Die Region Languedoc-Roussillon wird auch „Le Midi“ (ähnlich wie das italienische „Mezzogiorno“) genannt und liegt im äußersten Süden von Frankreich. Im Mittelalter wurde die südlichen Hälfte Frankreichs, mit Ausnahme des Baskenlandes und des Roussillon, Okzitanien genannt. Hier wurde Okzitanisch gesprochen – die Langue d`Oc. Das Roussillon gehörte lange zu Spanien und fiel erst nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1618 bis 1648) mit dem sogenannten Pyrenäenfrieden 1659 an Frankreich – behielt sich jedoch stets seine katalanische Sprache und Kultur.

Geografisch gesehen umfasst der Midi sämtliche Gebiete, die unterhalb von Bordeaux und Briancon südlich des 45. Breitengrades liegen. Die Stadt Valence, an der südlichen Spitze der nördlichen Rhône gelegen, trägt auch den Namen „Porte du Midi“, das Tor des Südens.
Das Weinanbaugebiet Languedoc-Roussillon erstreckt sich von Nîmes bis zur spanischen Grenze und ist mit rund 220.000 Hektar eine der größten Weinbauregionen der Welt. Sie wird von etwa 3.750 Weingütern und 343 Genossenschaften bewirtschaftet.
Bekannt wurde Languedoc-Roussillon aufgrund der zahlreichen Landweine: Es gibt mehr als 23 IGPs und mehr als 38 AOPs -, vor allem die alles umfassende IGP Vins de Pays d`Oc, die alle Vins des Pays aus dem Midi umfasst. Die meisten Erzeuger bereiten AOP- und IGP-Weine, viele auch ausschließlich. Immer mehr Wein wird inzwischen aber auch als einfacher „Vin de France“ vermarktet, was jedoch eher mit Experimentierfreude und nichts mit der Qualität zu tun hat: Wie im Burgund ist auch hier der Erzeuger der Schlüssel zu einem guten Wein.
Klima
Aufgrund der Größe des Gebiets sind die Klima- und Bodenbedingungen sehr unterschiedlich. Grundsätzlich herrscht in der Region mediterranes Klima mit Temperaturen von häufig über dreißig Grad im Sommer, milden Wintern und geringen Niederschlagsmengen, vor allem während der Wachstumsperiode. Die Bedingungen für den Rebbau sind infolgedessen, auch mit den 2.500 Sonnenstunden und mit 500 Millimeter Niederschlag, in den meisten Jahren ideal.
Dabei sind die im Landesinneren, in den Ausläufern der die Region umgebenden Gebirge angelegten Weinberge (in den Appellationen Pic St. Loup, Terrasses du Larzac und den nördlichen Gebieten von Faugères und Saint Chinian), deutlich kühler als die Lagen in der Küstenebene. Zudem haben sie oft weniger fruchtbare, aber für den Qualitätsanbau besser geeignete Böden: Die Böden im Norden bestehen aus Granit und Gneis, wodurch die Weine sehr körperreich und mineralisch wirken. Im Süden herrscht hingegen mediterranes Klima, die Böden bestehen aus Sandstein, Schiefer und Kalklehm. Entsprechend sind die Weine leichter, würziger und erinnern an Wildkräuter.
Auch starke Winde können Einfluß auf das Klima haben: Trockene Nordwinde kühlen den Osten und Westen der Region. Durch das Tal der Rhône fegt der Mistral, während der Tramontane durch den Einschnitt zwischen dem Massif Central im Norden und den Pyrenäen an der Grenze zu Spanien einfällt.
Die größte Gefahr in diesem warmen, trockenen Klima ist Dürre – auch wenn es von Zeit zu Zeit Überschwemmungen im Sommer geben kann. Das gilt insbesondere für Roussillon, wo die Sonne über 300 Tage im Jahr scheint und die Durchschnittstemperaturen landesweit am höchsten sind. Aufgrund der geringen Niederschlagsmengen und des reduzierten Krankheitsrisikos finden sich hier auch die meisten biologisch oder biodynamisch wirtschaftenden Winzer Frankreichs.
