Neu, Weinglossar

Meeresströmungen

Um ihren jährlichen Lebenszyklus durchlaufen zu können, stellt die Weinrebe Mindestanforderungen an ihre Umwelt, zu denen auch Wärme gehört. Weinbau findet vornehmlich zwischen dem 30. und dem 50. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators statt – nur in diesen beiden Zonen herrschen entsprechende Temperaturen und nur hier kann der Rebstock über den Winter eine klimatisch bedingte Ruhepause einlegen. Meeresströmungen spielen dabei eine nicht unwesentliche Rolle, ermöglichen sie doch auch in klimatisch schwierigen Regionen Weinbau, weil sie die Atmosphäre kühlen oder aber Wärme an sie abgeben. Ohne den warmen Golfstrom wäre es beispielsweise in Westeuropa mindestens 5 bis 10 Grad kühler – und nicht nur der Weinbau vor große Herausforderungen gestellt.

Meeresströmungen entstehen, weil die Schwerkraft des Mondes eine gewaltige Sogkraft in den Ozeanen der Erde entfaltet: Ebbe und Flut – die Gezeiten – entstehen und die Erdrotation, die den sogenannten Corioliseffekt verursacht, veranlasst Winde und das Wasser der Weltmeere dazu, kreisförmige Muster zu bilden. Dies beeinflusst die Strömung des Oberflächenwassers der Ozeane, die immerhin siebzig Prozent unseres Planeten bedecken. Hinzu kommen der Salzgehalt und die Temperaturschwankungen der Ozeane – all diese Kräfte erzeugen die Meeresströmungen, von denen einige in der Tiefe, andere nah an der Oberfläche verlaufen.

Für den Weinbau wichtige Meeresströmungen sind dabei insbesondere:

  • der Humboldtstrom vor Pazifikküste Chiles
  • der Benguelastrom vor der Atlantikküste Südafrikas
  • der Westaustralstrom vor Australien
  • der Golfstrom vor der europäischen Atlantikküste
  • der Kanarenstrom zwischen den Kanaren und Nord-West-Afrika
  • der Kalifornienstrom vor der Pazifikküste Kaliforniens
Meeresströmungen_Karte

Antarktischer Ozean

Meeresströmungen sind ein komplexes System, in dem alle fünf Ozeane miteinander vernetzt sind. Eine entscheidende Rolle für die südliche Hemisphäre spielt dabei das Gebiet des Antarktischen Ozeans. Bei ihm handelt es sich um jene gewaltige Wassermasse, die den antarktischen Kontinent umgibt – und deshalb enorm wichtig ist für die globale Meereszirkulation, da hier die drei großen Weltmeere (Pazifik, Atlantik, Indischer Ozean) miteinander verbunden werden.

Die treibende Kraft dafür ist der sogenannte Antarktische Zirkumpolarstrom, der an manchen Stellen 2.000 Kilometer breit ist und bis in eine Wassertiefe von 4.000 Metern reicht und somit die mächtigste Meeresströmung der Erde ist. Auf der Südhalbkugel bildet sich die Westwindzone deutlich stärker aus als im Norden. Das liegt daran, dass hier zum einen die besonders niedrigen Temperaturen der Antarktis in der gesamten Region für ein besonders starkes Luftdruckgefälle sorgen, zum anderen gibt es in diesen Breiten nur wenige Berge oder andere Landmassen, die den Wind abbremsen würden. Daher treiben die Westwinde sogar den Antarktischen Zirkumpolarstrom an.

So wie im Antarktischen Ozean selbst die stärksten Winde durch keine Landmassen gebremst werden, entfaltet auch der Zirkumpolarstrom ungebremst seine Kräfte, wobei er durch seinen ständigen Kreislauf um die Antarktis das kalte Wasser aus der Tiefe der drei Meeresbecken des Pazifik, des Atlantiks und des Indischen Ozeans aufnimmt und gleichzeitig die Wassermassen allmählich an die Oberfläche holt, wo er sie neu unter den drei Weltmeeren aufteilt. Die globale Meereszirkulation im südlichen Ozean sorgt so für einen kontinuierlichen Wärmeaustausch zwischen den Meeresbecken.

Abgesehen vom Antarktischen Zirkumpolarstrom bildet sich außerdem überall entlang des antarktischen Kontinents – in einem begrenzten Gebiet in der Nähe des Festlandsockels und der Plattform – Tiefenwasser, also Strömungen in den Tiefen des südlichen Ozeans, die ebenso vom Zirkumpolarstrom aufgenommen werden. Verantwortlich für diese Tiefenströmungen scheinen die sogenannten Polynjas rund um die Antarktis zu sein: große, offene Wasserflächen, die trotz der extremen Kälte selbst eisfrei bleiben, aber ständig neues Eis bilden.

Die Antarktis selbst hat mit über 13 Millionen Quadratkilometer den größten Eisschild der Erde (und ist damit etwa um ein Viertel größer als Europa). Der Kontinent ist fast vollständig mit Eis bedeckt – und sein Eisschild bindet fast 70 Prozent allen Süsswasssers auf der Erde. Nur zwei bis drei Prozent des antarktischen Kontinents sind eisfrei: kleine felsige Oasen.

Der antarktische Eisschild ist so schwer, dass er Teile des Kontinents unter den Meeresspiegel drückt. Man nimmt an, dass die Entstehung des antarktischen Eisschildes vor rund 45 Millionen Jahren begann. Mit der Zeit ist er zu gewaltiger Stärke herangewachsen und heute mancherorts bis zu 4.900 Meter dick – von manchen Bergen ragen nur die höchsten Gipfel hervor. Immun gegen die Klimaerwärmung ist diese riesige Eismasse jedoch nicht: der antarktische Eisschild schmilzt – und zwar immer schneller, wie der Vergleich der letzten Jahrzehnte zeigt. Sollte dieses Eis irgendwann ganz schmelzen, würde das unter den Meeresspiegel gedrückte Land zwar wieder aufsteigen, aber gleichzeitig würde der Meeresspiegel durch das Schmelzwasser um etwa 60 Meter ansteigen – was für die Küsten weltweit verheerende Folgen hätte.

