch ist ein kompliziertes Netzwerk aus Rissen beziehungsweise Sekundärverwerfungen in der Region entstanden, die sich miteinander verbinden. Eine davon ist die Hayward-Verwerfung, die sich nach Osten erstreckt und die die Seismologen besonders besorgt. (Hier fand das Erdbeben von 1868 mit einer Stärke von 7 auf der Richterskala statt. Ein größeres gab es 1906 mit 8,2. Das letzte Erdbeben ereignete sich 1989.) Ein neues riesiges Beben ist also nur eine Frage der Zeit – und die gewaltigen Kräfte der Plattentektonik werden nicht aufhören, die Gestalt Nordamerikas weiter zu verändern.
Zentralamerika
Auch die Landschaft Mittelamerikas und der Karibik ist das Ergebnis einer bewegten geologischen Geschichte. Mit seiner Lage wischen Bergen und Meer zeigt Mittelamerika eine ungewöhnliche landschaftliche Vielfalt. Die Karibik im Osten, mit ihren zahlreichen Inselgruppen, grenzt direkt an den Atlantik an. Im Westen erstreckt sich ein schmaler Landstreifen von Mexiko bis nach Nordkolumbien und grenzt an den Pazifik an. Zwischen Nord- und Südamerika eingekeilt, ist diese Region seit jeher gewaltigen tektonischen Kräften ausgesetzt – bis heute lebt das tropische Paradies mit der ständigen Bedrohung von Erdbeben oder Vulkanausbrüchen.
Die Geschichte dieser Region ist einzigartig in der Erdgeschichte: Während die meisten Kontinente Jahrmilliarden Jahre alt sind, ist Mittelamerika deutlich jünger. Erst vor 150 Millionen Jahren entstand es aus den Tiefen des Meeres. In der Sierra Madre im Westen Mexikos – einer Gebirgskette, die das Land über eine Länge von 1.000 Kilometer durchquert – findet man Gipfel aus der frühen Entstehungsgeschichte Mexikos.
Vor rund 200 Millionen Jahren begannen das spätere Nord- und Südamerika nach Westen abzudriften. Sie stießen dabei gegen eine Ozeanplatte – die Vorstufe des pazifischen Ozeans. Diese sogenannte Farallon-Platte begann sich damals, bis vor etwa 20 Millionen Jahren unter den Erdmantel beziehungsweise die nord- und südamerikanische Platte zu schieben. Diese Subduktion löst magmatische und plutonistische Phänomene aus. Damit ist gemeint, dass magmatisches Gestein in die Tiefe dringt und es zu Vulkanismus kommt, also magmatisches Gestein an die Oberfläche kommt. So geschah es an der westlichen Sierra Madre, wo man noch letzte Überreste der Farallon-Platte finden kann, obwohl ein Großteil von ihr bei der Subduktion verschwunden ist. Und zwar in Form von Kupfer, das direkt von dieser Platte stammt: als sie sich unter die nordamerikanische Platte schob, wurde das wertvolle Mineral durch Wasser und Magma fortgespült und drang in die feinen Risse der kontinentalen Kruste ein. Das Kupfer-Vorkommen in Mexiko ist also eine direkte Folge der einstigen Kollision.
Bei ihrem Verschwinden setzte die Farallon-Platte die Entstehung Mittelamerikas in Gang. Außerdem überließ sie einer Ozeanplatte das Feld, die sich direkt hinter ihr befand: der Pazifikplatte. Vor 150 Millionen, Ende des Jura, kam es in diesem Ozean zu einem großen Ereignis, als die karibische Platte entstand. Spuren davon findet man bis heute auf der kleinen Antilleninsel La Désirade, wo sich die karibischen Wellen an einer stark zerklüfteten Küste brechen.
Überall auf den Antillen sind die Strände mit Basalt und vulkanischem Tuffstein übersät, wie es ihn heute nicht mehr gibt: Kissenlava, die in mehreren Tausend Meter Meerestiefe unter dem Druck von kaltem Wasser entstand. Sie sind das Ergebnis heftigen Vulkanismus über einem sogenannten Hot-Spot am Meeresgrund und bildeten sich, als bis zu 1.200 Grad heißes Magma aus dem Erdinneren hier austrat. Sie sind der Beweise dafür, dass die karibische Platte als Ergebnis tektonischer Bewegungen einst am Meeresgrund entstand – und zwar Mitten im pazifischen Ozean.
Später setzten die beiden amerikanischen Platten ihre langsame Drift nach Westen fort und die karibische Platte schob sich nach und nach zwischen die beiden. Vor etwa 100 Millionen Jahren erreichte die Karibikplatte so ihre heutige Position in den Tropen, an der Grenze zwischen atlantischer- und pazifischer Platte.
Doch auf ihrer Ostseite lief das Zusammentreffen mit dem Atlantik nicht ohne Zusammenstöße ab: Die beiden Ozeanplatten kollidierten heftig – und die eigentlich dichtere atlantische Platte tauchte unter die karibische Platte. An der Kontaktstelle reißt überall das Gestein und Magma spritzte aus der Tiefe auf. So bildete sich ein Bogen vulkanischer Inseln wie beispielsweise auch Guadeloupe.
Aber auch auf der Westseite stößt die karibische Platte auf Widerstand: mit der Südspitze des nordamerikanischen Kontinents tritt sie dort auf den Pazifik. Auch seine Platte schob sich nach und nach in die Tiefe (Subduktion) und sorgte ebenso für die Entstehung zahlreicher Vulkane. Der letzte tauchte vor weniger als einem Jahrhundert aus der Erde auf: Innerhalb von nur vier Tagen ist 1943 in Mexiko ein Vulkan von 60 Meter Höhe entstanden. Er reiht sich in die lange Kette von Vulkanen ein, die sich über die gesamte Westküste Mexikos erstreckt. Es ist die Region, mit der höchsten Vulkandichte in Amerika, die durch die Subduktion der pazifischen unter die nordamerikanische Platte bedingt ist.
Auch der Pazifische Feuerring resultiert daraus, dass sich in den Randgebieten der pazifischen Platte Subduktionszonen mit starker seismischer Aktivität befinden. Lösen diese Aktivitäten unterseeische Beben aus, können auch Tsunamis entstehen. Die nördliche Karibik ist davon besonders gefährdet: in den letzten 500 Jahren wurden hier über 50 Tsunamis aufgezeichnet.
Etwas weiter nördlich, bei den Großen Antillen, herrscht keine Subduktion vor, sondern hier verschieben sich die karibische und die atlantische Platte horizontal gegeneinander: Statt sich durch ein Subduktionsphänomen untereinander zu schieben, reiben sie sich aneinander und eine weitere, riesige Verwerfung entsteht – die mitten durch Haiti verläuft. Darauf ist auch das heftige Erdbeben mit der Stärke 7 im Jahr 2010 zurückzuführen, das über 230.000 Opfer forderte (wovon sich Haiti bis heute nicht vollständig erholt hat).
