Weinglossar

Grenache (Garnacha)

Grenache gehört zu den am meisten angebauten Rebsorten weltweit, ihre Heimat aber hat sie im westlichen Mittelmeerraum – in Südfrankreich und Spanien, wo sie „Garnacha“ genannt wird. Man nimmt an, dass die Garnacha ihren Ursprung in Aragón in Nordspanien hat. Von den dortigen Weinanbaugebieten am Oberen Ebro (Campo de Borja, Calatayud, Carinena und Somontana) verbreitete sie sich zunächst ins benachbarte Rioja sowie nach Navarra aus, schließlich insbesondere ins Languedoc-Roussillon und an die Rhône. Und auch nach Sardinien, wo Grenache „Cannonau“ genannnt wird. Die Sarden selbst verweisen darauf, dass die Rebsorte von Spanien aus auf die Insel gelangte, als Sardinien zwischen 1297 und 1713 unter der Herrschaft des Köngreichs Aragón stand – wie übrigens auch das Roussillon vier Jahrhunderte lang bis 1659.

Grenache treibt früh aus und hat, da sie spätreifend ist, eine relativ lange Wachstumsperiode. Deshalb muss sie in warmen oder heißen Klimata angebaut werden – sie ist dafür widerstandsfähig gegen Trockenheit. Grenachebeeren sind groß und dünnschalig, haben wenig Tannin und Säure, dafür aber einen hohen natürlichen Zuckergehalt. Entsprechend alkoholreich sind ihre Weine – man kann zweifellos davon ausgehen, dass die Grenache hinter der Forderung nach einem Mindestalkoholgehalt von 12,5 Volumenprozent beim AOP Châteauneuf-du-Pape an der Südlichen Rhône steht, einem der alkoholreichsten Weine überhaupt. So verhältnismäßig süss Grenache ist – wird sie aber auf kargem Boden streng geschnitten, also im Ertrag reduziert, und läßt man sie voll ausreifen, kann sie durchaus sehr konzentrierte, würzige Rotweine hervorbringen, die lange ausgebaut werden müssen.

Bei Grenache ist Mazeration – also Maischekontakt – vor der Gärung üblich, um Geschmacks- und Farbstoffe zu extrahieren, bevor der Alkoholgehalt durch die Gärung ansteigt. Auch hier können ganze Trauben zugefügt werden wie bei Pinot Noir. Für Premiumwein von Grenache benutzt man offene Gärbehälter, vollzieht eine sanfte Pigeage der Maische (hierbei wird der Tresterhut, der sich bei der Gärung wegen der aufsteigenden Kohlensäure immer wieder auf der Maische absetzt, kontinuierlich mit einem Stössel untergetaucht) und versucht die Tanninstruktur durch die zusätzliche Mazeration nach der Gärung zu stärken. Grenache reift in großen Gebinden und bisweilen unter Holzeinfluß – was sich durch würzige Noten auch im Aroma der Weine widerspiegelt. Ansonsten ist Grenache gewöhnlich körperreich mit weichen Tanninen und Aromen von roten Früchten.

In Spanien ist Garnacha mit einer Anbaufläche von über 50.000 Hektar (was in etwa der Hälfte der Gesamtanbaufläche Deutschlands entspricht) eine der am häufigsten angebauten Rebsorten, auch wenn sie dort selten reinsortig angeboten wird. In Rioja beispielsweise wird Garnacha bisweilen mit Tempranillo verschnitten – und ist in den besten Weinen aus Rioja Alta und Rioja Alavese doch eher selten. Womöglich auch deshalb, weil es dort eher kühl ist. In Rioja Baja hingegen ist das Klima weniger atlantisch-maritim, deshalb kann Garnacha hier ausreifen. Etwa 18.000 Hektar sind in Rioja Baja mit Garnacha bepflanzt – die Reben sind praktisch die einzige Nutzpflanze in der Region.