Noch aber bleiben die Temperaturen selbst im antarktischen Sommer von September bis März unter dem Gefrierpunkt, die Eismassen schmelzen also noch nicht vollständig. Im Winter gefrieren zudem große Meeresgebiete um den Kontinent, bis sich durch das Meereis die Fläche der Antarktis fast verdoppelt. Dafür sorgen insbesondere auch die Polynjas.

Polynjas entstehen durch die extremen Fallwinde, die das Packeis aufbrechen und so große Wasserflächen freilegen. Nahe am Antarktischen Kontinent kann es besonders windig werden. Denn über dem zentralen Plateau der Antarktis liegt ein stabiles Hochdruckgebiet, in das wärmere Luft aus großer Höhe einströmt. Diese Luft kühl ab, sinkt nach unten und strömt über das Schelfeis aufs Meer. Im Osten der Antarktis wird das ganze Jahr über eine konstante Windgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometer gemessen, solche Fallwinde können aber auch über 300 Kilometer pro Stunde schnell werden – und dann auch die Packeisflächen vor der Küste aufbrechen.

Diese von den kalten Fallwinden freigelegten Wasserflächen werden nun allerdings gewissermaßen zu Eisfabriken, wobei jedoch große Mengen an Salz freigesetzt werden: Durch die Abkühlung des Wassers wird ständig neues Meereis gebildet, welches nur noch recht wenig Salz enthält. So entsteht nicht nur neues Eis, sondern auch ein sehr kaltes, salzreiches und somit dichtes Wasser – und da Salzwasser schwerer als Süßwasser ist, strömt es in die Tiefe. Da es um die Antarktis zahlreiche Polynjas gibt, die für die Tiefenströmungen sorgen, ist hierin also ein wesentlicher Motor für die Meeresströmungen zu sehen.

Pazifischer Ozean

Humboldtstrom und El Niño

Aus dem Zirkumpolarstrom um die Antarktis gibt es mehrere „Ausgänge“, aber eine der stärksten Strömungen führt in den Pazifik: Nahe des südamerikanischen Kontinents drehen die Wassermassen nach Norden ab. Das ist der Humboldtstrom, an dem sich ein wichtiges Phänomen der Meereszirkulation beobachten läßt, nämlich wie nährstoffreiche Meeresströmungen auch die Geografie des Lebens in den Ozeanen beeinflussen.

Der kalte Humboldtstrom ist ein pazifischer Meeresstrom, der über insgesamt 6.500 Kilometer die gesamte südamerikanische Küste entlang nach Norden strömt – von Patagonien bis zum Äquator und von dort weiter zum Galapagos-Archipel. Er ist eine von zahlreichen Meeresströmungen, aber die einzige, die in den antarktischen Gewässern beginnt, nämlich in der extrem rauhen und stürmischen See der Drake-Passage zwischen Antarktis und südamerikanischem Kontinent.

Die Drake-Passage ist eine etwa 1.000 Kilometer breite Meeresstraße und eine Zone des klimatischen Übergangs, wo sich das eisige Polarmeer mit dem Meer der subpolaren Region an der Südspitze von Chile, in Patagonien, vermischt. Sie befindet sich zwischen Kap Horn an der argentinischen Südspitze und der Antarktischen Halbinsel – eine über 1.300 Kilometer lange, gebirgige Landzunge in Richtung Südamerika, die nur zu rund 80 Prozent von Eis bedeckt ist und deren Gebirge mit über 3.200 Meter hohen Gipfeln von der bewegten geologischen Vergangenheit der Halbinsel zeugen, die tektonisch gesehen eine südliche Fortsetzung der südamerikanischen Anden ist, mit der sie lange auch verbunden war: Fast eine halbe Milliarde Jahre lang bildeten Südamerika und die Antarktis nämlich einen Teil des Urkontinents Gondwana (ursprünglich gemeinsam mit Afrika und Australien). Vor 34 Millionen Jahren trennten sich die beiden Kontinente, als Gondwana zerbrach.

Der Humboldstrom entsteht nun zwar in der Drake-Passage, eigentlich aber handelt es sich bei ihm um ein sogenanntes Küstenauftriebssystem: hier wird das warme Oberflächenwasser an der südamerikanischen Pazifikküste durch den Südostpassat weggedrückt. Dadurch erst kann das kalte und nährstoffreiche Tiefenwasser des Stroms aus der Antarktis an die Meeresoberfläche aufsteigen – der sogenannte Küstenauftrieb. Vier solche Küstenauftriebssysteme gibt es weltweit, neben dem Humboldtstrom sind das:

  • der Kanarenstrom vor Nordwest-Afrika,
  • der Bengualstrom vor der Westküste Südafrikas und
  • der Californiastream vor der kalifornischen Pazifikküste.

Küstenauftriebssysteme wie der Humboldtstrom sorgen für einen einzigartigen Artenvielfalt im Ozean. Sie machen zwar nur zwei Prozent der Meeresoberfläche aus (nach anderen Angaben sind es 10 Prozent), hier aber leben 90 Prozent aller Meeresbewohner (und auch 20 Prozent des weltweiten Fischfangs wird hier gemacht). Der Humboldtstrom ist dabei der Meeresstrom mit der größten Artenvielfalt der Erde.

Die Grundlage für diesen Artenreichtum im Humboldtstrom bildet das Plankton, also pflanzliche und tierische Organismen (die außerdem auch die Hälfte des Sauerstoffs produzieren, den wir atmen, und genauso viel des gesamten Kohlendioxids in der Atmosphäre absorbieren!). Das Leben dieser Organismen wird gänzlich von den Meeresströmungen bestimmt, das heißt erst der Küstenauftrieb beim kalten Humboldtstrom sorgt für eine außergewöhnliche Planktonfülle: Wie ein gewaltiger Fluss transportiert er Nährstoffe im Meer, das heißt die kühle Strömung führt viel Sauerstoff mit sich – und Sauerstoff ermöglicht das gedeihen mikroskopischen Lebens, das wiederum die Nahrungsgrundlage für viele weitere Arten bildet: Plantkon wird von Zooplankton gefressen, das wiederum die Nahrung für die Sardellen darstellt, die wiederum die Nahrungsgrundlage für zahlreiche andere Fischarten darstellen.