Im Westen wiederum sorgte ein anderes geologisches Ereignis vor drei Millionen Jahren dazu, dass der Isthmus von Panama entstand: Nord- und Südamerika berührten und verbanden sich – und etappenweise entstand so ein neues Gebiet. Dieser Prozess begann vor 15 Millionen Jahren, als sich die pazifische Platte unter die karibische schob: Damals bildete sich eine Kette vulkanischer Inseln, während zur selben Zeit tektonische Bewegungen Teile des Meeresbodens an die Oberfläche schoben. Auch andere Landstücke tauchten aus dem Meer auf. Sedimente sammelten sich im Laufe der Jahrtausende und füllten schließlich nach und nach die Zwischenräume. Dann verschloss sich der Isthmus vollständig vor nur drei Millionen Jahren.
Um den Atlantik wieder mit dem Pazifik zu verbinden schuf man im 20. Jahrhundert einen gigantischen Kanal: den Panamakanal, an dem noch heute gearbeitet wird, um ihn für breitere Schiffe schiffbar zu machen. Die Bauarbeiten legen dabei immer wieder Beweise für den großen interamerikanischen Faunenaustausch frei: Die Entstehung des Isthmus von Panama vor drei Millionen Jahren hat das biologische Gleichgewicht auf dem Süd- und Nordamerikanischen Kontinent verändert, denn nachdem sie 50 Millionen Jahre voneinander getrennt waren, gelangten nun, über die entstandene Landbrücke, neue Arten von Nord- nach Südamerika – und umgekehrt. Eine Wanderungsbewegungen von Tieren von einem zum anderen Kontinent setzte ein, was enorme Auswirkungen auf die biologische Vielfalt der beiden Kontinente hatte.
Südamerika
Südamerika hat die längste Gebirgskette, den dichtesten Regenwald, den mächtigsten Fluss und die größte Artenvielfalt der Erde – alles entstanden durch die unbändige Energie im Inneren der Erde: durch tektonische Verschiebungen, Erdbeben und Erosion.
Bei der Entstehung unserer Erde vor 4,6 Milliarden Jahren ist unser Planet ein gigantischer Feuerball. Dann kühlt er ab – und es entstehen die ersten Ozeane und die ersten Spuren von Kontinenten. Diese nähern sich an und bilden riesige Flächen auf der Erdkruste – die Kerngebiete der Kontinente. Einer dieser kontinentalen Kerne war vor zwei Milliarden Jahren der Amazonas-Kraton (Amazonia), der Grundstein Südamerikas. Diese Kerngebiete sind heute – kaum verändert – noch immer im Norden Brasiliens zu finden, auch wenn Wasser und Wind die Landschaft in Jahrmillionen verändert haben. Und zwar auf den abgeflachten Gipfeln der Berge, die die Indios Tepui, Tafelberge, nennen.
Im Laufe der Zeit verschiebt sich der Amazonas-Kraton und prallt dabei gegen andere Erdmassen. Vor 1,8 Milliarden befindet er sich im Zentrum des Superkontinents Columbia. Man kann in Südamerika mindestens vier Zyklen unterscheiden, in denen sich Superkontinente gebildet haben: Der älteste dieser Superkontinente aber ist Columbia, der jüngste ist Pangea im Mesozoikum vor 300 Millionen Jahren. So war das spätere Südamerika aufgrund der tektonischen Verschiebungen immer wieder Teil verschiedener Superkontinente.
Die Bewegung der urzeitlichen Kontinente aber ist kaum nachzuvollziehen, da kaum Spuren auf der Erde hinterlassen wurden. Die wenigen aber, die man gefunden hat, deuten darauf hin, dass die Landmassen, die heute Südamerika bilden, schon vor mindestens 900 Millionen Jahren vereint waren. Südamerika entstand durch den Zerfall des damaligen Superkontinentes.
Der neue Kontinent sollte allerdings weitere, tiefgreifende Veränderungen erleben: Vor etwa 700 Millionen Jahren bewegen sich die Landmassen der südlichen Hemisphären aufeinander zu und das zukünftige Südamerika kollidiert mit dem zukünftigen Afrika. Durch diese Verbindung entstand nicht nur der neue Superkontinent Gondwana – eine der wichtigsten Etappen bei der Entstehung von Südamerika -, sondern auch ein Gebirge, dessen letzte Überreste in Form von Granitfelsen noch heute in der Bucht vor Rio de Janeiro in Brasilien zu sehen sind: der berühmte Zuckerhut und der Corcovado („Bucklige“), ein 710 Meter hoher Berg, auf dem die Christusstatue thront zum Beispiel. Sie sind die letzten Zeugen dieses Ereignisses.
Aber auch auf der anderen Seite des Atlantiks, an der afrikanischen Küste finden sich Spuren von Gondwana, in Namibia zum Beispiel in der Region Kharas (mit der Stadt Keetmanshoop). Gigantische Granitfelsen ragen hier überall aus der weiten Ebene – sie gleichen jenen an der brasilianischen Küste. Erst 300 später beginnen Afrika und Südamerika wieder auseinanderzudriften und sind von nun an durch den atlantischen Ozean voneinander getrennt.
Durch das Auseinanderdriften entstehen Risse in der Erdkruste, durch die heißen Magma nach oben dringt und in die Felsenspalten fließt. Diese Magmaintrusionen sind in der namibischen Landschaft bis heute sichtbar, so genannte Dykes aus Dolomit (ein Basaltgestein) – ähnlich jenen Dykes im Yosemite-Park in Nordamerika.
Das spätere Südamerika driftet von an langsam nach Westen ab und trifft dort auf die riesige pazifische Platte und kollidiert mit ihr – es erheben sich die imposanten Gipfel des Andengebirges. Sie liegen genau dort, wo die beiden Platten aufeinander gestoßen sind. Im mittleren Teil, zwischen Peru, Chile und Bolivien sind die Berge der Anden besonders imposant. Hier ist die Gebirgskette über 1.700 Kilometer breit und über 6.000 Meter hoch.
Interessant hier ist, dass sich – anders als in den Alpen – keine Gesteinsschichten unterschiedlichen Alters übereinander gelegt haben, das heißt sie zeigen nur geringe Verformungen und keine ausgeprägten Faltenwürfe, allenfalls leichte Wellenbewegungen. Die Anden entstanden nämlich nicht nur die Kollision zweier Kontinentalplatten, sondern als die südamerikanische auf die pazifische Platte traf, sank diese durch ihre höhere Dichte in die Tiefen des Erdmantels. ab. Die Sedimente auf dem Meeresboden blieben auf der Oberfläche und lagerten sich auf den Rändern der beiden Platten übereinander. Dies wiederum führte zu einer Verdichtung der Erdkruste der Kontinentalplatte, die im Laufe der Zeit immer höher wurde. In den Anden ist die Erdkruste an einigen Stellen über 70 (!) Kilometer dick.
Ganz im Süden des Kontinents, in Torres del Paine, stellt sich die Landschaft der Anden aber ganz anders dar. Zwischen tiefen Tälern erheben sich hier Spitze Berge. Die Landschaft ist voller Kontraste und die Berge haben eine intensive braune Färbung – ganz anders als im nördlichen Teil der Anden. Dieser Teil der Anden entstand nämlich erst sehr viel später – und seine Entstehung ist um einiges komplexer.