Rebsorten
In Languedoc-Roussillon findet sich eine große Auswahl an Rebsorten, auch einige autochthone, lokale Sorten. Der Großteil der Flächen ist mit dunklen Rebsorten bestockt (85 Prozent). Aktuell gibt es 56 Rebsorten, die für IGP-Weine genehmigt sind, für Appellationsweine sind weniger Rebsorten vorgeschrieben. Die wichtigsten sind – in jeder Appellation anders beziehungsweise in einem anderen Verhältnis miteinander kombiniert: Syrah, Grenache, Mourvèdre, Carignan und Cinsault.
Syrah ist eine ertragreiche Rebsorte, die spät austreibt, aber auch ausreift. Seine Beeren sind dann – ähnlich wie bei Cabernet Sauvignon – klein, dick und dunkel und ergeben Weine mit vollem Körper, gut strukturierter Säure und reichlich Tannin. Sie sind in der Regel dunkelrot, zeigen in der Nase florale Noten (Veilchen) und haben Aromen von schwarzen Früchten sowie manchmal auch schwarzem Pfeffer. Die tiefen, dunklen, dichten Qualitäten werden jedoch beeinträchtigt, wenn seine Erträge nicht reduziert werden oder er zu lange am Stock bleibt – Syrah verliert dann viel von seinem Aroma und seiner Säure.
Anders als die andern genannten Rebsorten, die in Buschform erzogen werden, braucht Syrah ein Unterstützungssystem bei der Reberziehung. Deshalb wird er beispielsweise an der vom Mistral durchtosten Nördlichen Rhône traditionell einzeln am Pfahl erzogen, während ansonsten moderne Drahtrahmensysteme zur Reberziehung verwendet werden. Dieses System ist aber mit Aufwand und Kosten verbunden, weshalb es erst relativ spät, in den 1980er Jahren, auch an der Rhône eingeführt wurde. Noch länger hat es im Languedoc gedauert.
Nicht zuletzt deshalb ist Syrah hier eine eher neue Rebsorte ist, die sich zwar perfekt für das heiße mediterrane Klima hier eignet, aber erst etabliert wurde, als man mit der Umstellung des Weinbaus von Quantität auf Qualität begann: Ähnlich wie im süditalienischen Apulien, hat die Europäische Union in zwei Programmen – 1988 und 2007 – auch in Südfrankreich Prämien für die Trockenlegung des europäischen „Weinsees“ bezahlt, mit der Folge, dass zehntausende Hektar Rebstöcke ausgehauen wurden („arrachage“ genannt) und die Anbaufläche so von über 400.000 Hektar auf die heutige Größe halbiert wurde. Gleichzeitig aber hat man damit begonnen, neue, hochwertigere Rebsorten wie eben Syrah auf den noch bestehenden Rebflächen anzubauen.
Inzwischen hat Syrah in ganz Südfrankreich einen enormen Zuwachs erlebt, sodass allein im Languedoc etwa 44.000 Hektar mit ihm bestockt sind, insbesondere in den Départements Gard und Hérault. Syrah wird hier als „Verbesserungssorte“ betrachtet, die den Weinen mehr Struktur verleiht, und dient deshalb als offizieller Verschnittpartner für Grenache, Mourvèdre, Carignan und Cinsault in praktisch allen Appellationen.
Grenache ist kräftig und ergiebig sowie unempfindlich gegenüber Wind und Trockenheit. Die Weine von Grenache haben einen hohen Alkoholanteil, aber gemäßigte Säure und Tannine. Zu Aromen roter Früchte kommt eine Spur Lakritz und Gewürznoten. Grenache bildet zusammen mit Syrah und Carignan die Grundlage für die meisten AOP-Weine aus Languedoc-Roussillon. Allerdings tritt sie selten reinsortig auf, sondern wird meist mit farbintensiveren Rebsorten verschnitten, die bisweilen auch Tannin einbringen – und zwar, in jeder Appellation anders beziehungsweise in einem anderen Verhältnis zueinander, kombiniert mit Syrah, Mourvèdre, Carignan und Cinsault.