Wo viel Plankton ist, sind also auch viele Fische – und Änderungen in den Strömungsverhältnissen führen sofort auch zu Veränderungen in der Artenvielfalt. Denn die Sauerstoffgrenze, unterhalb derer für viele Fische zu wenig Sauerstoff vorhanden ist, hängt direkt mit dem Auftrieb zusammen. Schwächt dieser sich ab, sinkt die Sauerstoffgrenze. Die Fische verteilen sich dann über ein größeres Gebiet. Die Meeresströmungen sorgen hier also nicht nur für den Anfang der Nahrungskette, sondern auch für ihre Stabilität.

In Patagonien stößt der Humboldtstrom das erste Mal auf Land. Hier, wo die südlichen Anden und unberührte Regenwälder direkt bis an die Pazifikküste reichen, existiert eine einzigartige Landschaft aus Fjorden und Archipeln. In Patagonien sind im Landesinneren riesige Flächen von gewaltigen Eiskappen und Gletschern überzogen – und sie alle schmelzen in den letzten Jahren angesichts der Klimaerwärmung immer schneller: Von der letzten Eiszeit sind in Patagonien nur noch vier Prozent des Eises übrig – und die globale Erwärmung sorgt dafür, dass auch dieses Eis bald schmelzen wird. Andererseits gelangt so kostbares Süßwasser in die Flüsse und lässt das Grasland gedeihen, wodurch wiederum zahlreiche neue Lebensräume entstehen. Über das Schmelzwasser der Gletscher gelangen auch Mineralien und Nährstoffe aus den Anden in den Humboldtstrom. Er ist deshalb auch etwas weniger salzhaltig als der Ozean, durch den er fließt.

Aber nicht nur im Wasser – der Humboldtstrom beeinflusst auch die Ökosystems und Lebensräume an Land, und zwar über den gesamten 5.000 Kilometer langen Küstenverlauf. Insbesondere in Küstennähe wirkt sein Einfluß direkt: Zum einen bringen die vorherrschenden Winde durch die Flusstäler kühle Luft ins Landesinnere, zum anderen führen sie in sehr küstennahen Gebieten wie beispielsweise dem Valle del Limarí mitunter auch Nebel mit sich, Camanchaca genannt, der sich durch die Mischung von warmen Luftmassen und kühlen Wassertemperaturen an der Oberfläche gebildet hat. Eine Meeresbrise bringt so Feuchtigkeit in die ansonsten trockenen Weinanbaugebiete – oder etwas weiter nördlich auch in die Atacamawüste zwischen Pazifik und Andengebirge, der ältesten und trockensten Wüste der Erde.

Neben dem Humboldtstrom üben Fallwinde aus den Anden über die gesamte Nord-Süd-Achse Südamerikas einen temperaturmildernden, kühlenden Einfluß am westlichen und östlichen Rand der Weinbaugebiete aus. In manchen Jahren allerdings leiden insbesondere auch die Weinbauregionen Chiles unter dem Klimaphänomen El Niño beziehungsweise der damit verbundenen Dürre. Es ist nun gerade die Erwärmung der ansonsten so kalten Küstengewässer, der bisweilen den Beginn des El-Niño-Phänomens markiert.

El Niño ist ein in einem Zyklus von sechs bis zehn Jahren auftretendes Wetterphänomen (zuletzt 2015, aber immer zur Weihnachtszeit, daher auch der Name: „das [Christus-]Kind“), das sich im gesamten pazifischen Raum bemerkbar macht. Auch wenn die Ursache bis heute nicht restlos klar ist, sind Veränderungen der Wassertemperatur des Pazifischen Ozeans für das Phänomen entscheidend – und zwar in den tieferen Wasserschichten des Humboldtstroms. Diese erwärmen sich um mehrere Grad Celsius, was nun die globalen Wind- und Niederschlagssysteme komplett durcheinander bringt.

El Nino zeugt von der starken Verbindung von Ozean und Atmosphäre, das heißt für das El-Niño-Phänomen sind die beiden Bereiche Atmosphäre und Ozean entscheidend: In der Atmosphäre vor Südamerika gibt es ein Gebiete mit hohem Luftdruck – es ist kühl aber trocken. Auf der anderen Seite des Pazifiks, in der asiatisch-australischen Region, sind hingegen ein niedriger Luftdruck sowie relativ warme und feuchte Bedingungen vorherrschend. Die Passatwinde nun fungieren zwischen diesen beiden Luftdrucksystemen als Ausgleich – sie wehen normalerweise beständig Richtung Westen. (Man unterscheidet Nordost- und Südostpassat. Eigentlich wehen beide beständig etwa vom 30. Breitengrad von Norden und Süden Richtung Äquator, wo sie sich treffen, sie werden dabei aber von der durch die Rotationsbewegung der Erde ausgelösten Corioliskraft nach Westen abgelenkt.)

Im Pazifischen Ozean sorgen die Passatwinde dafür, dass die kalten Meeresströmungen in Richtung der wärmeren Gewässer nach Westen geweht werden: der Pazifik ist vor Südamerika durch den Humboldtstrom kalt und hat nur etwa 20 Grad, während er vor Südostasien mit 30 Grad sehr warm ist – auch hier kommt es normalerweise also zu einer Art Ausgleichsbewegung.

El Niño nun dreht dieses Prinzip komplett um: regelmäßig brechen die Hochdrucksysteme vor Südamerika zusammen – aus noch unbekannten Gründen. Die Winde hören dann auf zu wehen beziehungsweise wehen plötzlich in die andere Richtung. Infolgedessen kommt das ganze Strömungssystem in Luft und Wasser zum erliegen oder kehrt sich sogar um: der Wind bläst nun nach Osten und treibt die warmen Wassermassen an die südamerikanische Westküste (und führt hier zu einem Mangel an Nährstoffen aus kühleren Schichten des Ozeans und einer verminderten Planktonproduktion, was insbesondere auch in Peru das Ökosystem auf den Kopf stellt: So hat sich beispielsweise beim letzten El Niño die Wassertemperatur auf 25-28 Grad Celsius erhöht, was für ein verschwinden der Sardellen gesorgt hat und damit auch zu einem Rückgang des Fischfangs um 95 Prozent).