Bei seiner Drift nach Westen trifft Südamerika auf die pazifische Platte, seine Südspitze aber befindet sich einige Millionen Jahre später in einem Gebiet, in dem bereits die pazifische und die antarktische Platte aufeinander getroffen sind. Auf die Erdkruste wird von allen Seiten hoher Druck ausgeübt und großen Mengen Magma steigen an die Erdoberfläche, was zu einer beachtlichen Erwärmung der Felsen führt, was wiederum ihre intensive Färbung bedingt.
Der Kontinent driftet noch immer weiter Richtung Westen, was an der südamerikanischen Küste bis heute regelmäßig für Erdbeben sorgt. Vor allem die Provinz Ilo im Süden Perus ist davon stark betroffen. Die Subduktionsprozesse in etwa 40 Kilometer Tiefe – als der Ort, wo sich die beiden Platten untereinander schieben – haben dabei auch zahlreiche Vulkane entlang der Andenkette hervorgebracht. Sie sind Teil des Pazifischen Feuerrings, der entstanden ist, weil der Pazifik rundherum von Subduktionszonen wie im Fall der Anden umgeben ist.
Der mittlere Abschnitt der Anden – die Zentralkordillere – entstand in mehreren Etappen: Als die pazifische Platte unter der südamerikanischen Platte abtaucht, schiebt sie deren Kruste nach oben. Eine erste Gebirgskette entsteht – die östliche Kordillere mit ihren hohen, schneebedeckten Bergen. Am Rande der südamerikanischen Kontinentalplatte führt die Subduktion zu einer Erhitzung der Erdkruste und bringt diese zum Schmelzen. Aus dieser flüssigen und verformbaren Masse entsteht im Laufe von Jahrmillionen die Hochebene des Altiplano. Intensive vulkanische Tätigkeit führt später dann zur Bildung einer zweiten Gebirgskette – der westlichen Kordillere mit ihren nicht sehr hohen Bergen – die im westlichen Teil des Altiplanos eine natürliche Schranke bildet.
Im Osten der Anden liegt das Amazonasbecken mit seiner außergewöhnlichen Artenvielfalt. Der tropischen Regenwald im Amazonasbecken ist sechs Quadratkilometer groß und damit der größte zusammenhängende Regenwald der Erde. Man geht dass hier über 1,4 Millionen verschieden Tier- und Pflanzenarten leben – mehr als die Hälfte aller auf der Erde vorkommenden Arten. Die Geschichte des Amazonasregenwaldes ist dabei eng mit der der Anden verbunden: In der Zeit als sich die Gebirgskette der Anden herausbildete, war das Amazonasbecken immer wieder von großen Wasserflächen bedeckt. Das letzte Mal vor etwa 12 Millionen Jahren – und es handelte sich dabei um ein Binnenmeer mit Salzwasser. Darauf verweisen Funde fossiler Austern mitten im Regenwald.
Im Laufe der Zeit zog sich das Binnenmeer im Amazonasbecken zurück und machte Platz für den mächtigsten Fluss der Erde: den Amazonas. Im Laufe dieser Evolutionsgeschichte konnte sich hier eine einzigartige Artenvielfalt entwickeln.
Asien
Vor 4,6 Milliarden Jahren war die Erde ein Feuerball aus geschmolzener Materie. Am Ufer des Baikalsees in Russland findet man heute die ältesten Felsen Asiens – aus der Frühzeit nach der Abkühlung unseres Planeten, als sich die ersten Landmassen zusammenfügten. Es sind Felsen des sibirischen Kratons und die darin gefundenen Mineralien, Zirkone, sind 3 bis 4 Milliarden Jahre alt. Der sibirische Kraton ist damit die erste Landblock des asiatischen Kontinents.
Vor etwa 1,9 Milliarden schloss sich das Gestein dieses uralten Kratons mit jüngerem Gestein zusammen – der Beweis, dass sich Asien zu dieser Zeit ausdehnte. Vor 2 Milliarden Jahren befanden sich nur etwa 30 Prozent der heutigen Landmasse Asiens auf der Erdoberfläche. Doch im Lauf der Zeit verleibte sich Sibirien immer mehr Landmassen ein: Sibirien, das Herzstück des Kontinents, verband sich im Lauf der Zeit mit ausgedehnten Gebieten wie der Mongolei und China. Im Zentrum dieses Geschehens stand der Baikalsee, an dessen Südufer sich die Ereignisse anhand des dortigen Gesteins rekonstruieren lassen.
Vom sibirischen Kraton und dem Baikalsee aus begann die Tektonik das heutige Asien zu formen. Vor 500 Millionen Jahren legte Nordchina eine Strecke von 2.000 Kilometer zurück, ehe es mit voller Wucht gegen Sibirien prallte. Am westlichsten Rand des noch jungen asiatischen Kontinents wiederum stieß Nordeuropa – damals noch Teil des Superkontinents Pangea – gegen Sibirien. Bei diesem Zusammenprall erhob sich eine Gebirgskette von 2.000 Kilometer Länge: der Ural. Die Energie dieses massiven Aufpralls hinterließ zahlreiche Eisen-, Zink- und Kupfer-Vorkommen in der Region.
Bei der Entstehung des Urals drang unterirdisch 300 Grad heißes Wasser aus den Tiefen der Erde in das Gestein ein. Dieses Wasser stand unter einem sehr hohen Druck und ließ das Gestein kristallisieren – man nennt das einen schwarzen Raucher, eine Art Unterwassergeysir, der unter bestimmten Bedingungen wie Hitze und hohem Druck entsteht. Auf seinem Weg durch die Spalten hinterließ das Wasser Mineralablagerungen – das erklärt die Erzvorkommen im Ural. Das Zink-Mineral beispielsweise entstand in dieser Zeit aus den so abgelagerten Sulfiten.
Nach dem Zusammenschluss von Europa und Asien verband der Superkontinent Pangea alle Landmassen der Erde bis auf Südchina, das isoliert mitten im pazifischen Ozean trieb. Damals war die biologische Vielfalt auf der Erde außerordentlich reich und breit gefächert, doch eine große Kehrtwende stand unmittelbar bevor, denn die Tektonik spaltete vor 250 Millionen Jahren den Nordwesten Sibiriens. Dadurch tat sich die Erdkruste auf – und drei Millionen Kubikmeter Lava überfluteten eine Fläche von der Größe Europas. Es war die größte Vulkanaktivität seit der Entstehung der ersten Landmassen. Dieses Ereignis hatte kritische Auswirkungen auf die Umwelt: die Atmosphäre reicherte sich mit giftigen Gasen an und das Gleichgewicht der Ozeane kippte.
Seltsamerweise lassen sich die Auswirkungen dieses verheerenden Vulkanausbruchs in Sibirien in Südchina am besten beobachten, obwohl es damals noch vom jungen Kontinent Asien abgetrennt war – und zwar anhand der sogenannten Perm-Trias-Grenze in Gesteinsformationen, die gewissermaßen eine Grenze zwischen Leben und Tod markiert: Im Kalksteinmassiv aus dem Perm kann man noch viele Fossilienspuren erkennen; Im unmittelbar daran anschließenden Bereich darüber allerdings findet man dann absolut keine Spuren von Leben mehr. Das Massensterben der geologischen Vielfalt – etwa 98 Prozent der im Meer lebenden Tierarten starben damals – ist hier also so deutlich markiert wie vielleicht nirgendwo anders. Die Dinosaurier allerdings überlebten die Katastrophe und sollten das Tierreich bald beherrschen.