Nichtsdestotrotz wird Grenache hier auf über 44.000 Hektar angebaut – wobei dann auch die Rebflächen in den Ebenen des ansonsten hügeligen Roussillon dabei sind. Sie zählen zu den heißesten und trockensten Frankreichs, weshalb ihre in Buschform erzogenen Grenache-Stöcke schon Mitte August lesereife Trauben tragen. Die durchschnittlichen Erträge im südlichsten Anbaugebiet des Landes mit seinen steilen, windgepeitschten Terrassen aus braunem Schiefer liegen dabei bisweilen bei unter zwanzig Hektoliter pro Hektar. Nicht selten trocknen die Beeren der alten Grenache-Reben sogar am Stock. Sie fliessen in die einfachen Vin Doux Naturels (VDN) ein, die durch Zugabe von Branntwein während der Gärung (wie bei Portwein) entstehen. Über neunzig Prozent aller VDN aus dem Midi kommen aus Roussillon – und der AOP Rivesaltes ist der beliebteste. Die AOP Maury ist eine weitere Appellation für VDN, genauso wie die AOP Banyuls. Sie alle entstehen hauptsächlich aus Grenache.
Mourvèdre wird auf 5.300 Hektar angepflanzt, ist spätreifend und braucht viel Sonne und Hitze (wie man sie an der Küste findet), er reift nur in wärmsten Lagen voll aus. Er hat eine starke Färbung und hohen Alkohol, Tannine und Säure sowie komplexe Aromen von Pflaume, Brombeer und Gewürzen.
Carignan ist eine sehr kräftige Rebsorte. Sie ist spätknospend und -reifend, dunkelhäutig mit hohem Tannin-, Säure- und Farbgehalt, aber wenig Alkohol. Ausserdem ist sie arm an Frucht und Finesse. Aufgrund des hohen Tanningehalts praktiziert man bei Carignan oft eine máceration semi-carbonique, um die Tannine etwas zu mildern.
Cinsault wird auf 12.700 Hektar angebaut und ist unempfindlich gegen Wind und Trockenheit, benötigt aber hohe Temperaturen um auszureifen. Weine aus Cinsault sind hell mit niedrigen Tanninen, gemäßigter Säure und Aromen roter Früchte. Aus Cinsault wird oft Roséwein gemacht, ansonsten ist er im Verschnitt ein guter Partner für Carignan und Grenache.
Alle genannten Rotwein-Rebsorten eignen sich gut für das warme, trockene, sommerliche Klima (Syrah bringt ansonsten auch noch in etwas kühleren Gegenden wie an der Rhône gute Ergebnisse). Weißwein hat im heißen Süden Frankreichs nicht so einen hohen Stellenwert, dennoch wachsen hier einige bemerkenswerte autochthone Rebsorten wie beispielsweise:
Picpoul ist nur im Languedoc zu finden (auf etwa 2.000 Hektar), wo sie als einzige Rebsorte in Weinen der AOP Picpoul de Pinet verwendet wird. Hier an der Küste profitiert sie von den kühlen Meeresbrisen, die über La Clape ins Landesinnere wehen und helfen, die natürliche Säure der Rebsorte zu bewahren: „Picpoul“ ist okzitanisch und bedeutet sowiel wie „Lippenbeißer“, was auf den relativ hohen Säuregrad der Rebe und die vorherrschenden Zitrus- und Apfelaromen hindeutet. Ansonsten ist die Sorte recht aromatisch mit gemäßigtem Alkoholgehalt. Sie wird gewöhnlich ohne Eichenkontakt, sondern im Stahltank vinifiziert.