Es ändern sich also die Wetterverhältnisse und klimatischen Bedingungen im gesamten Pazifikraum durch das Phänomen – und zwar dramatisch: der ansonsten kühle Ozean vor Südamerika wärmt sich auf – der Humboldtstrom kommt praktisch zum erliegen – und gibt plötzlich viel Feuchtigkeit ab. Entsprechend entsteht eine hohe Luftfeuchtigkeit dort, wo es eigentlich sonst trocken ist und es kommt zu verheerenden Starkregenereignissen (beispielsweise in der Atacama-Wüste). In der eigentlich feuchten australisch-asiatischen Region ist es dagegen plötzlich sehr trocken und es herrscht extreme Trockenheit (oder kommt zu heftigen Feuersbrünste wie zuletzt in Indonesien und Australien).

Alles beginnt also mit einer Veränderung der Passatwinde und führt zu atmosphärischen Störungen, die vor allem die Tropen treffen, aber globale Auswirkungen haben: Die Auswirkungen beschränken sich nicht nur auf den Pazifikraum, sondern auch Regionen in Nordamerika waren betroffen. In Kalifornien beispielsweise führte der letzte El Niño zu extremen Starkregenereignissen und Überschwemmungen, während sich die Auswirkungen in Europa in Grenzen hielten: die Temperaturen stiegen hier nur um durchschnittlich 1,4 Grad Celsius. Allerdings wurde zuletzt auch im Atlantik vor Europa ein ähnliches Wettersystem entdeckt, zwischen Azorenhoch und Islandtief. Es sorgt regelmäßig für kalte Winter, ist aber noch nicht ausreichend erforscht.

Unterliegen die Strömungen jedoch keinen Störungen, fließt der Humboldstrom in etwa 45 Kilometer Entfernung zur chilenischen und peruanischen Küste weiter bis zum Äquator, in dessen Nähe er dann auf den Panamastrom trifft, der von Nord nach Süd fließt. Gleichzeitig begegnet er dem Cromwell-Strom (auch Pazifischer Äquatorialer Unterstrom genannt), ein nach Osten fließender unterirdischer Strom, der sich über die Länge des Äquators im Pazifischen Ozean erstreckt und aus der Tiefe aufsteigt. Angetrieben von den saisonalen Winden und unterstützt durch die Erdrotation, dreht der Humoldstrom an dieser Stelle von der Küste ab in Richtung Westen, dem Äquator entlang hinaus in die Weiten des Pazifik.

Bevor er sich mit wärmeren tropischen Strömungen vermischt und ein vollkommen neues marines Ökosystem entsteht, trifft der Humboldtstrom fast genau auf dem Äquator noch auf das zu Ecuador gehörende urzeitliche Galapagos-Archipel, mitten im Pazifik, etwa 1.000 Kilometer vor der südamerikanischen Küste. Die Galapagos sind eine Ansammlung von 13 spektakulären, unterseeischen Vulkaninseln und hunderter kleinerer Inseln und Eilande, die hier als Gipfel eines submarinen Gebirges aus zahlreichen Vulkanen aus dem Wasser ragen. Ihre Entstehung verdanken sie einem sogenannten Hot-Spot, wo Magma aus dem Erdinneren aufsteigt und die Erdkruste durchbricht. Wie in Hawaii waren es auch hier tektonische Verschiebungen und dieser Hot-Spot, die vor vier Millionen Jahren zu jenen Vulkanausbrüchen geführt haben, durch die die Inseln erst entstanden sind (Española war die erste).

Jede Insel des Archipels ist anders, mit einzigartiger Geografie und Klimazone. Dabei ist das Klima hier insgesamt nicht typisch tropisch, obwohl die Galapagosinseln direkt auf dem Äquator liegen. Das liegt daran, dass hier zwei Erdplatten – die Nazca- und die Cocoserdplatte – aufeinantertreffen und gleich vier gewaltiger Meeresströmungen, wobei insbesondere zwei das Klima des Archipels beeinflussen: eben der aus der Antarktis kommende eiskalte Humboldtstrom, der die Luft über dem Meer abkühlt und eine Hälfte des Jahres bestimmt; in der anderen Jahreshälfte dominiert der warme Panamastrom, der aus Mittelamerika kommt und tropisch-warm ist. Zwar bringt der Panamastrom kaum Nährstoffe, dafür kommt mit ihm aber tropischer Regen. Während zu dieser Zeit im Meer also Mangel herrscht, beginnt das Land zu ergrünen, weil die Regenwolken an den hohen Bergen hängenbleiben und abregnen. Auf den eigentlich kargen Vulkaninseln beginnt dann alles zu blühen.

Kalifornienstrom

Wie der Humboldtstrom im südlichen Pazifik, ist der Kalifornienstrom Bestandteil des sogenannten nördlichen pazifischen Kreislaufsystems, wo er den Nordpazifikstrom entlang der kalifornischen Küste nach Süden erweitert und dann am Äquator in den Nordäquatorialstrom übergeht – so wie der Humboldtstrom in den Südäquatorialstrom. Das heißt, südlich und nördlich des Äquators treiben die Wasser mit dem Nord- und Südäquatorialstrom in den oberflächlichen Wasserschichten in 200 bis 300 Meter Tiefe weiter westwärts – zunächst bis nach Ozeanien. Am westlichen Rand des Pazifiks werden Wassermassen dann aber vom gegenläufigen Äquatorialen Unterstrom erfasst, der sie wieder zurück nach Amerika schickt – direkt unter dem Äquator, in etwa 100 Meter Tiefe. (So werden die Weltmeere auch mit Plankton versorgt, wobei die Ozeane jeweils unterschiedliche Biome besitzen, das heißt verschiedene Planktonarten, je nach Wassertemperatur.)