Pangea brach vor 220 Millionen auseinander und die Kontinente drifteten ab. Es ist noch unklar, wie sich die Mikrokontinente fortbewegten, die heute Süd-Ost-Asien bilden. In Thailand aber fand man Fossilien von Dinosauriern, die auch in China lebten, was bedeuten würde, dass die beiden Länder am Ende des Jura eine Landmasse bildeten.
Zur selben Zeit hatte sich weiter südlich Urindien bereits aus dem Landblock aus Afrika, Südamerika, Australien und der Antarktis gelöst und driftete nun mit hoher Geschwindigkeit (15 Zentimeter pro Jahr) Richtung Norden und verband sich schließlich vor 50 bis 35 Millionen Jahren mit Süd-Ost-Asien. Auf seinem Weg nach Südasien, in seine heutige Position, überquerte Indien vor 70 Millionen Jahren auch einen permanenten Hot-Spot in der Erdkurste, was erklärt, weshalb heute riesige Mengen Basalt in dem Land vorkommen in einer Region, in der es weit und breit keine Vulkane gibt.
Unter der Oberfläche bildeten sich damals enorme Mengen Magma. Extrem heiße Steine stiegen auf und durchbohrten förmlich den Subkontinent. So konnten sich Lavaströme über tausende Kilometer über Indien ausbreiten – oft mehrere Kilometer dick wie bei den Dekkan-Traps –, das dann zu Basalt wurde. Der ganze Prozess dauerte vermutlich fünf Millionen Jahre lang an. Inzwischen diskutiert man, ob die dabei ausströmenden Gase nicht zum Aussterben der Dinosaurier geführt haben könnte? Wie dem auch sei – die Welt befand sich damals an einem Wendepunkt für das Leben, bei dem dann ein Meteoriteneinschlag nur noch für die endgültige Katastrophe gesorgt hätte.
Beim Zusammenprall Indiens mit Süd-Ost-Asien entstand die höchste Gebirgskette der Welt: der Himalaya. 14 seiner Berge sind über 8.000 Meter hoch – und sie alle werden vom 8.848 Meter hohen Mount Everest überragt. Das Gebirge bildete damals allerdings noch den Meeresboden in mehreren Kilometern Tiefe. Beim Zusammenprall wurde dieser Boden in der horizontalen komprimiert und in der vertikalen verdickt: Auf seinem Weg nach Norden komprimierte Indien die Ozeanplatte, die es von Asien trennte. Der Meeresboden wurde dabei so gefaltet, dass er aus dem Wasser heraus trat – und schließlich mehrere Kilometer hoch gedrückt wurde. Deshalb findet man heute Fossilien von Meeresbewohnern wie Ammoniten im Himalaya.
Der Himalaya zieht sich in einem über 3.000 Kilometer langen Bogen von Pakistan im Westen bis Myanmar im Osten. Das Gebirge trennt den indischen Subkontinent von Zentralasien. In geologischen Zeiträumen bemessen ist er noch jung: seine Entstehung beginnt vor etwa 40 bis 50 Millionen Jahren, als die indische Kontinentalplatte von Süden her mit der eurasischen zusammenstößt und sich unter diese schiebt. Ein Prozess, der immer noch andauert: bis heute wächst das Himalayagebirge um etwa ein Zentimeter pro Jahr.
Aus den Gletschern des Himalayagebirges speisen sich die großen Flüsse Asiens wie etwa der Mekong im Norden, aber auch Indus, Brahmaputra oder Ganges im Süden. Neben Monsunregen und Schnee, Eis und Wind bearbeiten auch insbesondere auch die zahrleichen Flüsse die Berge des Himalayagebirges unablässig und graben tiefe Täler zwischen den Felsen.
Nachdem Indien den Meeresabschnitt, der es von Asien trennte, verschlossen hatte, begann es sich unter den Kontinent zu verschieben. So hat es bis heute etwa ein Drittel seiner ursprünglichen Fläche eingebüßt – und wird irgendwann ganz verschwunden sein. Hierin liegt Grund dafür, dass der Himalaya noch immer wächst. Denn durch die Subduktion hat sich die Kruste außerordentlich stark verdickt. Das zusätzliche Gewicht hat nun einen Teil des kühleren Gesteins der Ozeanplatte tiefer ins Erdinnere unter den Himalaya geschoben. Dort haben die viel höhere Temperaturen und der wesentlich höhere Druck zum Schmelzen der Sedimente geführt, wodurch sich Granit bildete. Granit aber faltet sich nicht, wie man es von anderen Gesteinsschichten kennt, sondern ist magmatisch und damit formbar – und wird unter Druck nach oben gepresst.
Man geht davon aus, dass ein Großteil des Himalaya aus solchen metamorphen Steinen entstanden ist: Der untere Teil des Himalaya wird so nämlich durch immer wieder neu hinzukommendes Gesteinsmaterial angehoben, das unter dem übermäßigen Gewicht des Himalayagebirges herausgepresst wird. Das würde zumindest die außergewöhnliche Höhe seiner Gipfel erklären und die Tatsache, warum sie noch immer wachsen.
Der Himalaya ist so hoch, dass die heißen und feuchten Winde im Sommer zwischen seinen Gipfeln hängenbleiben und als sintflutartige Regenfälle niedergehen – als Monsun. Seit Jahrmillionen trägt dieser strömende Regen die Berge ab und schwemmt Sedimente fort. Oben auf dem Berg erodieren Gletscher das Bergrelief – Stück für Stück wird der Himalaya so abgetragen. Der erste Teil dieser Sedimentwanderung findet in den Siwalik-Bergen statt, einer kleinen Bergkette vor der Südflanke des Himalaya, schließlich gelangen die Sedimente in die Bucht von Bengalen.
Der größte Teil der Sedimente aus dem Siwalik-Gebirge wird von zwei großen Flüssen befördert: dem Ganges und dem Brahmaputra, die dieses Gesteinsmaterial über 3.000 Kilometer weit transportieren und schließlich im Mündungsdelta am Golf von Bengalen zusammenfließen. Das Sediment sammelt sich in den Verwerfungen, die Indien entstehen ließen als es sich unter den asiatischen Kontinent schob. Diese Verwerfungen führen direkt zu einem noch relativ jungen Schwemmland: Bangladesch. Es entstand vor knapp 30 Millionen Jahren – und ist damit das jüngste Stück Asiens.
Ganz Bangladesch ruht auf einem gewaltigen Sedimenthaufen und besteht aus Sümpfen und temporären Wasserläufen. Nur die Sedimente aus dem Himalaya – etwa eine Milliarde Tonnen jährlich (!) – verhelfen Bangladesch dazu, dass es sich in einem relativ stabilen Gleichgewicht über Wasser hält – denn der Süden des Landes tendiert dazu, unter den Meeresspiegel zu rutschen. Das feine Sedimentmaterial gelang dabei weit in den Golf von Bengalen hinein – man schätzt, das dort inzwischen etwa das dreifache Gesteinsvolumen des Himalaya liegt: Material von etwa 30 Kilometern Dicke, das über einen Zeitraum von 20 Millionen Jahren dort abgelagert wurde.
