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Gewürztraminer

Gewürztraminer ist eine der ältesten heute noch angebauten Rebsorten. Der Ursprung der charakteristisch nach Rosen duftenden und äußerst aromatischen Rebsorte geht vermutlich auf die Ortschaft Tramin (Termeno) in Südtirol zurück, wo sie bereits im 15. Jahrhundert nachgewiesen wurde. Zu dieser Zeit jedenfalls wurde Traminer – aus der der Gewürztraminer hervorging – im damals üblichen Mischsatz angebaut und als Messwein an die Klöster der Region geliefert. Einzelne historische Dokumente legen sogar die Vermutung nahe, dass Traminer hier bereits im 11. Jahrhundert angebaut wurde. Inzwischen allerdings wurde die Sorte dort von der schlichteren, aber wesentlich ertragreicheren Vernatsch (Schiava) verdrängt.

Der Gewürztraminer ist eine Mutation des Traminers und hat im Unterschied zu ihm nicht nur ein wesentlich ausgeprägteres Bukett, sondern auch rötlich gefärbte Beeren, weshalb Gewürztraminer manchmal auch „Roter Traminer“ genannt wird. In Frankreich hingegen wurde diese Mutante – wie auch der Muskateller, von dem die Bezeichnung kommt – als „Musqué“ beschrieben, was soviel bedeutet wie „nach Moschus duftend“ – wobei zahlreiche Rebsorten so bezeichnet wurden, unabhängig davon, ob sie nun nach Moschus dufteten oder nicht.

Im Vordergrund stand also weniger die Farbe, als die ausgeprägte Dufteigenschaft der Rebsorte – und allein darauf bezieht sich zunächst auch der deutsche Begriff „Gewürztraminer“, selbst wenn er darüber hinaus vielleicht auch Geschmacksassoziationen hervorgerufen haben mag. Unter diesem Namen jedenfalls wurde er in Deutschland erstmals 1827 vom Botaniker Johann Christian Metzger erwähnt, der die Rebsorte im Rheingau und unweit davon im rheinhessischen Oppenheim verortete. Hier läßt sich ihr Anbau bis zurück ins 16. Jahrhundert nachweisen.

Von den etwa 20.000 Hektar, auf denen Gewürztraminer heute weltweit angebaut wird, befindet sich die bedeutenste Fläche mit etwa 3.000 Hektar im Elsass, wo er „Gewurztraminer“ geschrieben wird und wo ihm neben Riesling, Muskateller und Pinot Gris eine gewisse Bedeutung zukommt. In Deutschland allerdings sind nur etwa 1.100 Hektar damit bestockt – nicht mehr im Rheingau, sondern inzwischen hauptsächlich in Baden und der Pfalz sowie in Sachsen -, was etwa 1,6 Prozent der Weißwein- oder 1 Prozent der Gesamtrebfläche hierzulande entspricht. In Südtirol selbst stehen gerade noch etwa 600 Hektar von ihm.

Der Grund dafür, dass Gewürztraminer nur so eine geringe Verbreitung gefunden hat, liegt darin, dass die ursprünglich ohnehin schon äußerst krankheitsanfällige und ertragsarme Rebsorte auch noch beachtliche Ansprüche an ihr Terroir – Boden, Lage und Klima ihres Standorts – stellt: So verträgt Gewürztraminer beispielsweise keine kalkhaltigen Untergründe, sondern fühlt sich auf „fetten“ Tonböden wohl. Außerdem bevorzugt die Rebsorte kühleres oder gemäßigtes Klima – bei zu hohen Temperaturen baut sie schnell ihre ohnehin schon nicht besonders ausgeprägte Säure ab. Im kühleren Klima hingegen kann sich der spätreifende Gewürztraminer seine milde Säure bewahren und hat dennoch genügend Zeit, sein reichhaltiges Aromenprofil aufzubauen, ohne zuvor schon seine pyhsiologische Reife und zu hohe Zuckerwerte erreicht zu haben.