Der Kalifornienstrom führt kaltes Wasser aus Richtung Alaska nach Süden, weshalb der Pazifik an der kalifornischen Küste auch entsprechend kalt ist. Auch beim Kalifornienstrom handelt es sich dabei um ein sogenanntes Küstenauftriebssystem, das heißt der Kalifornienstrom wird verursacht durch kühle Auftriebswässer, die an die Oberfläche gelangen, weil der ablandige Passatwind (Nordostpassat) die warmen Wassermassen an der Oberfläche nach Westen geweht hat. Die kühlen Strömungen aus der Tiefsee sorgen – ähnlich wie beim Humboldtstrom – für einen enormen Nährstoffreichtum, sodass es an der kalifornischen Küste inzwischen wieder über 2.000 Blauwale gibt (sie finden hier Krill in den aufsteigenden Strömungen und müssen nicht tief abtauchen) und überhaupt die höchste Artenvielfalt des Kontinents.

Der Kalifornienstrom beeinflusst aber nicht nur das Ökosystem der küstennahen Gewässer: Angesichts der Größe Kaliforniens ist verständlich, dass es regionale Unterschiede in der Geografie und dem Klima gibt, dennoch spielt im größten Teil des Landes der Breitengrad bei der Bestimmung des Klimas eines bestimmten Weinbergs eine relativ geringe Rolle – wesentlicher ist der Einfluss der hier im Sommer etwa 15 Grad Celius kühlen Meeresströmung, die in Kalifornien für eine Temperaturabkühlung von jährlich durchschnittlich etwa 6 Grad Celius sorgt (gegenüber Kampanien in Süditalien beispielsweise, das auf dem gleichen Breitengrad liegt).

Weil nun die warme Luft aus der stark erhitzten Wüstenlandschaft im Landesinneren auf diese kalten Wassermassen trifft, bildet sich Küstennebel, der praktisch den ganzen Sommer über dem Ozean liegt. Seewinde sorgen dafür, dass dieser Nebel durch die Täler ins Landesinnere zieht und so auch in den Weinanbaugebieten für Feuchtigkeit und Kühlung sorgt. Wenn sich die Temperaturen beispielsweise in Sonoma, im Landesinneren, der 32-Grad-Marke nähern, saugt die aufsteigende warme Luft dort den Dunst landeinwärts und sorgt für etwas Kühlung. So ist es in kalifornischen Weinanbaugebieten wie Sonoma praktisch jeden Morgen nebelig.

Insgesamt wirkt insbesondere die Bucht von San Francisco – ähnlich wie der Humboldtstrom in den Weinanbaugebieten in Chile – wie ein Klimaregulator: kalte Luft, oft von Nebel begleitet, zieht vom Meer herein und senkt die Nachttemperaturen. Zusätzlich braucht die Sonne am Morgen einige Zeit, um den Nebel aufzulösen, was bedeutet, dass der kühlende Einfluß auch in der ersten Tageshälfte spürbar ist. In küstennahen Gebieten, etwa in Carneros am Südrand von Napa Valley und Sonoma, wo die Temperaturen recht niedrig liegen, kann der Effekt so stark sein, dass er in manchen Jahren sogar die volle Ausreifung der Trauben beeinträchtigt.

Entscheidend für dieses Phänomen ist auch die Entfernung eines Weinbergs zum Pazifik: je mehr Berge zwischen Weinberg und Meer aufragen, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass die oft mit Nebel einhergehende Seeluft das Klima günstig beeinflußt. Andererseits schirmen die Berge der Coast Range an der Küste die Weinberge dort nicht mehr vom kühlen Pazifik ab, wo sie auf unter 460 Meter Höhe sinken, wie beispielsweise südlich von Los Angeles im Santa Barbara County, wo manche bis zum Meer reichenden Täler die Meeresluft weit ins Hinterland strömen lassen (bis in die Sierra Foothills, 240 Kilometer von der Küste entfernt).

Indischer Ozean

Der Äquatorialstrom treibt aber auch Wassermassen über Ozeanien hinaus bis nach Madagaskar, wo sie sich teilen: der nördliche Zweig führt in das Becken des Indischen Ozeans, der südliche Zweig in den Mocambique- und den Agulhasstrom – das Pendant zum atlantischen Golfstrom. Er führt bis an die Südspitze Afrikas. (Hier steigt das kühle Wasser aus dem südlichen Ozean auf und führt – wie beim Humboldtstrom – zu einem enormen Planktonreichtum, was wiederum für eine spektakuläre Sardinienwanderung hierhin sorgt.)

Wo der warme Mocambique- und Agulhasstrom auf den kalten Benguelastrom treffen, vor Südafrika, entsteht Verdunstungsnebel, der von Seewinden ins Landesinnere geweht wird und dort insbesondere in den küstennahen Gebieten eine kühlende Wirkung entfaltet – ähnlich wie beim Humboldtstrom in Chile. So wachsen in Südafrika die meisten Weinreben in Küstennähe in einem kühleren Klima, als es der südliche Breitengrad vermuten läßt (Weinbau findet hier zwischen dem 27. und dem 34. südlichen Breitengrad statt), während im Landesinneren wesentlich höhere Temperaturen herrschen.

Etwas weiter südlich vor der südafrikanischen Küste, wo die warmen Meeresströmungen auf den kalten Antarktischen Zirkumpolarstrom treffen, entstehen große, vertikale Wasserwirbel, die von der Oberfläche bis zum Meeresboden reichen. Diese Wirbel führen zu Umwälzungsprozessen, die erst langsam verstanden werden. Aber da sie die in den Ozeanen gespeicherte Wärme sowohl horizontal als auch vertikal bewegen, sind auch sie ein wichtiger Klimafaktor.

Neben dem Wärmeaustausch haben diese Wirbel auch insofern einen wichtigen Einfluss auf das Klimasystem, als sie wichtig für die Speicherung von Kohlendioxid in den Ozeanen sind: Denn durch die senkrechte Bewegung des Wasser aktivieren die Wirbel die Produktion von Plankton, das – wie bereits in Zusammenhang mit dem Küstenauftriebssystems des Humboldtstroms erläutert – Kohlendioxid absorbiert. Gleichzeitig ziehen sie Wasser in die Tiefe, in dem bereits Kohlendioxid gespeichert ist – und insbesondere in diesen kalten Tiefen- und Bodenwassern erfolgt die Speicherung, also im Nordatlantik und im südlichen Ozean. (Aber die kohlendioxidreichen Tiefseeströmungen aus dem Nordatlantik steigen südlich des Zirkumpolarstroms wieder an die Oberfläche auf und geben dort auch wieder Kohlendioxid an die Atmosphäre ab, weshalb eine genaue Einschätzung des Kohlendioxidaustausches zwischen Ozean und Atmosphäre nur schwer möglich ist.)