Über Jahrmilliarden entstand Asien durch gewaltige tektonische Kollisionen und vulkanische Aktivitäten. Asien bildet zwar ein zusammenhängendes ganzes ist aber keinesfalls statisch. Noch immer bewegen sich die tektonischen Platten – und das sich gegenwärtig die indische Platte unter Asiens Landmasse schiebt, wird aller Wahrscheinlichkeit irgendwann in der Zukunft zu einer Katastrophe in Nepal führen – das kleine Land ist zwischen Indien und dem restlichen Asien eingekeilt. Die Gegend im Nordwesten Kathmandus, der Hauptstadt Nepals, gehört zu jenen Regionen weltweit, die sich am schnellsten bewegen, nämlich 2 bis 4 Zentimeter jährlich. Wenn die im Untergrund des Himalaya aufgebauten Spannungen zu heftig werden, kommt es zu Erdbeben, das letzte ist bereits schon wieder 300 Jahre her.
Indiens tektonischer Vorstoß bedroht aber nicht nur Nepal, sonder dadurch, dass sich die Landmasse wie ein Pfeilspitze vorwärts schiebt, bewegen sich ganz Indochina, Indonesien und Java in Richtung Ozean. So entsteht ein Kontinentalplateau von fast 3.000 Kilometer Länge, umgeben von einem Kranz aus Inseln, die durch instabile Meeresgründe voneinander getrennt sind. In diesem riesigen Gebiet spielte sich in prähistorischer Zeit auch ein wichtiges Kapitel der Menschheitsgeschichte ab. Die erste Entdeckung dieser Inseln durch den Menschen hätte ohne die Tektonik nie stattfinden können.
Auf der Insel Java wurden in Sangiran zahlreiche Funde gemacht: uralte Menschenschädel neben jüngeren – es sind die ersten Inselbewohner der Menschheitsgeschichte. Die Menschen gelangten in der Eiszeit in dieses entlegene, hunderte Kilometer von den Kontinenten entfernte Gebiet, als sich durch eine globale Abkühlung durch die sich ein Teil des Wassers der Erde als Eis an den Polen sammelte. Durch diese geomorphe Veränderung ging der Meeresspiegel zurück, und zwar über einen Zeitraum von 2,5 Millionen Jahren, und der Homo erectus gelangte nach Java. Als das Eis am Ende der Eiszeit schmolz, saß der Homo erectus auf der Insel fest.
Das Meer stieg nun innerhalb weniger Jahrmillionen um etwa 130 Meter an. Aus einem Kontinent mit vielen Tälern, in denen die Menschen überall verteilt lebten, wurde eine Inselgruppe. Dieses Phänomen wiederholte sich mehrfach – und betraf später auch den Homo sapiens.
Südostasien kann zum Ozean hin abgetrieben werden, weil kein geologisches Hindernis die durch Indien angestoßene Bewegung aufhält. Im Norden des Himalaya hingegen erhebt sich direkt hinter dem tibetischen Hochebene eine deutliche Hürde: eine Gebirgskette, die als echte geologische Barriere von 300 Kilometern Länge dem Vorstoß der indischen Platte Einhalt gebietet. Deshalb muss das tibetische Plateau unweigerlich die im Süden ausgelöste tektonische Stoßwelle auffangen. Bei dieser Parallel zum Himalaya verlaufenden Bergkette handelt es sich um das Kunlun-Gebirge.
Direkt am Fuß dieses Gebirges verläuft eine Verwerfung, die sogenannte Kunlun-Verwerfung. Die indische Platte entfaltet hier eine solche tektonische Kraft, dass durch sie nicht nur der Himalaya entstanden ist, sondern sie sorgt auch dafür, dass das gesamte, 1.000 Kilometer weiter nördlich gelegene, tibetische Plateau entlang der Kunlun-Verwerfung seitwärts nach Osten verschoben wird. Doch diese Verschiebung geht nicht reibungslos vonstatten, sondern manchmal sammeln sich tief im Erdinnern auch Spannungen an, was dann zu Erdbeben führt. Das letzte große mit 7,8 war hier 2001.
Die tektonischen Verschiebungen entlang der Kunlun-Verwerfung haben spektakuläre Auswirkungen auf Asiens Geomorphologie. Einige hundert Kilometer weiter beispielsweise verdankt die Wüste Badain Jaran in der inneren Mongolei ihre Besonderheit diesen Verschiebungen: ihre bis zu 500 Meter hohen Sanddünen sind die höchsten Wüstenerhebungen der Erde – und sie sind stationär und wandern nicht mit dem Wind. Am meisten aber überraschen die 75 Seen am Fuß der Dünen, die nie austrocknen. Das Wasser dafür kommt aus dem Kunlun-Gebirge über unterirdische Sickerungen beziehungsweise ein Netz von tiefen Verwerfungen hierher: Die Verwerfungen sorgen für vulkanische Tätigkeit und große Hitze in der Tiefe, wodurch das versickerte Wasser erwärmt wird, verdunstet und nach oben in die Dünen steigt, wo es wieder abkühlt und so die Seen am Fuß der Dünen in Badain Jaran füllt.
Den Kunlun-Verwerfung folgen im Osten weitere Verwerfungen, die ebenfalls immer wieder für schwere Erdbeben sorgen, wie beispielsweise 2008 in der Region Sichuan eines mit der Stärke 8,0. Erdbeben kommen auch entlang der gesamten Ostküste Asien vor – das Tōhoku-Erdbeben 2011 mit dem anschließenden Tsunami 2011 war wohl eines der verheerendsten.
Bekanntlich hat der Tsunami auch Fukushima in Japan getroffen: Ganz Japan sitzt rittlings auf der Grenze zwischen der pazifischen und der atlantischen Platte. Der Pazifik dringt bis zu diesem Vorposten des asiatischen Kontinents vor. Man bezeichnet dieses Gebiet extremes seismischer und vulkanischer Aktivität als Pazifischer Feuerring. Gegenüber dem japanischen Archipel im Osten sind diese Kräfte am eindrucksvollsten – sie rissen diesen Mikrokontinent vom asiatischen Festland ab. Außerdem ist Japan direkt von der mit mehr als 10.000 Metern tiefsten unterseeischen Verwerfung betroffen.
Seit jeher leben die Japaner mit einem schwankenden Untergrund – auch in der Megametropole Tokio, wo fast 35 Millionen Menschen auf engstem Raum leben. Zu Japan gehören insgesamt 110 der insgesamt etwa 1.400 aktiven Vulkane auf dem Pazifischen Feuerring. Am berühmtesten ist der Vulkan Fuji, der erst vor knapp 100.000 Jahren entstand. Jeder seiner Ausbrüche ließ den Vulkan noch höher in den Himmel wachsen. Heute ragt er über 3.700 Meter weit auf – und stellt ein großes Risiko für den gesamten Südosten Asiens dar, obwohl er zuletzt 1707 ausgebrochen ist.
