Weinglossar

Mittelmeerregion

Griechenland ist eine natürliche Heimat der Weinrebe, auch wenn Vitis vinifera ihr Entstehungszentrum an den Küsten des Kaspischen- und Schwarzen Meeres (Pontus) hat. Von dort aus hat sich die Rebe über Sumer, den heutigen Irak, nach Iran und Palästina in die Levante ausgebreitet und mit den Phöniziern nach Kreta und Griechenland. Die weitere Verbreitung der Rebe und des Weinbaus erfolgte dann mit der Besiedlung des Mittelmeerraums durch die Phönizier, die den Wein an die nordafrikanische Küste, nach Ägypten und Libyen, brachten, und später durch die Griechen, die ihn in Sizilien und Massalia (Marseille) einführten. (Diesem Weg folgte auch der Dionysoskult: Die Ausbreitung der Weinkultur an den Küsten des Mittelmeeres war auch wesentlich an der Einsetzung der Mysterien des Dionysos beteiligt.)

Die Levante mit seinen warmen Sommern und milden Wintern ist ein idealer Lebensraum für Reben. In einigen Ländern wird dort seit Jahrhunderten Weinbau betrieben, in anderen wie den nordafrikanischen geriet der Weinbau in Vergessenheit und wurde erst von den französischen Kolonialherren wieder aufgezwungen.

Mittelmeerregion_Weinanbaugebiete

Zypern

Zypern hat eine lange Tradition im Weinbau, archäologische Funde weisen bis um 3.500 v.u.Z. Inzwischen ist die Rebfläche aber auf rund 9.000 Hektar zusammengeschrumpft. Fast alle Weingärten liegen dabei alle auf Kalkböden an den Südhängen des Troodosgebirges in 240 bis 1.500 Meter Höhe – die besten über 1.000 Meter auf Vulkangestein, wo die Kombination aus Höhe und wertvollem Niederschlag den Weinbau erst ermöglicht. Die früher klare Trennlinie zwischen den vier Großkellereien und den rund fünfzig „Boutique-Weingütern“ ist heute verschwommen. „SODAP“, eine Winzergenossenschaft, ist das einzige wirkliche Großunternehmen und bedient den Massenmarkt, die anderen Erzeuger sind mehr auf Qualität bedacht.

Zypern wurde nie von der Reblaus heimgesucht und schützt seine Reben durch strikte Quarantänebestimmungen, was die Einführung internationaler Sorten (wie den südfranzösischen) verzögert hat. So standen lange die drei Sorten im Fokus: Mavro (Rotwein), Xynisteri (Weißwein) und Muscat d`Alexandrie. Der ursprünglichste Wein Zyperns bleibt der likörartige „Commondaria“ aus rosinierten Mavro- und Synister-Trauben, der an 14 Orten entsteht. Er muß mindestens zwei Jahre in Eiche ausgebaut werden und enthält vier mal soviel Zucker wie Portwein (er ist ebenfalls aufgepritet auf 15 bis 20 Volumenprozent Alkohol).

Zypern_Weinanbaugebiete

Libanon

Die zypriotische Weinindustrie ist derzeit weniger bekannt als die des Libanon (der von 1920 bis 1946 französisches Mandatsgebiet war) mit ihren etwa 3.000 Hektar Rebfläche. Schon in den 1970er Jahren machte sich das Land Kanaan, heute als Bekaatal bekannt, als Quelle von Erzeugnissen einen Namen, die mit einem Bordeaux vergleichbar sind, wie beispielsweise von „Chateau Musar“, die Cabernet Sauvignon, Cinsault und Carignan zu einem extrem aromatischen Rotwein verschneiden, wie Hugh Johnson weiß. Das Gros der libanesischen Weine ist aber schwer, konzentriert und so, wie man es in einem trockenen, heißen Land erwartet, dessen Reben praktisch krankheitsfrei sind und etwa 300 Tage Sonnenschein im Jahr bekommen. 2012 gab es donnoch mehr als vierzig Erzeuger, die bisweilen aber nur geringe Mengen produzieren. „Chateau Kefraya“, ebenfalls im Bekaa-Tal, ist ein weiteres bekanntes Weingut, oder das ursprünglich 1868 gegründete „Domaines des Tourelles“ sowie „Domaine de Baal“ (aus der Region Baalbek, der Heimat des Bacchustempels).