Zweifelsfrei nimmt die Menge des absorbierten Kohlendioxid mit zunehmender Erwärmung ab: Nachgewiesen ist, dass der Nordatlantik im Vergleich zu Studien vor zehn Jahren nur noch etwa die Hälfte des Kohlendioxids speichert, der südliche Ozean sogar nur noch etwa ein Zehntel. Gleichzeitig ist die Kohlendioxid-Konzentration in den Meeren im gleichen Zeitraum gestiegen: bis zum Jahr 2100 wird sich die Menge wahrscheinlich verdreifachen, was zu einer Versauerung der Meere führt – und so das Leben in den Ozeanen bedroht. Eine erhöhte Abgabe des in den Ozeanen gespeicherten Kohlendioxids würde außerdem zu einer Beschleunigung der Erderwärmung führen.

Die Wirbel haben eine Lebensdauer von etwa zwei bis drei Jahren und bewegen sich langsam durch den Atlantik, den sie innerhalb weniger Monate durchqueren können. Wassermassen gelangen so nicht allein mit den Äquatorialströmen, sondern auch mit diesen Wirbeln nach Südamerika – wo dann wiederum der für das Klima und den Weinbau in Europa so wichtige Golfstrom entsteht.

Atlantischer Ozean

Golfstrom

Im Atlantischen Ozean ist der Golfstrom Teil des Kreislaufs der globalen Meeresströmungen. Er transportiert warmes Wasser vom Golf von Mexiko bis hinauf in den äußersten Norden Europas, zum Polarkreis, und sorgt so dafür, dass die Temperaturen in Westeuropa mindestens 5 bis 10 Grad wärmer sind als ohne ihn. Weinbau wäre zum Beispiel in Bordeaux ohne den Golfstrom nur schwerlich möglich.

Der Golfstrom nimmt seinen Anfang im namensgebenden Golf von Mexiko. Das ursprünglich kühle Atlantikwasser der Strömung erwärmt sich dort, doch dann versperren ihm Kuba und Florida den Weg – was zu einem wichtigen Beschleunigungseffekt führt. Denn in der vergleichsweise engen Floridastraße werden die gewaltigen Wassermassen der Meeresströmung – einem Windkanal ähnlich – verdichtet und so auf etwa 9 Kilometer pro Stunde beziehungsweise 5 Knoten beschleunigt. Mit dieser Geschwindigkeit strömt der Golfstrom nun die nordamerikanische Atlantikküste hinauf Richtung Neufundland, wo er mit dem aus dem Arktischen Ozean kommenden kalten Labradorstrom zusammentrifft, bevor er in der Westwindzone zwischen dem 50. und 60. Breitengrad als Nordatlantischer Strom den Atlantik durchquert.

Im Atlantik wird der Golfstrom zum Nordatlantischen Strom (Nordatlantikdrift) und teilt sich: Ein Teil seines Wassers biegt dabei nach Süden ab und passiert die zu Portugal gehörenden Azoren, eine Gruppe von Vulkaninseln mitten im Atlantik, etwa 2.000 Kilometer von der portugiesischen Küste entfernt. Die Gewässer hier zählen zu den Fischreichsten der Welt – außerdem sorgt der Golfstrom hier für ganzjährig milde Temperaturen, weshalb auf den Azoren, mitten im Atlantik, sogar Weinbau praktiziert werden kann.

Die Azoren liegen, wie auch die Vulkaninsel Island, genau auf der Grenze zweier Kontinentalplatten: dem Mittelatlantischen Rücken, also der Zone, in der die eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte gebildet werden und unaufhörlich auseinander driften – die eine wandert nach Osten, die andere nach Westen. Die Erdoberfläche wird dadurch ständig gedehnt und auseinandergerissen und mit Magma aus dem Erdinneren aufgefüllt. Ständig bricht an dieser Nahtstelle also Material aus dem Erdinneren nach oben und formt die eurasische und die nordamerikanische Platte. Mehr noch als auf den Azoren macht sich dieser Vulkanismus in Island, unter dem zusätzlich noch ein Hot Spot liegt, besonders stark bemerkbar: Im Schnitt bricht dort alle fünf Jahre ein Vulkan aus (und wo gletscherbedeckte Vulkane ausbrechen, schmelzen ihre Eiskappen und es ergießt sich eine gewaltige Flut aus geschmolzenem Eis und Schutt – der sogenannte Gletscherlauf – ins Tal).

Die Azoren hingegen sind weniger wegen des Vulkanismus des Mittelatlantischen Rückens bekannt, sondern insbesondere wegen des nach ihr benannten Azorenhochs. Es entsteht weil die über den Tropen erwärmte Luft bei ihrer Reise Richtung Nordpol zwischen dem 25. und 30. Breitengrad auf die kalte Luft der Polregion trifft. Dort liegt der Gegenspieler des Azorenhochs: das Islandtief. Durch die Rotation der Erde wird der warme Luftstrom nach Osten abgelenkt und genau über den Azoren beginnt er zu rotieren, das Azorenhoch entsteht. Bleibt es stabil, bedeutet das für Europa Sommerwetter, weil es kontinuierlich warme Luft aus Afrika nach Norden pumpen kann. (Luft strömt immer von Hoch- zu Tiefdruckgebieten. Je größer der Druckunterschied, desto stärker der Wind: von leichter Brise bis hin zu schweren Stürmen.)