Man vermutet, dass sich unterhalb des Fuji zwei Magmakammer befinden. Die tiefer gelegene ist weniger gefährlich, weil sie gewöhnliche Basalt-Lava enthält. Aber je mehr Andesit-Magma bei einem Ausbruch aus der oberen Kammer enthalten ist, desto explosiver wird die Mischung, was wiederum zu heftigeren Eruptionen führen kann. Das Andesit-Magma könnte zu pyroklastischen Strömen führen: Die bei einer Explosion entstehende Aschewolke fällt dann in sich zusammen und es stürzt gemeinsam mit heißem Magma mit hoher Geschwindigkeit den Berg herab. Wäre der Fuji nur ein Basalt-Vulkan, wäre das Risiko einer Explosion gering.
Die Vulkane des Pazifischen Feuerrings haben eine Besonderheit, die Aufschluss über ihre Aktivität in der Tiefe geben könnte: sie reichern Gold im Boden an. Das gilt zum Beispiel für den Pinchincha bei Quito in Peru, auf den der Schatz der Inka zurückgehen soll. Mit ihm begann der Mythos um das legendäre „Eldorado“ – ein sagenhaftes Goldland im Innern des nördlichen Südamerika. Aber die größten Goldvorkommen finden sich im Südosten des Pazifik: Der Prozess der Goldanreicherung erfolgt so, dass Gold an den Nahtstellen tektonischer Platten zunächst mit der Magma aus der Tiefe nach oben kommt. Gasausstöße von Fumerolen enthalten denn auch hohe Konzentrationen an Chlor, das in verschiedenen Formen vorliegt – auch in Form flüchtiger Goldchloriden. Man geht davon aus, dass mit den Gasen Gold transportiert wird, das sich dann anderswo wieder ablagert.
Afrika
Afrikas geologische Geschichte begann in der Frühzeit unseres Planeten. Die ersten afrikanischen Gebiete entstanden und waren später in einen gigantischen Superkontinent eingeschlossen. Als sie sich daraus befreiten, kam es zu tiefgreifenden Veränderungen, bis am Ende das Afrika entsteht, das wir heute vor Augen haben. Diese turbulente Vergangenheit lässt sich noch heute aus dem Gestein ablesen.
Nach der Abkühlung der Erde entstanden die ersten Protokontinente, die sich mit der Zeit einander annäherten. Die Ozeane hingegen versanken in der Tiefe des Erdmantels, wo gigantische Kräfte freigesetzt wurden: Unter der Landoberfläche stiegen Temperatur und Druck exponentiell an. Unter diesen Extrembedingungen kam es mancherorts zur Kristallisation von Kohlenstoff, der zu Diamanten wurde. In Südafrika (Kimberley) etwa kann man sie heute noch finden.
Die Gegend um Kimberley gehört zu den ältesten Landstücken Afrikas, das heißt man findet hier einen sogenannten Kraton – ein Gebiet, dass seit Jahrmilliarden unverändert ist.Vor allem aber stießen genau hier in der Frühgeschichte der Erde, vor 2,9 Milliarden Jahren, zwei Stücke der Erdkruste zusammen und es entstanden jene Diamanten, die Kimberley Ende des 19. Jahrhunderts Wohlstand brachten: 1867 entdeckte in junger Landwirt auf dem Seitenhang eines Hügels den ersten – es war der Anfang des Bergbaus. Wo der „Eureka“, so nannte man den ersten Diamanten, gefunden wurde, klafft heute das Big Hole: die Mine hat einen Durchmesser von 500 Meter und ist das größte Loch, das je von Menschenhand gegraben wurde – bis man einen Vulkanschlot freigelegt hatte.
Die Diamanten von Kimberley entstanden in etwa 100 Kilometer Tiefe. Erst viel später bildete sich ein Vulkan an der selben Stelle. Dadurch wurden die Diamanten, der Kimberlit, nach oben befördert – und der Vulkankegel später durch Erosion abgetragen. Die Diamanten zeugen insofern von vulkanischer Aktivität in der Vergangenheit und davon, dass sich Kimberley auf einem Vorläufer des späteren Afrikas befindet.
Nach seiner Entstehung wuchs dieses frühe afrikanische Gebiet nach und nach, das heißt weitere Inseln der Erdkruste stießen gegen den Kraton und verschmolzen über Jahrmillionen miteinander. Doch vor 2 Milliarden Jahren erschütterte ein verheerender Einschlag plötzlich die gesamte Region.
Er ereignete sich im Nordosten Südafrikas, an der Stelle, wo sich heute Vredefort befindet. Denn hier ist damals ein Meteorit mit einem Durchmesser von über 10 Kilometer eingeschlagen. Dadurch entstand ein Krater von über 300 Kilometer Durchmesser und 30 Kilometern Tiefe – eine der verheerendsten Katastrophen der Erdgeschichte, die Sedimente aus der Zeit vor 3,6 Milliarden Jahren an die Oberfläche beförderte. Der Meteorit verändert Afrika von Grund auf, es war aber nicht der letzte Einschlag.
Die Erdmassen der Südhalbkugel konvergierten weiter und bildeten vor 800 Millionen Jahren den Superkontinent Gondwana – ein zentrales Kapital in Afrikas Entstehungsgeschichte, das sich im Fish River Canyon in Namibia heute beobachten lässt. Mit 160 Kilometer Länge und teilweise 27 Kilometer Breite ist er der mit Abstand größte Canyon des gesamten Kontinents. Der Fish River hat sich hier immer tiefer in Boden gegraben und ist dabei bis zu Gesteinsschichten aus der Zeit Gondwanas vorgedrungen. Sie befinden sich heute am Talgrund.
Vor 700 Millionen Jahren kollidierte hier die künftige südamerikanische Platte mit Afrika – doch weiter nördlich stieß ein kleines Landstück ebenfalls mit Gondwana zusammen. Die Spuren dieses Ereignisses findet man heute im Sultanat Oman auf der arabischen Halbinsel in sogenannten Dykes. Das sind sind Magmaeinschlüsse im Erdmantel: Dabei drängt Magma aus der Tiefe der Erde, presst sich durch die Kruste und ändert dabei seine Zusammensetzung. Es drängt senkrecht nach oben und erscheint an der Oberfläche. Sie entstanden vor 700 Millionen Jahren, als es zu heftigen tektonischen Bewegungen zwischen den Platten kam. Das kann man anhand der Magnetisierung des Gesteins feststellen: Die Erde ist von einem starken Magnetfeld umgeben, dessen Neigung an jedem Punkt des Erdballs variiert. Als sich die Dykes bildeten, wurde das in ihnen enthaltene Eisen regelrecht magnetisiert: Die Kristalle richteten sich genau nach der Achse des damaligen Magnetfelds aus. Das Gestein bewegt sich anschließend durch plattentektonische Bewegungen an der Erdoberfläche, doch die Kristalle in den Dykes verbleiben in ihrer ursprünglichen Position. Sie haben somit die Lage des Gesteins – und damit des Kontinents – zum Zeitpunkt ihrer Entstehung gespeichert. Man spricht hier von Paleomagnetismus – über den man dann den Breitengrad errechnen kann, auf dem die Dyeks entstanden sind.