Die Bekaa-Ebene besteht aus kargen Kalkböden und die Reben wachsen bis in 1.000 Meter Höhe. Es herrscht kontinentales Klima, was für füllige, gut strukturierte Weine sorgt. Weinbau ist im Libanon aber nicht auf die Bekaa-Ebene beschränkt, sondern Wein entsteht auch in Batroun südlich von Tripoli und um die Hauptstadt Beirut, genauso wie am Mont Liban, einem Gebirgszug zwischen Küste und Batroun im Norden. Insbesondere auch der Libanon leidet unter dem Krieg im Nachbarland Syrien.

Libanon_Weinanbaugebiete

Israel (Palästina)

An hunderten Stellen wird bereits in der Bibel von Wein und Weinbau in Palästina gesprochen. Schon früh, möglicherweise bereits im 6. oder 5. Jahrtausend vor Christus wurde hier Wein kultiviert. Die wohl älteste schriftliche Bemerkung dazu wurde in Ägypten gefunden: In einer Inschrift aus dem Jahr 2375 vor Christus heißt es, daß Truppen des Pharao in Israel eine Revolte niedergeschlagen und dabei Städte und Weinstöcke zerstört hätten.

Und auch das Alte Testament schildert für die sogenannte „Zeit der Patriarchen“ (2000-1400 vor Christus) Wein als typisches landwirtschaftliches Erzeugnis in Palästina. Zu dieser Zeit waren die Israliten noch in Ägypten, aber als Moses nach dem Exodus aus Ägypten Kundschafter ins „gelobte Land“ aussschickte kamen sie dort ins später so genannte „Traubental [Nahal Eschkol], wegen der Traube, die die Israeliten dort abgeschnitten hatten“, wie es im Alten Testament (Numeri 13,22) heißt. Diese abgeschnittenen Trauben, “zu zweit an einer Stange“ (Numeri 13,23) transportiert, dienten bei ihrer Rückkehr als Beweis, dass das von Gott verheißene „Gelobte Land“ gefunden war.

Als sich die Israeliten schließlich in Palästina niederließen (um 1230 vor Christus) wurden sie, wie im Deuteronomium gefordert (28,39) zu Weinbauern: „Weinberge legst du an und pflegst sie …“

Israel_Weinanbaugebiete

Tatsächlich wurde in Palästina fast überall Weinbau betrieben, auch in Gebieten, in denen man das aufgrund der klimatischen Bedingungen vielleicht nicht erwarten würde wie beispielsweise am Toten Meer und im südlichen Negev. Neben dem „Traubental“ bei Hebron gibt es noch andere namentliche Hinweise darauf wie zum Beispiel den Mot Carmel („Berg der Reben“). Ansonsten werden Samaria genannt, das Ostjordanland, Silo, Sichem, und Timna. Jesaja (16,7-10) nennt außerdem Pflanzungen in Heschbon, Sibma, Jaser und Elale.

Anfang des 20. Jahrhunderts wurde in Gezer, nahe bei Jerusalem, eine kleine, beschriftete Kalksteintafel aus der Zeit um 1000 vor Christus gefunden: der sogenannte „Kalender von Gezer“ – eines der ältesten hebräischen Schriftdokumente. Es handelt sich dabei um ein landwirtschaftliches und gartenbauliches (Weinbau) Schriftdokument, das eng mit Kalendarien und mit der frühen Agrarkultur zu tun hat: Auf sieben Zeilen werden in einer groben, archaischen Schrift bäuerliche Tätigkeiten aufgezählt, die zugleich auch den jährlichen Zyklus der Landarbeit beschrieben. Es werden zwölf Monate aufgezählt, von denen acht miteinander verbunden sind, und die in diesen Monaten zu verrichtenden Arbeiten des Säens und Erntens. Die Anweisungen beginnen mit September/Oktober: „Zwei Monate der Ernte, zwei Monate der Aussaat, zwei Monate der Spätsaat, der Monat des Flachsziehens, der Monat der Gerstenernte, der Monat der Ernte und (ihres) Abschlusses, zwei Monate der Weinlese (oder: des Rebenschneidens), der Monat des Sommers. Abi(hu) [wohl der Name des Schreibers]“.