Bourboulenc (Malvasia) wächst auf etwa 750 Hektar. Sie ist in den meisten Mittelmeerregionen vertreten und auch bekannt als eine der 13 zugelassenen Rebsorten für Châteauneuf-du-Pape-Weine. In Languedoc wächst sie vornehmlich in der AOP La Clape an der Küste (hier macht sie fast vierzig Prozent der Rebfläche aus), da sie hohe Temperaturen braucht. Bourboulenc ist spätreifend (oft erst Mitte oder Ende Oktober), mit ausgeprägter Säure und gemäßigtem Alkohol. Zitrus- und Grapefruitaromen dominieren bei ihr.
Clairette Blanc wird häufiger angebaut als die beiden zuvor genannten Rebsorten (auf etwa 3.000 Hektar) und häufig auch reinsortig vinifiziert (zum Beispiel bei Weinen aus der AOP Clairette de Languedoc). Sie ist dickhäutig, spätreifend und hat wenig Säure, dafür einen recht hohen Alkoholgehalt (13,5 Volumenprozent). Zu Aromen von Aprikose, Apfel und Limone gesellen sich Fenchel- und Akaziennoten.
Weinregionen
Das Gros der Weine Südfrankreichs, über neunzig Prozent, wird im Languedoc produziert, das aus den Departements Aude, Hérault und Gard besteht, während das Verwaltungsgebiet des Departements Pyrénées-Orientales als Roussillon bezeichnet wird.
Languedoc
Die AOP Corbières ist die größte Appellation, weitere bekannte klassifizierte Weine sind: Saint Chinian, Fitou, Crémant de Limoux und Banyuls – eine der wichtigsten jedoch ist im westlichen Languedoc die AOP Minervois. Die Appellation reicht, an den Hängen des Massif Central gelegen, nicht bis an die Küste, weist aber eine große Viefalt in Bezug auf Höhenlage, Fruchtbarkeit des Bodens und zumindest noch kühlende Meereseinflüße auf. Auch dieses Gebiet ist weiter unterteilt und der beste Bereich, Minervois La Livinière, hat eine eigene AOP.
Minervois ist nicht ganz so zerklüftet wie Corbières, allerdings drängen die Weinberge an der Nordgrenze die Hänge der aufragenden Montagne Noir hinauf. Auf diesen Cevennen-Ausläufern wirken die Reben gefährdet, etwas oberhalb des Dorfes aber liegen einige der höchsten, am spätesten reifenden Weinberge des Languedoc. Im Südwesten macht sich der Atlantik durch höhere Säuregrade und einen etwas leichteren Stil bemerkbar. Das wärmere, trockenere Land, das sich zum Fluß Aude herabschwingt, und das dem Mittelmeer am nächsten liegende Terrain liefern viele der eher nichtssagenden Cuvées.
Neben dem Rotwein brilliert die alte Weißweinsorte Bourboulenc (Malvasia) in der AOP La Clape, einem Kalksteinmassiv südlich von Narbonne. Die Weißweine der windumtobten Halbinsel La Clape haben einen prägnanten Meeresduft, fast wie Jod. Zudem entstehen hier auch aromatische Vin Doux Naturels (VDN) auf Basis von Muscat d`Alexandrie wie der Muscat de St. Jean de Minvervois. (Bekannter als die VDN aus dem Languedoc sind jedoch jene aus Rivesaltes, Maury und Banyuls in Roussillon.)
Bei Vin Doux Naturels (VDN) wird – wie bei Portwein – die Gärung durch die Zugabe von Destillat gestoppt. Man geht davon aus, dass die Mauren in Andalusien bereits Destillationswissen hatten, aber im Jahr 1285 entdeckte der Arzt Arnaud de Villeneuve aus Montpellier die „mutage“, das heißt die Anreicherung des Traubenmostes mit Alkohol. Diese Weinbereitungstechnik wurde im Roussillon also schon 400 Jahre früher angewendet als im portugiesischen Douro-Tal: Portwein wurde erstmals 1678 offiziell anerkannt, demnach sind die südfranzösischen VDN dem Portwein ganze vier Jahrhunderte voraus.