Der Boden dort besteht aus Schluff und Ton – und es herrscht eher mediterranes Klima, was der spätreifenden Rebsorte entgegen kommt, jedenfalls dauert die Lese auch schon Mal bis Mitte November. Die Landschaft ist ein Flickenteppich aus kleinen Parzellen (traditionell hatte früher jede Familie eine eigene Parzelle, deshalb ist die Region heute sehr zersplittert), auf denen Garnacha bisweilen als Buschrebe erzogen wird. Grenache entwickelt sehr kräftiges, robusten Holz und ist insofern unempfindlich gegenüber der Trockenheit und dem Wind („cierzo“) in Rioja Baja. (Für die maschinelle Lese ist sie insofern nicht ideal.)

Um elegantere Weine zu erhalten und der Garnacha etwas von ihrer Wucht zu nehmen, hilft es, die Rebstöcke weg von der Sonne anzupflanzen und auszurichten. Das wird auch im katalonischen Priorat so praktiziert – auch weil sich Garnacha hier grundsätzlich sehr Ausdrucksstark zeigt, das heißt in dunklen, kraftvollen und körperreichen Weinen. Aufgrund der steilen Hänge betreibt man im Priorat Terrassenweinbau, wobei die Reben als Busch erzogen werden. Im Norden des Priorat, in Umbrias, sind die Weinberge nach Nord-Ost ausgerichtet, um in der Hitze nicht auch noch der direkten Sonnenstrahlung ausgesetzt zu sein. Hier wächst eleganterer Garnacha – insbesondere in den bis zu 1.000 Meter hoch gelegenen, kühleren Dörfern. Gleichwohl stellt Garnacha auch im Priorat meistens nur einen – wenn auch in der Regel den wichtigsten – Bestandteil in einem Verschnitt dar.

Das ist in der Denominación „Vinos de Madrid“ anders. Sie umfasst insgesamt 14.000 Hektar und hat drei Subzonas, unter anderem San Martin, die sich in das Zentralgebirge zieht (Sierra de Gredos) – und hat dennoch nur 45 Erzeuger. Tortzdem findet man hier die größte Kozentration an „durchgeknallten“ Weinmachern und „die feinsten Garnachas der Welt“, wie David Schwarzwälder meint (zum Beispiel von „Bodegas Bernabeleva“, „Bodegas Jiménez-Landi“ oder „Bodega Maranones“).

Reinsortig wird Grenache auch in Sardinien erzeugt, wo die Rebsorte „Cannonau“ genannt wird und mit zwanzig Prozent an der Spitze der Produktion steht. Als „DOC Cannonau di Sardegna“ ergibt sie dort füllige, körperreiche Weine mit Kraft und reifen Aromen aus roten Früchten, wobei der Alkoholgeschmack auch sehr präsent sein kann. Denn obwohl die Rebe Hitze und Trockenheit mag, kann es auch ihr zu heiß werden, was sich dann in mangelnder Fruchtigkeit ausdrückt.

In heißen Gegenden fällt Grenache insofern mitunter alkoholbetonter und „marmeladig“ aus. Sie wird dann bisweilen mit Rebsorten wie Carignan und Mourvèdre verschnitten, die mit Hitze besser klar kommen und frische Fruchtaromen beisteuern können. Aufgrund der geringen Säure wird sie oft auch mit Syrah verschnitten, der mehr Farbe, Tannin, Säure und Aromen schwarzer Früchte hat. In Australien zum Beispiel verschneidet man Grenache häufig mit Shiraz (wie Syrah dort genannt wird). So entsteht ein körperreicher, fruchtiger Rotwein mit sehr weichen Tanninen, der am besten leicht gekühlt getrunken wird. Gerne wird auch noch Mourvèdre hinzugefügt – man nennt solche Verschnitte dann auch salopp „GSMs“.