Zahlreiche Regelungen und Ratschläge zum Weinbau werden in der Bibel geäußert, zum Beispiel dass man Reben auf Hanglagen anbauen soll (Jes 5,1-2), der Weinberg jedes siebte Jahr brach liegen soll – und auch darüber, dass bestimmte Rebsorten für bestimmte Böden besser geeignet waren als andere wußte man. Schließlich waren in der Antike bereits etwa 150 verschiedene Rebsorten bekannt (deren Namen allerdings unbekannt sind).

Gekeltert wurde direkt im Weinberg, die Kelter selbst bestand aus zwei Steinbecken. Mit Steinen wurde der Rebberg auch umfriedet, einerseits als Schutz vor Fraßfeinden, andererseits um Bodenerosion zu verhindern. Die Reben ließ man offenbar an Feigenbäumen hochranken. Die Reben wurden dann geschnitten und ausgegeizt, wie es im Johannesevangelium (15,2) heißt: „Jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, schneidet er ab, und jede Rebe, die Frucht bringt, reinigt er, damit sie mehr Frucht bringt.“ Geschnitten wurde mit einem gebogenen Winzermesser, das man Jesaia (2,4) zufolge als Zeichen des Friedens aus Lanzen geschmiedet hat: „Dann schmieden sie Pflugscharen aus ihren Schwertern und Winzermesser aus ihren Lanzen.“

Die Weinlese fand von Juli bis Oktober statt. In der Kelter wurden die Trauben meist zertreten (Jes 16,10), bisweilen jedoch auch mechanisch gepresst (mit Hebeln) oder auch mit Steinen beschwert. Den gewonnenen Most füllte man in Weinschläuche aus Tierhäuten, deren Nähte mit Pech und Öl abgedichtet wurden. Die Gärung setzte in dem warmen Klima vermutlich rasch ein und erst im Frühling des nächsten Jahres wurde der mitunter noch nachgärende Wein in Schläuche oder Tonamphoren abgezogen (Holzfässer gab es nur in Gallien und Germanien). Dazu sagt Jesus im Markusevangelium (2,22): „Auch füllt niemand jungen Wein in alte Schläuche. Sonst zerreißt der Wein die Schläuche; der Wein ist verloren und die Schläuche sind unbrauchbar. Neuer Wein gehört in neue Schläuche.“

Für den Transport verwendete man hauptsächlich tönerne Amphoren, meist mit engem Hals und zwei Henkeln. Sie waren nicht einheitlich, ein verbreiteter Typ konnte aber etwa 26 Liter fassen und wog leer etwa 18 Kilogramm. Amphoren wurden bisweilen mit einem Lehm- oder Tonpropfen verschlossen, später auch mit Stöpseln aus Korkeiche (1. Jahrhundert vor Christus), die man mit Pech, Gips und vermutlich auch Wachs abdichtete. Schiffe vom römischen Standardtyp konnten 10.000 solcher Amphoren fassen, was einer Ladung von etwa 450 Tonnen entsprach.

Weinbau in Palästina wurde lange nicht mehr betrieben. Moderner Weinbau in Israel geht zurück auf das Ende des 19. Jahrhunderts als Baron Edmond de Rothschild eine Kellerei südlich von Tel Aviv und Haifa gründete. Durch enthusiastische Anpflanzungen besitzt Israel heute wieder 5.500 Hektar Rebland und exportiert weit mehr Wein als der Libanon – der andere Schauplatz einer Weinrevolution in der Levante. Das Gros der Weine bedient den internationalen Bedarf nach koscherem Wein, beispielsweise (schnellpasteurisiertem) „Mevushal“.

