Weinglossar

Terroir

Der französische Begriff „Terroir“ leitet sich vom lateinischen „terra“ für „Erde“ ab und hat vor geraumer Zeit Einzug in die Weinsprache gehalten, wo er das komplexe Verhältnis von Boden (Erde), Klima und Mensch, die im Hinblick auf den Weinanbau und die -erzeugung in ihrem Zusammenwirken stilbildend sind, bezeichnen soll. Dabei gibt es bis heute keine unmissverständliche deutsche Übersetzung oder gar Definition der mit diesem Begriff verbundenen Ideen. Entsprechend sind mit „Terroir“ bisweilen insbesondere unterschiedliche naturgegebene Faktoren des Weinbaus gemeint, diese jedoch werden, je nach Interpretation, anders gewichtet.

Der Begriff Terroir stammt aus den 1920er Jahren und wurde in Frankreich allgemein in Zusammenhang mit der Einführung des Appellationssystems (AOP) für landwirtschaftliche Produkte verwendet, um deren regionale Typizität aufzuzeigen. In Hinblick auf die Übernahme des Begriffs in den Weinbau ist das zentrale Ziel, dass jeder Wein den typischen Charakter der Weine seiner Ursprungsregion haben soll, was vom „Institut National des Appellations d`Origine des Vins et Eau-de-Vie-de Vins (INAO)“ kontrolliert wird.

Während in den Übersee-Ländern dafür der Begriff „regionality“ geprägt wurde, fand der Terroir-Begriff in Deutschland in Zusammenhang mit der Klassifizierung von Lagen und Weingütern, insbesondere durch den „Verband der Prädikatsweingüter (VDP)“, Verwendung (während Begriffe wie „regional“ und „saisonal“ überwiegend im Nahrungsmittelbereich genutzt werden). Der VDP strebt für seine Mitglieder eine Klassifikation an, wie sie im Burgund schon lange praktiziert wird: Anders als im deutschen Weingesetz von 1971, wo der Zuckergehalt als entscheidendes Klassifikationskriterium fungiert, soll wieder die Qualität bestimmter Weinbergslagen Berücksichtigung finden. Der VDP unterscheidet insofern zwischen einer amtlich geprüften „Qualität im Glas“, die allein weinrechtliche Relevanz hat, und einer „geborenen Qualität“ des Weines, womit die Herkunft des Weines Bedeutung gewinnt. Entsprechend unterscheidet der VDP zwischen Guts- und Ortsweinen, sowie zwischen Weinen Erster- und Grosser Lage. Damit rückt auch das Terroir in den Fokus des Interesses.

Grundsätzlich meint „Terroir“ die natürlichen Standortfaktoren für den Weinbau, die sich wiederum aus den biologischen Mindestanforderungen der Rebe an ihre Umwelt ergeben. Gemeinsam mit der kultivierenden Tätigkeit des Menschen (Winzer*in) bilden sie das Terroir. Kulturelle, also vom Winzer beeinflußte, Parameter betreffen alle Aspekte des Weinbaus und der Weinbereitung im Weinkeller und im Weinberg, also beispielsweise Rebschnitt, Erziehungsform oder die jeweilige Art der Bodenbearbeitung, die zusammen die individuelle Arbeit ausmachen. Insbesondere diese kulturellen Aspekte allerdings werden unterschiedlich interpretiert, mitunter bleiben menschliche Einflüße bei der Definition des Terroirs sogar gänzlich unberücksichtigt.

Unabhängig von kulturellen Einflüssen wirken sich insbesondere folgende natürlichen Faktoren auf das Terroir aus:

  • (Mikro-)Klima und Wetter (Temperatur und Niederschlag)
  • Gelände (Exposition und Neigung des Hanges)
  • Sonnenenergie und -einstrahlung
  • Geologie (Bodenbeschaffenheit)
  • Hydrologie (Bodenfeuchtigkeit)

Sieht man von kulturellen Aspekten und dem für die Rebpflanze notwendigen Kohlendioxid ab, das sowieso in der Luft enthalten ist, hängt das Meiste vom Boden (Standort), für das Terroir weniger Wichtiges von der unmittelbaren Umgebung der Rebpflanzungen ab: Während sich Klima und Wetter ganz allgemein auf das Maß von Sonnenlicht, die Tag- und Nachttemperatur sowie Menge und Verteilung des Niederschlags in einer Region auswirken, hat konkret die Bodenbeschaffenheit Einfluß auf die Wärme- und Wasserspeicherung und die damit verbundene notwendige Versorgung der Rebpflanze mit Nährstoffen.

Gemeinsam mit dem Menschen bilden Klima und Boden (Standort) also das Terroir und wirken mit der jeweils angepflanzten Rebsorte stilbildend für den Wein. Entsprechend kann der französische Winzer Bruno Prats, Besitzer des „Château Cos d’Estournel“ im Médoc, den Terroir-Begriff folgendermaßen zusammenfassen: „Der ganz und gar französische Begriff Terroir erfasst alle natürlichen Voraussetzungen, die die Biologie des Weinstocks und demzufolge die Zusammensetzung der Traube selbst beeinflussen. Terroir ist das Zusammentreffen von Klima, Boden und Landschaft, das Zusammenwirken einer unendlichen Anzahl von Faktoren: Nacht- und Tages-Temperaturen, Niederschlags-Verteilung, Sonnenschein-Stunden, Hangneigung und Boden-Durchlässigkeit, nur um einige wenige zu nennen. Alle diese Faktoren reagieren miteinander und bilden in jedem einzelnen Teil eines Weinbaugebietes das, was der französische Winzer Terroir nennt.“

Top
Standard