Zwischen Béziers und Montpellier erstreckt sich eine weite, flache Küstenebene. Weiter landeinwärts und in Richtung der spanischen Grenze hingegen ist die Landschaft hügeliger und rauer. Neben Minervois die wichtigste Appellation ist die AOP Corbières, die wiederum aus 11 Unterbereichen besteht, darunter die AOP Corbières Boutenac.
Corbières reicht von der Küste sechzig Kilometer ins Departement Aude – hier wechselt sich Kalk mit Schiefer, Ton, Mergel und Sandstein ab und der Atlantik übt im Norden genauso seinen Einfluß aus wie das Mittelmeer im Süden. Im Norden kühlt der Tramontane die Weinberge.
Die AOP Fitou war 1948 die erste Appellation des Languedoc. Das Anbaugebiet setzt sich aus zwei individuellen, durch einen breiten Keil getrennte Enklaven innerhalb des Corbières zusammen: Fitou Maritime, ein Ton-Kalksteinband um die Salzwasserlagune an der Küste, und Fitou Haut, ein gebirgiger Schieferstreifen rund 24 Kilometer landeinwärts. Der Grenache-Anteil steigt hier auf Kosten des Carignan. Syrah und Mourvèdre gewinnen in Fitou Maritime an Boden.
In der Gegend um Limoux im Westen des Languedoc werden traditionell Schaumweine produziert. Hier ist die Manzac-Traube zu Hause – und es ist die höhere Lage, die für Kühle sorgt. Auf Manzac-Basis wird Blanquette Méthode Ancestral produziert, während der zartere AOP Crémant de Limoux aus Chardonnay, Chenin Blanc und Pinot Noir erzeugt wird. Stillweine werden zwingend in Holzfässern vergoren.
Im Gegensatz zum traditionellen Flaschengärverfahren wie bei Champagner wird bei der Méthode Ancestral (die auch bei der Herstellung eines PetNat, das heißt „Pétillant Naturel“, verwendet wird) auf ein langes Hefelager verzichtet (der Hefepropf wird bereits nach zwei bis drei Monaten entfernt). Anders als der Crémant soll der Blanquette also keine Hefe- oder Briochenoten haben und wird auch ohne Dosage verkorkt und versiegelt.
All diese Weine besitzen eine viel feinere Säure als die aus dem wärmeren östlichen Languedoc, ebenso wie jene aus der AOP Malpère im Norden. Ihre Weine werden von Merlot und Malbec (oder Côt) beherrscht, sind aber nie Spitzenweine.
Die Weine nördlich von Carcassone kommen aus der AOP Corbordès, die einzige Appellation, die Mittelmeer-Trauben mit atlantischen Bordeaux-Trauben kombiniert, was einen Qualitätssprung brachte.
Die Rebflächen im zentralen Bereich der Mittelmeerküste sind mit EU-Mitteln erheblich geschrumpft (von ingesamt über 400.000 Hektar auf „nur noch“ etwa 230.000 Hektar im gesamten Languedoc-Roussillon), insbesondere im höheren Landesinneren mit mageren Böden. Typischerweise wachsen die Reben hier an Hängen wie den AOP Terrasses du Larzac, wo sonst nichts gedeiht.
Eines der charakteristischen Terroirs ist die AOP Pic St.-Loup an den Ausläufern der markanten Cevennen. Die Reben hier kommen noch in den Genuss der südlichen Sonne und spiegeln die Kräuter der Region und die Höhenlage mit ihren kühleren Nächten wider. Hier ist gutes „Syrah-Land“.
Die AOP St.-Chinian genießt mit den besten Ruf und liegt in Höhen weit über 600 Meter auf den zerklüfteten Schieferböden im Norden und Westen der Region. St-Chinion-Berlou und St.-Chinion-Roquebrune sind Unterregionen, die stärker von Schiefer und Syrah beeinflußt sind. Die Reben in niedrigeren Lagen bringen weichere Weine.
Die AOP Faugères besteht fast nur aus mageren Böden in bis zu 700 Meter Höhe über Béziers und verlangt den Winzern alles ab.