Das Weingut von Edmond de Rothschild ist nach wie vor eines der größten Weinbaubetriebe des Landes und verkauft seine Weine unter der Marke Carmel. Israel verfügt über die größten Rebflächen in den Küstenregionen von Samson und Samaria (wo überwiegend Carignan, Grenache und Sémillon angebaut wird). Ende der 1970er Jahre bestockte man außerdem die Vulkanböden der Golanhöhen mit Reben – von 400 Meter am See Genezareths bis auf 1.200 Meter Höhe am Berg Hermon im Norden -, womit der Weinbau eine völlig neue Richtung bekam.

Heute gibt es Weingärten auf den Golanhöhen, an den Ausläufern der Maronbergs im oberen Galiläa an der Grenze zum Libanon (südlich der Bekaa-Ebene) sowie im judäischen Bergland westlich von Jerusalem. Insgesamt sind es sechs individuelle Weinregionen: Samaria/Shomron (mit Samson), die Küstenebene, Judäa, Galiläa, die Golanhöhen und der Negev. Alle sind traditionell mit Buschreben bepflanzt, vornehmlich aus Bordelaiser Sorten und solchen von der Rhône.

Ägypten

Ägypten wird von der Wüste dominiert – dem Sinai im Osten und der Sahara im Westen, wobei die Wüste Sinai, benannt nach dem Mount Sinai in Ägypten (wo Moses dem Alten Testament zufolge die Gebote empfing), im gleichen Trockengürtel liegt wie die Sahara. Die Sahara liegt im Norden Afrikas und erstreckt sich von der Atlantikküste im Westen bis zur Küste des Roten Meeres im Osten und dehnt sich praktisch von der Mittelmeerküste Marokkos, Algeriens, Tunesiens und Libyens bis zur Sahelzone im Süden aus.

Die Sahara ist die größte heiße Wüste der Erde und gilt als Inbegriff der Wüste. Doch nur 10 Prozent unserer Wüsten sind solche Sandmeere – und die Sahara ist noch nicht einmal die größte Sandinsel unseres Planeten: das nämlich ist die Rub al-Chali („Leeres Viertel“) auf der arabischen Halbinsel.

Etwa ein Fünftel der Erdoberfläche ist von Wüsten bedeckt – und keine von ihnen gleicht der anderen. Neben den Sandwüsten gibt es auch unwirtliche Salzebenen, schroffe Stein- oder Felswüsten und andere mehr. So verschieden sie aber auch sein mögen, eines haben sie alle gemeinsam: den Mangel an Wasser und Vegetation, der ein Überleben nahezu unmöglich macht, weshalb Wüsten zu den tödlichsten Zonen unseres Planeten überhaupt zählen (auch wenn Karawanen die Sahara von Oase zu Oase, wie zum Beispiel jene von Siwa im Nordwesten Ägyptens, durchwandern).

In den heißen Wüsten der Erde wie der Sahara verdunstet durch die hohe Sonneneinstrahlung mehr Wasser als Regen fällt, oder die hohen Bergmassive lassen die Wolken abregnen, kilometerweit entfernt. Überall herrscht ein Mangel an Wasser. Hinzu kommt, dass in der Sahara im Sommer Temperaturen bis zu 46 Grad Celsius herrschen. Aber hier war es nicht immer trocken: Man vermutet, dass die Sahara einst so fruchtbar war, wie es die Uferzonen des Nils noch heute sind.