Weiter südlich, in Kapstadt, zeugt auch der Tafelberg von einer sehr frühen plattentektonischen Kollision vor etwa 540 Millionen Jahren: Die Platte, aus der später Lateinamerika entstand geriet in Kontakt mit Westafrika, durch Drehung um ihre eigene Achse prallte sie jedoch auch gegen Südafrika. Der Zusammenprall setzte starke Kompressionskräfte in beiden Kontinenten frei. Dabei entstand auch der Tafelberg, der zu einer deutlich größeren Bergkette – dem Kap-Faltengürtel??? – gehörte, die eben zur selben Zeit entstand wie Gondwana. Am Fuße des damaligen Kap-Faltengürtel stieg außerdem magmatisches Granit nach oben, dass noch heute zu ziemlich überall an der südafrikanischen Küste vorzufinden ist.
Der Tafelberg ist 1.780 Meter hoch und umschließt das historische Zentrum Kapstadts wie ein Amphitheater. Geologisch gesehen ist er sehr alt: seine oberen rund 600 Meter starken Schichten bestehen aus über 450 Millionen Jahre altem Sandstein. Vor allem die oberste Lage ist ungewöhnlich, denn da hat der Sandstein einen hohen Anteil von Quarzit, was ihn besonders hart macht. Dieser spezielle Tafelbergsandstein ist äußerst korrosionsbeständig. Er bildet die charakteristischen grauen Felsbänder des Berges. Jahrmillionen von Erosion haben die Hochebene des Tafelberges mit ihrer kargen Landschaft erschaffen. Während der Eiszeiten hobelten Gletscher den Berg regelrecht ab. In den Warmzeiten dazwischen ragten die Bergkuppen zeitweise als Inseln aus dem Wasser.
Vor 500 Millionen Jahren war die Entstehung Gondwanas abgeschlossen, das heißt alle Kontinentalplatten der Südhalbkugel hingen zusammen. Das künftige Afrika befand sich in dessen Zentrum. Doch die tektonischen Bewegungen hörten damit nicht auf: langsam trieb Gondwana über die Oberfläche des Erdballs ab – und die Spitze des afrikanischen Kontinents landete auf der Höhe des Südpols. Für die Erde begann eine Phase der Klimaabkühlung und ein Großteil von Gondwana wurde mit einer dicken Eisschicht überzogen. In Damaraland in Namibia findet man noch heute Spuren dieser Eiszeit – mitten in der Savanne: hunderte von versteinerten Bäumen, die seit Jahrmillionen perfekt erhalten blieben. Sie sind damals eingefroren und wurden relativ schnell von einer Sedimentschicht überdeckt – so hatten sie keinen Sauerstoff zur Verfügung, um wieder auszuschlagen. Im Zuge eines sehr langsamen geologischen Prozesses wurden dann alle Holzzellen durch Mineralien ersetzt, die im Sediment kristallisierten. So sehen die Steinbäume echten Holzbäumen noch heute zum Verwechseln ähnlich.
Bei den versteinerten Bäumen handelt es sich um Arten aus dem Norden, das heißt, als sie versteinerten, ähnelte die Region hier dem heutigen Kanada: das Klima war feucht und kalt. Die Bäume beweisen also, dass sich Gondwana vor 300 Millionen Jahren auf der Höhe des Südpols befand. Doch etwa später wanderte der Superkontinent wieder nach Norden. Die Eiszeit war beendet und die Temperaturen stiegen wieder und das Eis schmolz. Gewaltige Wassermassen ergossen sich über die gesamte Region.
Nach Jahrmillionen des festen Zusammenhalts lösten sich die Kontinente voneinander. Sie nahmen daraufhin eine sehr unterschiedliche Entwicklung: Indien stieß gegen Asien und ließ den Himalaya entstehen, das höchste Gebirge der Erde. Australien wurde zum unabhängigen Ökosystem. Ein Inselkontinent der vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Die Antarktis landete am Südpol und verschwand unter ewigem Eis. Südamerika wanderte westwärts. Hier findet man heute die längste Gebirgskette, den dichtesten Wald und den mächtigsten Fluss der Erde.
Weniger spektakulär ist Madagaskars Ablösung von der afrikanischen Küste vor 165 Millionen Jahren, aber doch ungewöhnlich. Denn zunächst blieb es noch mit Indien verbunden, doch vor etwa 120 Millionen Jahren löste es sich wiederum von Indien und driftete in seine heutige Position etwa 400 Kilometer vor Ostafrika. Erst vor 88 Millionen Jahren wurde die Insel komplett isoliert. Doch im Laufe der Jahre bildete sich auf der roten Insel ein besonderes und einzigartiges Ökosystem – die Tiere spiegeln diese ungewöhnliche geologische Geschichte wieder, dutzende Tiergarten gibt es nirgendwo sonst, beispielsweise die Lemuren: über 100 verschiedene, vollkommen endemische Arten dieser Primaten hat man auf Madagaskar entdeckt. Sie werfen die Frage auf, wie es hier Primaten geben kann, wo die doch auf anderen Kontinenten erst nach der geologischen Trennung auftreten? Ihr Ursprung ist bis heute ungeklärt.
Seit 100 Millionen Jahren hat Afrika seine heutige Form, doch seine Geschichte ist noch längst nicht abgeschlossen: Eine gewaltige Kluft zieht sich durch den Osten Afrikas: der große afrikanische Grabenbruch. Insgesamt erstreckt sich der Grabenbruch über rund 6.000 Kilometer Länge und reicht von vom Grenzgebiet der Türkei zu Syrien im Norden – wo im Februar 2023 gerade erst ein gewaltiges Erdbeben für verheerende Zerstörungen gesorgt hat – über das Jordantal und das Rote Meer bis nach Kenia und weiter nach Mocambique.
Über die gesamte Länge des Grabens bewegen sich unter der Erdoberfläche zwei tektonische Platten mit der Geschwindigkeit von etwa einem Zentimeter pro Jahr auseinander, während aus dem Erdinneren heißes Material nach oben drängt, Erdbeben auslöst und Vulkane wachsen lässt: etwa 100 aktive Vulkane gibt es allein im Ostafrikanischen Grabenbruch, mitunter die höchsten Erhebungen Afrikas. Die vulkanische Aktivität speist auch einige heiße Quellen im und am Grabenbruch, die von einigen afrikanischen Ländern auch zur Energiegewinnung genutzt werden. Am Ende des Grabens, in Kenia, liegt eine ganze Kette von Seen, die bis zu 1.500 Meter tief sind. Viele davon werden aus heißen Quellen gespeist.
Zur Zeit besteht der Grabenbruch aus einem riesigen eingekesselten Tal von mehreren Kilometern Breite. Der Grabenbruch entstand, als es vor einigen Jahrmillionen zu einer Absenkung des gesamten Tals kam: Das Meer drang mehrmals in die Senke ein und lagerte hier mehrfach Sedimentschichten ab, beispielsweise an der südlichsten Spitze des Grabenbruchs in Mocambique, wo fossile Knochen, geschützt vom Sediment, diese Zeit bis heute überdauerten. Durch die Erosion tauchen heute große Mengen von Fossilien an der Oberfläche des Grabenbruchs auf.