Roussillon
Im Roussillon wird katalanische Kultur gelebt – es gehört erst seit 1659 zu Frankreich. Hier am Ostende der Pyrenäen fällt die Landschaft vom schneebedeckten, über 2.750 Meter hoch aufragenden Canigou-Gipfel steil zum Mittelmeer ab. Bei einer durchschnittlichen Zahl von 325 Sonnentagen im Jahr versteht man, warum unter anderem Wein die Täler von Agly, Têt und Tech prägt. Konzentriert wird die Wirkung der Sonne zusätzlich in den nach Osten gerichteten, von dem Corbières, dem Canigou und den Albères-Höhen gebildeten Amphitheater.
Die trockenen Weine aus dem Roussillon können starke Tannine haben. Die Vergärung von ganzen Trauben und der Verzicht auf maschinelle Ernte schaffen Abhilfe. Die einfachste Art heißt AOP Côtes du Roussillon (aus Carignan).
Die AOP Côtes du Roussillon-Villages im Norden des Roussillon bringen dank geringerer Erträge und stärkerem Alkoholgehalt kräftigere, ansprechendere Rotweine hervor (zum Beispiel Les Asprès). Im zerklüfteten, gebirgigen Roussillon scheint viel Sonne, es gibt wenig Regen und besonders kräftige Winde.
Trockene Weine aus der Banyuls-Zone im Süden, an der spanischen Grenze, sind als AOP Collioure bekannt. Die tief Karminroten, eher „spanisch“ als „französisch“ schmeckenden, alkoholstarken Rotweine werden überwiegend aus Grenache bereitet, aber auch aus Syrah und Mourvèdre, Weißweine aus Grenache Blanc und Grenache Gris.
Die Rebflächen in den Ebenen des Roussillon zählen zu den heißesten und trockensten Frankreichs, weshalb ihre in Buschform erzogenen Grenache-Stöcke schon Mitte August lesereife Trauben tragen. Sie fliessen in die einfachen Vins Doux Naturels ein, natürliche Süssweine, die durch Zugabe von Branntwein während der Gärung (wie Portwein) entstehen. Über neunzig Prozent aller süssen VDN aus dem Midi kommen aus Roussillon – und der AOP Rivesaltes ist der beliebteste unter ihnen.
Die AOP Maury ist eine weitere Appellation für Süsswein, genauso wie die AOP Banyuls. Die durchschnittlichen Erträge im südlichsten Anbaugebiet Frankreichs mit seinen steilen, windgepeitschten Terrassen aus braunem Schiefer liegen bisweilen bei unter zwanzig Hektoliter Pro Hektar und stammen hauptsächlich von alten Grenache-Reben, die in Buschform erzogen werden. Sie trocknen oft sogar am Stock.
Für einen Banyuls Grand Cru sind dreißig Monate Fassreifung und 75 Prozent Grenache vorgeschrieben, dadurch entstehen eher blasse Süssweine, wegen der Wärme, mit berauschendem rancio-Geschmack (Rancio-Weine werden fünf Jahre lang oxidativ – also mit Sauerstoffkontakt – ausgebaut, haben eine fast schon braune Farbe und den Firngeschmack alter Weine: Ein 60 bis 70 Jahre alter Banyuls bekommt Propolis-Noten, die ein wenig an Honig erinnern). Der Rimage wiederum, der nur in besten Jahren gemacht wird, wird bereits nach wenigen Monaten in die Flasche gefüllt und altert nach Art des Vintage Port insofern reduktiv, ohne Sauerstoffkontakt, in der Flasche – also wesentlich langsamer.
Die Vins Doux Naturels bilden das Aushängeschild des Roussillon, zumal 95 Prozent der natürlichen Süssweine Frankreichs hier produziert werden: der Banyuls und seine Kaffee- und Kakaonuancen, der Muscat aus Rivesaltes mit seinen Aromen gereifter Früchte und Rosen und süssen Weine aus Maury. Weich und kräftig – sie alle stammen aus dem Roussillon, dieser schroffen und windgepeitschten Gegend zwischen Frankreich und Spanien.