Der Nil ist in der dominierenden Wüstenlandschaft die einzige Lebensquelle Ägyptens – ohne sein Wasser wäre das Land nichts als eine lebensfeindliche Wüste. Fehlende Niederschläge und Trockenheit – zu der großen Hitze kommt der sandige Boden, der kein Wasser hält – erschweren die Situation für die landwirtschaftliche Bewirtschaftung erheblich. Lediglich auf dem Land zwischen Kairo und Assuan unmittelbar am Nil sowie im Nildelta und in einigen Oasen, in denen Tiefenwasser vorhanden ist, ist Landwirtschaft und damit auch Weinbau überhaupt möglich.

Der Nil ist der längste Fluss der Welt, wichtigster Transportweg Ägyptens, und er durchfließt das Land auf über 1.200 Kilometer Länge von Süden nach Norden. Sein Wasser entstammt einem riesigen Einzugsgebiet im Nordosten Afrikas, das über ein Zehntel des Kontinents umfasst. Der Nil durchströmt auf seinem Weg zum Mittelmeer sieben Länder mit einer Vielfalt an unterschiedlichen Landschaften.

Vor seiner Regulierung im 20. Jahrhundert trat der Nil alljährlich von August bis Oktober über die Ufer. Sein Wasser und Schlamm machten die Felder der Ägypter besonders fruchtbar, daher sind seine Ufer und die ufernahen Gebiete schon seit Jahrtausenden besiedelt. Der fruchtbare Flussschlamm sorgte wegen seines hohen Nährstoffgehaltes für die Düngung des Bodens und machte die Haltung von Vieh und den Anbau von Nutzpflanzen möglich. Auch der Weinbau hat in Ägypten eine jahrtausendealte Tradition – die allerdings zum Erliegen kam, nachdem der Islam ab dem 7. Jahrhundert in Ägypten Einzug hielt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts erfuhr der Weinbau im Land der Pharaonen eine Wiederbelebung.

Der griechischstämmige Unternehmer Nestor Gianaclis legte 1882 den ersten modernen Weinberg Ägyptens südlich von Alexandria im Nildelta an. Nach und nach baute er eine zwar bescheidene, aber dennoch beachtenswerte Weinproduktion auf, die bis zum Jahr 1952 kontinuierlich expandierte. Dann allerdings wurde 1963 das politische System Ägyptens in ein Präsidialsystem umgewandelt – und die Weinproduktion verstaatlicht. Unzureichendes Management, vor allem aber auch dominanter werdende konservative islamische Strömungen in der Gesellschaft führten zum Niedergang der jungen Weinkultur.

Noch schwieriger wurde die Situation, als im Jahr 1970 mit dem Bau des Assuan-Staudammes im Süden des Landes die jährlichen Überschwemmungen des Nils eingedämmt wurden: Plötzlich blieb der Flussschlamm aus, der bis dahin alljährlich für die fruchtbaren Böden gesorgt hatte. Für die Landwirtschaft und die wenigen Weinstöcke, die man bis dahin an den Ufern des Nils gepflanzt hatte, war das fatal, waren die Bauern von nun an doch auf künstliche Bewässerung und den Einsatz synthetischer Düngemittel angewiesen (die sich überdies negativ auf die Wasserqualität des Nils auswirkten).

In dem verzweifelten Bemühen, doch noch einen brauchbaren Wein zu produzieren, begann man bei den drei wichtigsten staatlichen Betrieben (neben „Gianaclis“ waren das „Chateau des Reves“ und „Obelisk“), Trauben aus dem Libanon zu importieren. Heute beträgt die angesichts des muslimischen Weinverbots hauptsächlich von den staatlichen Weingütern jährlich produzierte Menge an Wein lediglich etwa 27.000 Hektoliter – insbesondere auch von der autochthonen ägyptischen Rebsorte Muscat d`Alexandrie. Der größere Teil der Traubenproduktion, die auf einer Anbaufläche von etwa 50.000 Hektar stattfindet und damit immerhin fast halb so groß ist wie die Weinanbaufläche in Deutschland, dient für die Ernte von Tafeltrauben. Der Rest dient der Herstellung von Traubensaft.