Umgekehrt sorgen die Wassermassen des nach Süden abgelenkten Arms des Golfstroms aber auch für etwas Kühlung auf den Kanaren: Bei den Kanaren handelt es sich um eine Inselgruppe westlich von Afrika, auf der Höhe der Sahara, am äußersten Rand der Klimazone, die sich für Weinbau eignet. Ständig weht hier ein kräftiger Wind und die Sonne brennt das ganze Jahr gnadenlos, aber der kühle Kanarenstrom, eine von Norden kommende und zwischen den Kanaren und der afrikanischen Nordwest-Küste verlaufende Meeresströmung, sorgt für etwas Kühlung, sodass hier tatsächlich auch Wein produziert werden kann.

Der Hauptarm des Golfstroms aber bewegt sich als Nordostatlantischer Strom weiter Europa zu, wo er seine Wärme in die Atmosphäre abgibt und so für ein mildes Klima sorgt: Südwestwinde und die Gezeiten tragen die Wärme des Golfstroms an die gesamte europäische Atlantikküste – von Frankreich (Bordeaux) bis hinauf zu den nordwestlich von Norwegen gelegenen Lofoten und weiter in die Arktis.

Die Lofoten sind eine Inselgruppe im Nordwesten Norwegens, etwa 200 Kilometer nördlich des Polarkreises, die wegen der warmen Meeresströmung ein relativ warmes, trockenes Klima haben, sodass – auch aufgrund der Mitternachtssonne von Ende Mai bis Mitte Juli – hier sogar Erdbeeren anbauen lassen. Bekannt sind die Lofoten aber wegen ihres Fischreichtums aufgrund der warmen Gewässer: Durch ihn ist das Wasser hier erst eisfrei, außerdem bringt der Golfstrom nährstoffreiches und warmes Wasser und sorgt so dafür, dass der Dorsch zu den Lofoten kommt um hier zu Laichen (Dorsch ist der noch nicht geschlechtsreife Kabeljau). Erst im Frühjahr, wenn die Dorschsaison – aus ihm wird getrockneter Stockfisch – endet, wandert der Fisch von seinen geschützten Laichplätzen bei den Lofoten wieder zurück in die kalte Barentssee.

Früher kam der Kabeljau in ungeheuren Mengen im Atlantik vor (die Wikinger folgten seinen Schwärmen bis nach Amerika), in letzter Zeit aber hat sich das Wasser hier bei den Lofoten um über ein Grad erwärmt, weshalb der Kabeljau nach Norden ausgewichen ist um dort zu laichen. Entsprechend gibt es bei den Lofoten heute etwas weniger Dorsch. Dennoch wird er hier immer noch gefangen – Stockfisch von den Lofoten hat sogar eine eigene „geschützte Ursprungsbezeichnung“.

Über 10.000 Kilometer legt der Golfstrom also zurück, von den Tropen bis zum Polarkreis. Durch Verdunstung in den heißen Regionen ist das Atlantikwasser dabei salzhaltiger geworden und durch die Vereinigung mit dem aus dem Arktischen Ozean kommenden Labradorstrom auch kälter (der Labradorstrom ist Bestandteil des sogenannten kleinen atlantischen Stromringes, zu dem unter anderem auch der Gröndlandstrom und der Nordostatlantische Strom gehören). Beide Faktoren führen dazu, dass das Wasser dichter und schwerer wird und nun in der Grönlandsee – einem nördlichen Randmeer des Atlantiks – wie ein Wasserfall auf den Meeresboden sinkt und nachfließendes Wasser mit sich zieht: In kilometerbreiten Säulen fällt das Wasser zwischen Island und Grönland in eine Tiefe von etwa 4.000 Meter ab, um von dort aus parallel zum Mittelatlantischen Rücken zurück Richtung Süden zu strömen. Auch die kalte Grönlandsee fungiert insofern als eine Art Motor für das Strömungssystem – auch wenn es mehrere hundert Jahre dauert, bis es schließlich in der Tiefe zurückgeflossen ist.

Schneller bewegt sich das Oberflächenwasser, das vom Nordostpassat in Richtung Mittel- und Südamerika zurück geweht wird und von dort in den Golf von Mexiko. Dort beginnt der Kreislauf wieder von vorne: das abgekühlte Wasser erwärmt sich erneut und der Nordäquatorialstrom wird wieder zum Golfstrom. Dieser Kreislauf, diese Umwälzströmung, scheint sich allerdings abzuschwächen. Es besteht jedenfalls die Gefahr, dass die vom Mensch verursachte Klimaerwärmung zum Einfließen großer Mengen von grönländischem Schmelzwasser in den Atlantik führt.

Grönland ist zu 80 Prozent von Eis bedeckt und ein Abschmelzen dieses Grönlandeises würde den Golfstrom quasi „verdünnen“, sodass er nicht mehr so konzentriert in die Tiefe absackt. Das zunehmende Süsswasser würde insofern den atlantischen Strömungskreislauf abschwächen und das würde natürlich den Golfstrom beeinflussen: er würde weniger Wärme von den Tropen nach Norden transportieren. Eine Störung des atlantischen Strömungssystem könnte zudem auch zu katastrophalen Unwetterphänomenen wie beim El Niño führen, wo das pazifische Strömungssystem komplett durcheinander gerät.

Arktischer Ozean

Der Arktische Ozean (Nordpolarmeer) macht nur vier Prozent der Gesamtoberfläche aller Meere aus, er spielt aber eine wichtige Rolle, weil er – wie der Antarktische Ozean in der südlichen Hemisphäre – die Strömungen im Nordatlantik und überhaupt in der nördlichen Hemisphäre maßgeblich beeinflusst: Mit dem Atlantik ist der Arktische Ozean über das sogenannte Europäische Nordmeer zwischen Grönland und Skandinavien verbunden (das Europäisches Nordmeer ist insofern wie das Grönlandmeer ein Randmeer des Atlantiks, weil es zu diesem Ozean überleitet); Mit dem nördlichen Pazifik wiederum ist es über die nur etwa 85 Kilometer breite Beringstraße verbunden – über sie gelangt also kaltes Wasser in den Nordpazifischen Strömungskreislauf.