Manche Forscher gehen davon, dass die Bildung des Grabenbruchs zur Entstehung unser frühen Vorfahren beigetragen haben könnte. Die tektonischen Kräfte führen hier zu einer tiefgreifenden Veränderung der Landschaft: Während Westafrika von einem Feuchtwald bedeckt war, war der Teil östlich des Grabenbruchs Savanne mit Giraffen, Nashörnern und Löwen. Die menschlichen Vorfahren siedelten sich offenbar in dieser weniger unwirtlichen Gegend an. So entwickelten sie sich deutlich anders als ihre Vettern, die Großaffen, die an das Waldmilieu angepasst waren. Neben den Knochenfunden findet man immer auch Steinwerkzeuge – und das gab es vorher nicht.
Durch die Tektonik veränderte sich die Landschaft und auch das Klima und die Vegetation – und natürlich wandern die Tiere mit, wenn sich die Lebensbedingungen ändern. Die Entwicklung des Menschen hat hier nicht begonnen, der Mensch kam erst später in den Grabenbruch – aber erst hier entstand die Gattung Mensch womöglich, auch wenn das nicht ganz unumstritten ist. Ohne Plattentektonik wäre die Erde aber vielleicht noch ein Planet der Affen.
Womöglich zerreißt der Grabenbruch den Kontinent Afrika in 100 Millionen Jahren in zwei Hälften und es entsteht ein neuer Ozean dort, wo heute noch die Seen zu finden sind. In einigen Jahrmillionen wird außerdem auch ein neuer Subkontinent entstehen: Arabien. Parallel dazu driftet ganz Afrika weiter nach Norden. Sein Zusammenstoß mit Europa und Asien steht aus geologischer Sicht kurz bevor.
Vor 300 Millionen waren alle Landstücke der Erde in einem einzigen Superkontinent zusammengefasst. Doch Pangea, so sein Name, teilte sich später in zwei Hälften: Eurasien trennte sich vom künftigen Afrika und den beiden anderen Kontinenten der Südhalbkugel. In der Mitte öffnete sich ein Ozean: die Tethys. Die Entstehungsgeschichte der Tethys hinterließ ihre Spuren in einer der trockensten Gegenden der Erde: der arabischen Halbinsel. Hier birgt der Boden reichlich Erdöl, was den Golfstaat Reichtum bescherte, auch dem Sultanat Oman. Vor etwa 100 Millionen Jahren lag Oman weiter südlich, weit entfernt vom zukünftigen Europa. Früher befand sich hier noch keine Wüste mit Bergen, sondern der Ozean Tethys bedeckte die Region. Man erkennt das noch heute an der starken Sedimentierung der Omanischen Gebirgskette.
Da die Tethys warm und seicht war herrschten ideale Bedingungen für Bakterien, die die Sedimentschichten zu Kerogen umbauten. Doch vor 20 Millionen rückten die Kontinente näher zusammen und die Tethys verschloss sich wieder – das Kerogen wurde durch die Subduktionszone in die Tiefe herabgezogen. Unter dem Druck im Erdinneren wandelte es sich in Kohlenwasserstoffe um und drang in die Gesteinsritzen. Ein Rohstoffreservoir ist wie ein feinporiger Schwamm, dessen Poren mit Kohlenwasserstoff oder Gas gefüllt sind.
Doch der Verschluss der Tethys vor 20 Millionen Jahren hinterließ nicht nur Erdöl. In der Fayum-Wüste in Ägypten, im Wadi El-Hitan, ragen überall Gesteinsformationen auf, die Erosion zu bizarren Gebilden geformt hat. Zwischen diesen Steinskulpturen hat man, mitten in der Wüste, über 1.000 Walskelette gefunden – heißt „Wadi El-Hitan“ übersetzt doch auch „Tal der Wale“. Hier war vor 37 bis 40 Millionen Jahren einmal das Tethys-Meer.
Die Tethys war ein großer Meeresarm, der den Atlantik mit dem Indischen Ozean und dem Pazifik verband. Afrika war komplett von Eurasien abgetrennt. Und nach und nach öffnete sich durch die Plattentektonik die arabische Platte, flottierte durch die Öffnung des Roten Meeres und verschloss diesen Meeresarm komplett, bis nur noch das heutige Mittelmeer übrig blieb. Die Existenz dieses heute verschwundenen Ozeans beweist, dass sich der afrikanische Kontinent langsam nach Norden Richtung Europa bewegt und damit kollidiert. Heute trennt nur noch das Mittelmeer die beiden Kontinente, aber die Bewegung ist noch nicht abgeschlossen – an der Meerenge von Gibraltar ist das am deutlichsten spürbar: in Marokko bebt die Erde regelmäßig unter dem Einfluss der tektonischen Kräfte. Nach und nach wird sich die Meerenge schließen, und in 50 Millionen Jahren wird das Mittelmeer dann fast verschwunden sein.
Gleichzeitig löst sich Arabien langsam von der Sinai-Region und driftet nach Norden. Es bewegt sich schneller fort als Ostafrika. Im Ergebnis verschieben sich beide Platten gegeneinander und in der Mitte hat sich eine gigantische Verwerfungslinie gebildet: der sogenannte Levante-Korridor zieht sich vom Roten Meer bis zur Türkei. Zwischen Jordanien, Israel und Palästina sorgt diese Plattenverschiebung für die Absenkung einer ganzen Region – und mittendrin liegt das Tote Meer, 400 Meter unter dem Meeresspiegel. Die Massada-Festung auf einem Plateau über dem Toten Meer bietet einen einzigartigen Ausblick auf die Judäische Wüste und die gesamte Region.
Das Massada-Plateau gehört zur Sinai-Platte oberhalb der großen Senke, die durch den Levante-Korridor entstanden ist. Die Verwerfung ist rund 1.200 Kilometer lang und ermöglicht es der arabischen Platte gegenüber der Sinai-Platte sich nordwärts zu bewegen. Das ruft seit langem schon heftige Beben in der Region hervor., die den Levante-Korridor immer noch tiefer aufreißt. Wenn sich die arabische Platte nach Norden verschiebt, braucht sie außerdem Platz, weshalb an ihrer nördlichen Front Berge entstehen lässt und indem sie die Türkische Platte nach Westen verschiebt.
Etwas weiter südlich macht sich die Trennung zwischen Afrika und Arabien anders bemerkbar. Seit 20 Millionen Jahren entfernen sich die beiden Platten allmählich voneinander (mit durchschnittlich 15 Millimeter pro Jahr). Heute schon ist die arabische Platte fast vollständig unabhängig von Afrika, bis auf eine kleine Landbrücke im Süden des Roten Meeres: das so genannte Afar-Dreieck, das sich irgendwann aber ebenfalls von Afrika ablösen wird. Zwischen ihnen entsteht gerade ein Ozean, der zurzeit noch ein gerade einmal 300 Kilometer breiter Meeresarm ist. Gemeint ist das Rote Meer, an das im Osten der Golf von Aden anschließt. Diese Meeresöffnung zeigt sich im Oman anhand seismischer Aktivität, die sich tief im Golf von Aden ereignen, weil dort durch das Auseinanderdriften ein neuer Ozeanischer Rücken entsteht, wie beim mittelatlantischen Rücken.