Tunesien

Anders als in den Ländern der Levante, hat Weinbau im Maghreb keine lange Tradition, sondern entwickelte sich während der französischen Kolonialzeit. Dennoch deckten die nordafrikanischen Weinerzeugerländer Tunesien, Algerien und Marokko vor gut einem Jahrhundert zwei Drittel des gesamten internationalen Weinhandels ab.

Seit 1970 wird in Tunesien wieder Wein für den Export produziert. Waren es damals 50.000 Hektar, sind heute noch 15.000 Hektar übriggeblieben, hauptsächlich in der Umgebung von Tunis und dem alten Karthago an der Nordküste. Muscat-Weine sind hier so verbreitet wie auf den nahen Inseln bei Sizilien. Ansonsten keltert man auch hier Rotweinsorten des französischen Südens. Tunesien hat das französische AOP-System übernommen und sechs Appellationen eingerichtet, die größte davon ist Mornag. Die Genossenschaft „Union des Caves Cóoperatives Viticoles (UCCV)“, auch bekannt als „Vignerons de Carthago“, zeichnet für 65 Prozent des tunesischen Weins verantwortlich (insbesondere der aromatische Musacat de Kelibia). Kürzlich investierte das sizilianische „Calatrasi“ in 200 Hektar und produziert unter der Linie „Selian“ süffige CarignanSyrah-Weine.

Tunesien_Weinanbaugebiete

Algerien

Ähnlich wie in Tunesien entwickelte sich auch in Algerien der moderne Weinbau während der französischen Kolonialzeit. Einen Höhepunkt erreichte der Weinbau im Land dabei 1938, als 21 Millionen Hektoliter Wein produziert wurden, was in etwa einem Drittel der gesamten französischen Weinproduktion dieser Zeit entsprach. Riesige Mengen wurden damals von Algerien nach Frankreich produziert, wo der Wein für Verschnitte gebraucht wurde.

Die Unabhängigkeit von Frankreich 1962 hatte jedoch den sofortigen Niedergang der Weinwirtschaft zur Folge, als die Algerienfranzosen, die sogenannten „pieds noirs“ („Schwarzfüße“), nach Frankreich zurückkehren mußten. Plötzlich fiel der einzige (Export-)Markt für algerischen Wein weg, ganz abgesehen davon, dass mit den Franzosen praktisch auch die ganze Weinbauerfahrung aus dem Land verschwand. Innerhalb kürzester Zeit sank die Gesamtrebfläche Algeriens deshalb von 365.000 Hektar in den 1960er Jahren (allein Carignan stand auf 140.000 Hektar), als das Land der sechstgrößte Weinerzeuger der Welt war, auf rund 35.000 Hektar. Nur noch fünfzig von ursprünglich 3.000 Kellereien gab es – und wie sich die Situation jetzt, nach Unabhängigkeit, Bürgerkrieg und Arabischem Frühling, weiter entwickelt, ist weiterhin unklar, auch wenn eine Tendenz nach oben erkennbar ist und zuletzt wieder 70.000 Hektar unter Reben standen.

Algerien_Weinanbaugebiete

Der moderne Weinbau selbst begann, nachdem französische Truppen 1830 die Küstenstädte Algier, Oran und Bône besetzten und von dort aus bis 1870 weite Teile des Landes eroberten, auf dem bald loyale europäische Kolonisten angesiedelt wurden. Waren es zunächst vor allem Spanier und Italiener, die aufgrund der prekären wirtschaftlichen Situation in ihrer Heimat nach Algerien gingen, waren bis 1889 unter den insgesamt 423.000 Kolonisten bereits auch 220.000 Franzosen, die Mehrheit von ihnen aus dem mediterranen Südfrankreich (die Zahl der Franzosen erhöhte sich nach dem Verlust von Elsass-Lothringen 1871 noch einmal, als mit Unterstützung der französischen Regierung noch einmal mehrere Tausend Immigranten nach Algerien kamen).