Der Weinbau hat hier schon immer eine zentrale Rolle gespielt und eine charakteristische Landschaft geformt – vom Wein gepägt. Die ersten Rebstöcke tauchten in der Gegend bereits in der Antike auf: Zuerst bei den Griechen, den Phöniziern und dann bei den Römern. Doch erst im 12. Jahrhundert sind die Hänge der östlichen Pyrenäen mit Reben vollständig überzogen. Und zwar unter Einfluß eines der größten monastischen Orden der Epoche: den Tempelrittern – eine sowohl religiöse, als auch militärische Organisation, mit der Mission die gläubigen Pilger auf ihrem Weg ins Heilige Land zu beschützen. Rasch wird sich ihr Eigentum vervielfachen: Die Geistlichen haben damals viele Schenkungen bekommen, das war der sogenannte Ablasshandel, mit dem man sich den Eintritt ins Paradies sichern wollte.
Als sie in die Region kommen werfen sie ein Auge auf die große Ebene von Trouillas, 15 Kilometer vor Perpignan. Sie beschließen, dort ihre Hauptkontorei zu errichten, das „Mas Dieu“, das „Haus Gottes“, von dem aber nur noch Überreste stehen.
Im streng religiösen 12. Jahrhundert hat die Weinproduktion Vorrang, da sie vor allem für die Eucharistiefeier unerlässlich ist, auch wenn die sowohl sumpfige als auch felsige Region dafür nicht unbedingt ideal ist. Aber daran soll es nicht scheitern: die Templer unternehmen alles, um den Boden zu verbessern. Die gesundheitsschädlichen Sümpfe, die nicht kultiviert werden konnten, trockneten sie aus – aber sie konnten nicht alles allein machen. Denn so einfach es sein mag, Rebstöcke in einer Ebene zu pflanzen, so schwer ist es, den Boden an einem Berghang urbar zu machen. Zuerst mußte man also Leute finden, die mitmachen wollten. Deshalb wendete man sich an die Bauern der Region, die mit dem Ackerbau ohnehin vertraut waren: Sie sollten den halben Weinberg für sich behalten dürfen, wenn sie die Hänge für den Weinbau vorbereiteten. So wurde die unwirtliche Gegend nach und nach durch den Anbau der Rebsorten Muscat und Grenache in eine Weinbauregion umgewandelt.
In Banyuls zum Beispiel entsteht in dieser Zeit eine Art Amphitheater der Reben mit Meerblick. Die Weinberge liegen in steilen Hängen, die in manchen Parzellen ein Gefälle von bis zu 60 Prozent erreichen können. Die von den Bauern an den Hängen errichteten Mauern halten die mageren Böden, die ansonsten bei jedem Regen wegschwemmt werden. Sie wurden gebaut, um den Boden abzustützen und um ihn von den Steinen zu befreien – aber auch, um die Arbeit aufzuteilen.
Im Roussillon herrschen laufend verschiedene, auch extreme Wetterbedingungen. Der Einfluß des Meeres sorgt dafür, dass in den Hügeln der Küste ein relativ mildes Klima herrscht. Ansonsten weht dauernd ein kühler Wind. Doch hinter den Hügeln wird das Klima schnell extrem, mit Temperaturen um die 40 Grad im Schatten. Auf diesen abweisenden, sonnengegerbten Böden entwickeln sich Weine mit einem außergewöhnlichen Zuckergehalt. Was Wetter und Hitze anbelangt, sind sie ultra-resistent, wohingegen andere Weine schnell zu Essig werden.
Im 13. Jahrhundert erleben die katalanischen Süssweine einen neuen Aufschwung: 1276 wird Perpignon zur Hauptstadt des Königreichs Mallorca ausgerufen. Die kleine spanische Monarchie entstand mit der Rückeroberung Spaniens. Ihr Herrscher, Jacob I. (1213-1276), benötigte einen Meerzugang – und entdeckte ungefährt 30 Kilometer entfernt, an der Côte Vermeille, die Ortschaft Collioure. Die kleine Stadt lag zwischen zwei Hügelketten wie von Krebsscheren umschlossen, die den Ort vor den ständig wehenden Winden schützen.
