In der Antike bestand Wein immer aus einem Gemisch aus verschiedenen Extrakten von Kräutern und Gewürzen und wurde deshalb auch mit Wasser verdünnt genossen. Homer beschreibt in seiner Odyssee, die etwa um 800 v.u.Z. geschrieben wurde, eine Zeremonie, in der Helena einen solchen Wein zubereitet. Insgesamt etwa fünfzig Sorten von mit Gewürzen verfeinertem Wein werden in antiken Rezepten erwähnt, während der Zusatz von Pech, Harz oder Salzwasser während der Vinifikation der Trauben dazu diente, den Wein mikrobiologisch zu stabilisieren (heute geschieht das bisweilen durch Schwefelung).
Auch in den Evangelien wird eine Szene geschildert, bei der Jesus vor der Kreuzigung ein mit Kräutern versetzter Wein gereicht wird, bei dem es sich laut Matthäus um Wermut gehandelt hat. Das Wermutkraut allerdings diente hier nicht der Verfeinerung des Weines, sondern es sollte als ein Betäubungsmittel dienen und die Qualen der Kreuzigung erträglicher machen.
Noch heute wird Wein mit Kräutern versetzt und insbesondere auch das Wermutkraut, Artemisia absinthium, findet dabei Verwendung. Am bekanntesten in diesem Zusammenhang ist vielleicht Absinth, auch wenn es sich dabei nicht um einen mit Wermutkraut versetzten Wein, sondern um eine Spirituose handelt. Für Absinth werden neben Wermut traditionell Anis, Fenchel und andere Kräuter verwendet sowie geschmacksneutraler, destillierter Alkohol, wobei der Alkoholgehalt üblicherweise zwischen 45 und 85 Volumenprozent beträgt. Aufgrund der Verwendung bitter schmeckender Kräuter, insbesondere von Wermut, gilt Absinth als Bitterspirituose (obwohl er nicht unbedingt bitter schmeckt).
Absinth wurde ursprünglich im 18. Jahrhundert im Val de Travers im heutigen Schweizer Kanton Neuenburg/Neuchâtel als Heilmittel hergestellt – und traditionell mit Wasser vermengt getrunken. Allerdings wurde es 1915 in zahlreichen Staaten verboten, da es im Ruf stand, aufgrund seines Thujon-Gehaltes abhängig zu machen, was jedoch nicht nachgewiesen werden konnte. Seit 1988 ist Absinth deshalb in den meisten Staaten wieder zugelassen.
Bei der Herstellung werden Wermut und die anderen Kräuter in Neutral- oder Weinalkohol mazeriert (eingeweicht) und anschließend meistens destilliert. Die Destillation trägt dazu bei, die starken Bitterstoffe des Wermutkrauts abzutrennen. Diese sind weniger flüchtig als die Aromastoffe und bleiben bei der Destillation zurück. Umgekehrt kann eine unverhältnismäßige Bitterkeit bei Absinth ein Indiz dafür sein, dass bei der Produktion auf die Destillation ganz oder teilweise verzichtet wurde. (Einen solchen, eher selten produzierten Absinth bezeichnet man als „mazerierten Absinth“.)
Absinth hat gewöhnlich eine grüne Farbe, die er vom hohen Chlorophyll-Anteil in pontischem Wermut erhält. Bei altem Absinth kann sich die Färbung ins bräunliche wandeln, da sich das Chlorophyll im Laufe der Zeit zersetzt (die Eintrübung bei der Mischung mit Wasser erfolgt, da sich zuvor chemisch gebundene Trübstoffe im Wasser lösen).
Das Rezept für Absinth ist in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts entstanden – mit Wermut versetzter Wein allerdings wurde in Neuchâtel nachweislich bereits 1737 konsumiert. Hierbei wurde aber nicht destilliert: Im Unterschied zu destilliertem Absinth handelt es sich bei normalem Wermut/Vermouth nicht um eine Spirituose, sondern um einen Wein, der mit Kräutern aus Artemisia-Arten versetzt und mit Hochprozentigem aufgespritet wird um seinen typischen Alkoholgehalt von 15 bis 19 Volumenprozent zu erhalten (vorgeschrieben ist ein Alkoholgehalt zwischen 14,5 und maximal 21,9 Volumenprozent). Dazu werden gereifte, konzentrierte Extrakte aus mazeriertem Wein mit Basiswein verschnitten.
Die Lagerung von Wermut erfolgt in Stahl oder auch Holz, die Zugabe von Zucker regelt die Kategorie:
- Extra Dry (weniger als 30 Gramm Restzucker pro Liter)
- Dry (weniger als 50 Gramm)
- Süss (mindestens 130 Gramm)
Als Erfinder des Wermut im heutigen Verständnis gilt der Piemonteser Antonio Benedetto Copano, der das Getränk 1786 in Turin zubereitete, indem er Rotwein mit Zucker, Karamell und rund dreissig Kräutern versetzte: Vermouth di Torino. Erst später entstand in Frankreich eine trockene Variante, deren Herkunft noch heute geschützt ist: Vermouth de Chambery. In Turin wird noch heute Wermut von „Cinzano“, „Martini“ und anderen produziert, während „Noilly Prat“ im südfranzösischen Marseillan beheimatet ist (und auf Basis der Rebsorten Clairette und Picpoul de Pinet Vermouth produziert). Das Spektrum reicht von spritzig-mineralischen, über intensiv-fruchtigen bis hin zu animierend-floralen beziehungsweise bitteren Aromen, entscheidend ist jeweils die Komposition von Süsse, Bitteraroma und auch Säure.
Urheber der Absinth-Rezeptur ist je nach Quelle jemand anderer. Gesichert ist, dass im Jahr 1797 ein Major Dubied mit seinem Schwiegersohn Henri Louis Pernod eine Absinthbrennerei gründete, nachdem er das Rezept rechtmäßig erwarb. Um umständliche Formalitäten zu vermeiden, wurde die Brennerei im Jahr 1805 von der Schweiz in den Hauptabsatzmarkt, ins französische Pontarlier, verlegt.
Das Verbot des Absinth führte dazu, dass Pernod fortan Anis-Schnäpse als Ersatz für Absinth produzierte. Der Name dieser anishaltigen Spirituose stammt vom okzitanischen Wort „pastis“ beziehungsweise „pastiche“, was „Nachahmung“ bedeutet, im provencalischen „Mischung“. (Heute wird für Pastis Sternanis, Zucker, Fenchelsamen, Süßholzwurzel und andere Gewürze und Kräuter verwendet.)
Die beiden bekanntesten Pastis-Marken dürften zweifelsohne „Pernod“ und „Ricard“ sein (beide Produzenten sind im Jahr 1975 zu einem Konzern verschmolzen), allerdings gilt: Nur „Pernod 51“ ist ein klassischer Pastis, einfachem „Pernod“ fehlt das gesetzlich vorgeschriebe Süßholz zur Aromatisierung, weshalb es sich bei ihm nur um einen sogenannten Apéritif-Anisé handelt.