Gleichwohl aber darf es auch nicht zu kühl sein, denn da die Rebsorte früh austreibt stellen Frühjahrsfröste eine erhebliche Gefahr dar. Gewürztraminer braucht insofern relativ warme Lagen in kühlen Klimata um einen guten Fruchtansatz gewährleistet zu haben – nicht zuletzt deshalb eignet sich in den nördlicheren Breiten daher meistens Riesling besser.

Hinzu kommt, dass Gewürztraminer anfällig ist für die im französischen „coulure“ genannte Verrieselung (gewöhnlich findet immer im Mai die Blüte und der Fruchtansatz bei der Rebe statt, wo aus jeder Blüte im Laufe des Sommers eine Traube wird, wenn sie befruchtet, das heißt bestäubt wurde und Hagel oder Regen das nicht verhindern. Klappt die Befruchtung jedoch nicht, spricht man von „Verrieselung“, bei der die Traubenbildung ausbleibt, was natürlich mit einer Ertragsreduktion verbunden ist) – und darüber hinaus auch für Pilzkrankheiten aller Art (seine ursprüngliche Anfälligkeit für Virenkrankheiten konnte allerdings durch die Selektion von widerstandsfähigen Klonen weggezüchtet werden).

Insbesondere aufgrund der Ertragsunsicherheit verzichten viele Winzer auf den Anbau von Gewürztraminer. Diejenigen allerdings, die bereit sind das Risiko einzugehen, gewinnen immer wieder auch sehr hochwertige Weine aus der Rebsorte. Sie zeichnen sich bisweilen durch ihre opulente Aromatik aus sowie eine kräftige, mitunter fast bis ins Kupferrot gehende Farbe – und sind bisweilen sehr extrakt- und körperreich, fast schon „ölig“. Ohne weiteres kommt bei ihnen auch ein Alkoholgehalt von 13 Volumenprozent oder noch höher vor. Ausgesprochen niedrig allerdings fällt dafür manchmal der Säuregehalt aus – weshalb bei Gewürztraminer streng darauf geachtet wird, dass nicht auch noch ein biologischer Säureabbau (BSA) stattfindet.

Im Elsass, wo der Traminer auch schon lange bekannt ist, entstehen ausgesprochen reife Weine von Gewurztraminer. Zwar werden sie bisweilen trocken ausgebaut, durch den geringen Säuregehalt muten sie bisweilen aber doch süßer an, als sie in Wirklichkeit sind. Allerdings werden hier auch Spätlesen („Vendages Tardives“) von der Rebsorte hergestellt und manchmal sogar Trockenbeerenauslesen („Sélecions des grains nobles“).

Auf den Tonböden in Haut-Rhin im südlichen Elsass erreichen die Weine von Gewürztraminer bei vergleichbarem Reifegrad gewöhnlich viel höhere Mostgewichte als bei Riesling. Dabei besitzen die Weine trotz ihres hohen Restzuckergehalt bisweilen auch hohe Alkoholwerte – was sie von Trockenbeerenauslesen hierzulande unterscheidet. Aber insbesondere daran erkennt man die außerordentliche Fähigkeit der Rebsorte, große Mengen Zucker aufzubauen, der gar nicht komplett vergoren werden kann. Nicht zuletzt deshalb haben die Weine auch eine lange Lebensdauer und sind enorm alterungsfähig.

Das Elsass ist zweifelsohne das wichtigste Anbaugebiet für den Gewürztraminer, ansonsten findet man noch jeweils geringe Rebflächen von ihm in der Schweiz, wo er als „Savagnin Blanc“ oder auch „Heida“ bekannt ist, sowie in Osteuropa. Auch in der Neues Welt wird Gewürztraminer angebaut, in Neuseeland und Australien beispielsweise, bisweilen ist es dort aber einfach zu warm für die Herstellung von Gewürztraminern mit ausreichend Säure – außer man liest so froh, dass sich sein duftend-reifer Charakter noch nicht entwickelt hat. So aber schmecken die Weine langweilig – ihnen fehlt dann die Komplexität reifer elsässischer Gewächse.

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