Man zählt hier neun Winde, die Tramontane ist der wichtigste und kann unglaubliche Windstärken erreichen. Das heißt, jeder Handel konnte ausschließlich über Collioure abgewickelt werden. Der König von Mallorca läßt sich deshalb in Collioure einen kleinen Stützpunkt bauen, eine mittelalterliche Burg, wo er sich mit seinem Hof von Zeit zu Zeit aufhält. Denn die mallorcinische Monarchie war ein sogenanntes Reisekönigtum. Das Königreich von Katalonien beginnt bei den Balearen, zu ihm gehört die Region Valencia, die Provinz Aragon und die ganze Region um Barcelona, Perpignan und Montpellier – sie waren also ständig unterwegs. Der katalanische Wein machte so die Runde.
Doch das Königreich Mallorca hat den örtlichen Weinbau auch technisch revolutioniert – dank des Leibarztes des König: Arnaud de Villeneuve (1235-1311). Er entdeckt die Technik der Mutage, bei der der Gärungsprozess durch die Zugabe von Alkohol unterbrochen wird: Während der Vergärung von Trauben mit einem sehr hohen natürlichen Zuckergehalt hat Villeneuve während ihrer Gärung hochprozentigen Alkohol hinzugegeben und festgestellt, dass dann die Gärung aufhört und man so einen natürlichen Süsswein, einen vin doux naturelle, bekommt – eben weil nicht der gesamte Zucker zu Alkohol umgewandelt wurde.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts floriert dank der Reben auch der Ort Baixas, zehn Kilometer von Perpignan entfernt. In der kleinen Ortsgemeinschaft mit ihren etwa 2.500 Mitgliedern drehte sich damals alles um den Weinbau. Doch 1906 bricht die gesamte Weinproduktion zusammen: Nach der Reblauskrise verführen die modernen Techniken und die günstigen Wetterbedingungen die Winzer dazu, zu viel Wein zu produzieren. Gegen die Konkurrenz ausländischer Weine und die Produktion mit künstlichen Zusätzen kann sich die örtliche Produktion dann aber irgendwann nicht mehr durchsetzen.
1907 saßen die Winzer auf der Ernte des Vorjahres, die sie nicht hatten verkaufen können. In Midi aber ist es schwierig, den Sommer über Wein zu konservieren – die Keller mussten leer werden. Also leerten sie den Wein in die Kanalisation und in die Flüsse und niemand verdiente mehr etwas, die Menschen hungerten. Der Ort Baixas ruft zum Steuerstreik auf – und rasch erheben sich alle Winzer in Midi. Im Mai ziehen mehr als 170.000 Leute nach Peripgnan, das damals nur 35.000 Einwohner zählte. Und im Juni sind 600.000 in Montpellier. In Narbonne wurde dann geschossen: es gab sechs Tode – und von da an ging es in Midi richtig los: es gab blutige Kämpfe, die Eisenbahnschienen wurden herausgerissen, damit die Truppen nicht von Außen kommen konnten – es herrschte Gewalt und es wurde gefährlich.
Der damalige Regierungschef Georges Clemencau (1841-1921) kapituliert und bringt ein Gesetz zur Abstimmung, dass den Weinbau reglementiert. Ab da entstand der moderne Weinbau. Die Winzer haben verstanden, dass sie sich zusammenschließen müssen in Form von Winzergenossenschaften. Das bedeutete einen enormen Vorteil bei Verhandlungen mit Weinhändlern – und so ist die Region schließlich auch zu einem gewissen Wohlstand gekommen.
1936 werden die AOC-Siegel für Weine mit kontrollierten Herkunft eingeführt. Mit diesem Rückenwind und moderaten Preisen erobern die katalanischen Süssweine in wenigen Jahrzehnten ganz Frankreich.