In Spanien ist insbesondere Navarra für seine Roséweine aus Garnacha bekannt – sie machen dort ingesamt etwa ein Drittel der Produktion aus. Garnacha wird relativ früh gelesen, solange sie noch hohe Säure und geringe Zuckerwerte aufweist. Rosés werden dann nur mittels Saignée-Verfahren beziehungsweise „free-run-Mosten“ hergestellt hergestellt, wodurch einfache, erfrischende und fruchtige Weine mit mittlerem Alkoholgehalt entstehen – in einem sehr weichen Stil also.

Auch an der Südlichen Rhône – sowie in der Provence – erzeugt man viele Rosés aus Grenache, allen voran in Tavel und Lirac. Beide Appellationen sind für ihre Roséweine bekannt, die sehr körperreich und geschmacksintensiv sind und insbesondere aus Grenache sowie Cinsault produziert und flaschengereift sind. Aber auch weiter ostwärts, in der eigentlichen Provence, entstehen Rosés aus Grenache – insbesondere in den beiden Appellationen Côtes de Provence und Côtes d`Aix-en-Provence, wo Grenache die meistverbreitete Rebsorte ist. Die Rosés aus der Provence werden mitunter in Eiche ausgebaut, was ihnen einen orangen Farbton verleiht und die Fruchtigkeit abschwächen kann, aber würzige Komplexität hinzufügt.

Grenache wird in Frankreich auf insgesamt fast 80.000 Hektar angebaut, der größte Teil der Anbauflächen findet sich dabei im winddurchbrausten Rhônetal – und dort insbesondere in den südlichen Appellationen Châteauneuf-du-Pape, Gigondas und Vacqueyras. Knapp die Hälfte der Produktion aber beläuft sich auf die überregionale AOP Côtes du Rhône. Mindestens vierzig Prozent aller Rotweine werden hier aus Grenache bereitet. Das liegt insbesondere auch daran, dass sich an der Südlichen Rhône das Klima gegenüber dem Norden von kontinental zu mediterran ändert, sodass die Winter milder und die Sommer heißer sind. Das Problem hier ist eher Trockenheit – die aber der Grenache nchts anhaben kann, genausowenig wie der Mistral: der Wind gewinnt hier zwar an Schärfe und kann beträchtlichen Schaden anrichten, nicht aber bei der robusten Grenache, die auch hier niedrig in Buschform erzogen wird, was Schutz vor Wind bietet. Zudem profitiert sie so auch von der im Boden gespeicherten Wärme.

Auch weiter westlich, im Languedoc, werden viele Weine auf der Grundlage von Grenache bereitet, wie beispielsweise in der Appellation Minervois. Allerdings tritt sie selten reinsortig auf, sondern wird meist mit farbintensiveren Rebsorten verschnitten, die bisweilen auch Tannin einbringen – und zwar, in jeder Appellation anders beziehungsweise in einem anderen Verhältnis zueinander, kombiniert mit Syrah, Mourvèdre, Carignan und Cinsault.

Nichtsdestotrotz wird Grenache hier auf über 44.000 Hektar angebaut – wobei dann auch die Rebflächen in den Ebenen des ansonsten hügeligen Roussillon dabei sind. Sie zählen zu den heißesten und trockensten Frankreichs, weshalb ihre in Buschform erzogenen Grenache-Stöcke schon Mitte August lesereife Trauben tragen. Die durchschnittlichen Erträge im südlichsten Anbaugebiet Frankreichs mit seinen steilen, windgepeitschten Terrassen aus braunem Schiefer liegen dabei bisweilen bei unter zwanzig Hektoliter pro Hektar. Nicht selten trocknen die Beeren der alten Grenache-Reben sogar am Stock. Sie fliessen in die einfachen Vin Doux Naturels (VDN) ein, die durch Zugabe von Branntwein während der Gärung (wie bei Portwein) entstehen. Über neunzig Prozent aller VDN aus dem Midi kommen aus Roussillon – und der AOP Rivesaltes ist der beliebteste. Die AOP Maury ist eine weitere Appellation für VDN, genauso wie die AOP Banyuls. Sie alle entstehen hauptsächlich aus Grenache.

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