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Eiswein

Eiswein ist ein süsser Dessertwein, der zwar auch immer wieder in Deutschland gemacht wird, insbesondere aber Kanada ist für seine „Icewines“ bekannt. Während in Deutschland 2011 das letzte gute Eisweinjahr war, werden dort praktisch jedes Jahr ausgezeichnete Eisweine produziert.

Eiswein wurde 1830 von rheinhessischen Winzern aus der Nähe von Bingen eher zufällig entdeckt. Normalerweise findet die Weinlese im Herbst statt, doch um Eiswein produzieren zu können, müssen die Winzer bis zum Kälteeinbruch im Winter (oft bis in den Januar oder Februar) warten – entsprechend bleiben die reifen Trauben bis dahin am Rebstock hängen. Denn für die Herstellung von Eiswein muss die Temperatur bei der Lese und beim Keltern mindestens Minus sieben Grad Celsius betragen. Besser ist es noch kälter, wie im nördlichen Teil des kanadischen Okanagan Valley, wo die Durchschnittstemperaturen im Winter bei Minus 16 Grad Celsius liegen. Man liest dann gefrorene Trauben, die noch im vereisten Zustand 24 bis 48 Stunden lang bei Minustemperaturen gepresst werden. Der Ertrag ist so zwar sehr gering, allerdings konzentrieren sich Zucker und Aroma der Traube im Most (der Zuckerwert liegt gewöhnlich bei 110-128 Grad Oechsle): Da der süße Most einen tieferen Gefrierpunkt hat, taut er vor dem gefrorenen Fruchtwasser auf. So entsteht ein konzentrierter Most mit einem sehr hohen Zuckergehalt, während das gefrorene Fruchtwasser als Eis mit den Schalen in der Kelter zurückbleibt.

Eisweine sind in Deutschland Prädikatsweine, allerdings unterscheiden sie sich geschmacklich deutlich von anderen süssen Prädikatsweinen, da ihnen der Botrytischarakter fehlt, den zum Beispiel eine Trockenbeerenauslese bei ähnlichen Zuckerwerten hat. Für Eiswein werden nämlich nur gesunde Trauben gelesen, das heißt, Edelfäule durch Botrytis cinerea spielt hier keine Rolle. Stattdessen geht es vielmehr um sortentypische Reinheit – und eine feine Balance zwischen frischer Säure und fruchtiger Süße. Um den hohen Zuckergrad auszugleichen, verwendet man hierzulande deshalb gerne Riesling mit ausgeprägter Säure für die Eisweinproduktion. Um dabei den sortentypischen Charakter zu bewahren, greift man bei der Gärung auf Kulturhefen zurück und verzichtet später auf einen Biologischen Säureabbau (BSA) sowie den Ausbau in neuen Eichenfässern.

In Deutschland wird die Klimaerwärmung zunehmend zu einem Problem für die Eisweinproduktion, denn nur noch selten sinken die Temperaturen im Winter zuverlässig auf die dafür erforderlichen Minustemperaturen. Das Risiko steigt, die hängengelassenen Trauben zu verlieren. Beobachten läßt sich das seit etwa zehn Jahren – seither gelingt es immer nur wenigen Betrieben, Eiswein herzustellen (im Winter 2017/2018 waren es beispielsweise nur sechs Betriebe in Deutschland, 2019 sogar nur vier). Zuletzt allerdings sorgte ein Kälteeinbruch zur Weihnachtszeit für ein außergewöhnlich gutes Eisweinjahr.

Anders als in Deutschland, hält sich das Risiko in Kanada in Grenzen: dort ist das Klima in allen Weinbauregionen kontinental und kühl – und auch wenn im Juli und August hohe Tagestemperaturen zu verzeichnen sind und die großen Seen die Extreme mäßigen, sind die Temperaturen im jährlichen Durchschnitt dennoch niedrig und können im Winter über lange Zeiträume weit im Minusbereich liegen. Das ist dann zwar ein Problem für Vitis-vinifera-Sorten – kommt allerdings der Produktion von Eiswein sehr entgegen.

Anders als die europäischen Rebsorten von Vitis vinifera sind kälteresistente Hybridsorten für die Herstellung von Eiswein besonders geeignet. Das gilt insbesondere auch für amerikanische Reben wie Vidal. Sie hat zwar wenig aromatischen Charakter und ist insofern, was ihre geschmackliche Komplexität und ihre Säurestruktur anbelangt, nicht mit Riesling-Versionen zu vergleichen, dafür ist sie winterhart und ergibt exzellente „Icewines“.

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