Wie bei den Tiefenwassern in der Grönlandsee oder in Zusammenhang mit den Polynjas in der Antarktis, gibt es ein solches Phänomen auch im Eismeer der Arktis: Dort wird das Absinken des Wassers zur kalten Jahreszeit durch ein Phänomen verstärkt, das Auswirkungen auf das globale Klima hat. Denn dort verliert das Eis, das aus gefrorenem Salzwasser besteht, aufgrund der Schwerkraft langsam seinen Salzgehalt. Das Ergebnis ist eine kalte und schwere Salzlake, die in die Tiefe sinkt und dabei gewaltige Wassermengen mit sich reißt: Wie ein Förderband zieht dieser gigantische unterseeische Wasserfall salzreiches Wasser 2.000 Meter in Tiefe und schiebt es ähnlich langsam Richtung Süden.

Ausgeglichen wird das durch wärmere Strömungen an der Wasseroberfläche, die sich nach Norden bewegen und sich dabei wiederum abkühlen. So entsteht eine sogenannte thermohaline Zirkulation, abgeleitet von den griechischen Begriffen „thermos“ für „warm“ und „halos“ für Salz. Dieser gewaltige Strömungskreislauf transportiert Wärme und ist damit für das klimatische Gleichgewicht der Erde mitverantwortlich – er fungiert also gewissermaßen wie ein Thermostat.

Durch die Klimaerwärmung aber nimmt nun nicht nur die arktische Eisdecke ab, sondern auch die Gletscher in Grönland schmelzen immer schneller. Gletscher entstehen grundsätzlich im Laufe vieler Jahrhunderte bis Jahrtausende in kalten Regionen, wenn Niederschlag als Schnee gefallen nicht schmilzt, sondern sich immer weiter aufschichtet und schließlich unter seinem eigenen Gewicht zu festem Eis gepresst wird. Das geschah insbesondere während der letzten Kaltzeiten, das heißt seit rund 2,5 Millionen Jahren wechseln sich Kaltzeiten und Warmzeiten auf der Erde regelmäßig ab, jeder Zyklus dauert rund 100.000 Jahre. Während der Kaltzeiten sanken die globalen Temperaturen so deutlich, dass Gletscher wuchsen, bis sie fast ein Drittel aller Kontinente bedeckten, darunter große Teile Europas und Nordamerikas, insbesondere aber auch die Polregionen.

Gletscher sind nicht statisch, sondern werden von ihrem eigenen Gewicht zu Tal gedrückt. Tatsächlich wandern alle Gletscher mehr oder weniger schnell bergab, es scheint nur so als wären sei eine statische Masse. Durch ihr Gewicht graben sie sich immer tiefer in den darunter liegenden Felsen ein, verbreitern und vertiefen so Täler und speisen zahlreiche Flüsse. Der im Eis mitgeführte Schutt – das sogenannte Geschiebe – lagert sich als Moräne am Ende und an den Seiten ab. Wenn zwei kleinere Gletscher zusammenfließen, werden die Seitenmuränen zu Mittelmuränen, sichtbar als brauner Längsstreifen auf dem hellen Eis.

Lange setzte sich Jahr für Jahr auf den Gletschern in den Polarregionen oder hohen Gebirgen regelmäßig eine neue Schicht Eis ab – in dem meistens auch ein wenig Luft eingeschlossen blieb. (Gletschereis erscheint blau, wenn es keine Luftbläschen enthällt, da diese unter großem Druck zusammengepresst wurden oder wenn Wasser in einer Eisspalte erneut einfriert. Eis mit Luftbläschen schimmert hingegen rein weiß – wie jenes in der Antarktis –, weil sie das Licht reflektieren.) Gletscher enthalten insofern stets auch Informationen über Luftzusammensetzung und Qualität über tausende von Jahren und im Verlauf der Zeit entstand so auch eine Art Klimaarchiv, das sich wissenschaftlich erschließen und nutzen läßt (die ältesten Gletscher in Polnähe enthalten ein solches Archiv, das über 800.000 Jahre zurückreicht). Die weltweite Klimaerwärmung läßt aber auch diese Archive schmelzen. Es gibt heute weltweit praktisch keinen einzigen Gletscher mehr, der noch wachsen würde. Im Gegenteil: Man geht heute sogar davon aus, dass Gebirge wie die Alpen schon in wenigen Jahrzehnten komplett gletscherfrei sein werden.

Schon heute liegen weltweit nur noch etwa 10 Prozent der Landoberfläche unter Gletschereis, davon neun Zehntel in der Antarktis. Das größte zusammenhängende Gletschereisfläche außerhalb der Polregionen ist das kanadische Kluane-Eisfeld im Yukon-Territorium. Aus dem gewaltigen zentralen Plateau wandern über 200 Gletscher ins Tal. Aber auch hier gingen in den letzten 50 Jahren fast ein Viertel der Gletscherflächen aufgrund der Erderwärmung verloren. Auch in Alaska verlieren fast alle der insgesamt fast 27.000 Gletscher ständig an Fläche und Masse.

Durch das Schmelzwasser des Packeises haben die Oberflächenströmungen, die die Labradorsee und das Grönlandmeer erreichen, einen immer niedrigeren Salzgehalt und damit eine immer niedrigere Dichte. Dadurch jedoch verlangsamt sich auch die thermohaline Zirkulation – und damit der Wärmeaustausch. Aus der Erderwärmung folgt eine Zunahme der Süßwassertransport in die Arktis, die die globale Meereszirkulation in Zukunft erheblich beeinträchtigen könnte. Welche Folgen das wiederum für das Klima haben wird, ist schwer abzusehen, klar ist aber, dass das Meereis, das die Wärme im Ozean von der Atmosphäre isoliert und so den Wärmeaustausch maßgeblich beeinflusst, von der Menge es vorhandenen Salzwassers abhängt (je höher der Salzgehalt, desto kälter das Wasser, desto mehr Eis – und ohne Meereis würden enorme Mengen Wärme in die Atmosphäre gelangen).

Fakt ist, dass sich in den letzten Jahrzehnten die durchschnittliche Dicke des Meereises in der Arktis um 40 Prozent verringert hat und seine Fläche im Vergleich zu den 1970er Jahren um fast zwei Millionen Quadratkilometer abgenommen hat. Zahlreiche Klimamodelle sagen voraus, dass der Arktische Ozean schon Mitte dieses Jahrhunderts komplett eisfrei sein könnte.

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