Allein für die elsässischen Immigranten stellte die französische Kolonialmacht 100.000 Hektar Land zur Verfügung, ansonsten aber gelang es den Kolonialisten bis 1936 – anders als den algerischen Muslimen, denen Kreditgeschäfte aufgrund der geltenden Scharia verboten war – über den Kapitalmarkt 7,7 Millionen Hektar landwirtschaftlich nutzbare Fläche, also fast die Hälfte der fruchtbaren Böden des Landes, aufzukaufen, zumeist in den küstennahen Regionen, nur etwas weiter südlich breitete sich schon die Sahara aus. Weinbau sollte dabei schnell zu einem bedeuten Segment in der algerischen Wirtschaft werden.

Gegen Ende des algerischen Unabhängigkeitskrieges 1962 verließen praktisch alle Europäer das Land – etwa 1,4 Millionen Menschen insgesamt (was etwa 13 Prozent der algerischen Bevölkerung entsprach). Die meisten Pieds-noirs siedelten sich dabei, sieht man von Paris ab, entlang der französischen Mittelmeerküste an – in der Provence und im Languedoc, wo sie ihre aus Algerien bekannten Rebsorten wie Carignan pflanzten und wo in dieser Zeit der Weinbau quasi explodierte.

In Algerien selbst zog sich der Weinbau noch vor dem Bürgerkrieg in den 1990er Jahren von den fruchtbaren Ebenen in die Hügellagen etwas weiter entfernt von der Küste zurück. Ein Dutzend Crus war noch vor der Unabhängigkeit in den VDQS-Status erhoben worden, sieben davon wurden vom vom „Office national de commercialisation des produits viticoles (ONCV)“ in Anlehnung an das französische Weingesetz als „Appellation d’origine garantie (AOG)“ klassifiziert.

Die geschützten Weinanbaugebiete (AOG) befinden sich alle in küstennahen Gegenden sowie in den Bergen etwa 80 Kilometer landeinwärts in Oran und Algier, wo das Klima im Winter relativ mild ist, dafür jedoch die Sommer trocken und heiß. Hier entstehen heute auf einer Fläche von insgesamt fast 70.000 Hektar 500.000 Hektoliter Wein jährlich – meist kraftvolle, dunkle Rotweine wie der „Mascara“, aber auch gute Weißweine seit Einführung der Kaltgärung. Weiche, dunkle und körperreiche Rotweine werden hingegen in den ehemaligen VDQS Tanghrite, Ain Merane und Mazouma hergestellt.

Verwendet werden dafür vorwiegend bereits von den Franzosen eingeführter Rebstocke von Sorten wie Gamay oder den heutzutage praktisch unbekannten Aramon, aber vor allem auch Carignan, Grenache und Cinsault, in den Medea-Bergen im kühleren Klima auf 1.200 Meter Höhe auch Cabernet Sauvignon und Pinot Noir.

Praktisch alle Weingüter sind als landwirtschaftliche Kooperativen organisiert, die jeweils riesige Gebiete bewirtschaften – die „Union des Cooperatives des Viticulteures (COOPEVIT)“, auf deren Weingütern etwa 10.000 Menschen arbeiten, ist sicherlich eine der größten. Dabei stehen alle Kooperativen unter der staatlichen Aufsicht der vom Landwirtschaftsministerium geleiteten ONCV, sie sich auch um die Weiterverarbeitung, Abfüllung und die Vermarktung der Weine des Landes kümmert. So sind in den letzten Jahren auch Bemühungen zu erkennen, die Qualität der algerischen Weine zu verbessern, um die Exportzahlen steigern zu können.

Marokko

Die Weinbaufläche Marokkos ist von 50.000 Hektar seit der Unabhängigkeit 1956 auf 11.000 Hektar geschrumpft. Sieben Regionen liefern ordentliche Erzeugnisse, vor allem die beiden um die Stadt Fès: Fes-Boulmane und Meknes-Tafilalet, wo Wein auf 450 bis 600 Meter Höhe in den nördlichen Ausläufern des Atlasgebirges angebaut wird. Weine aus diesen Regionen werden im Ausland als „Tarik“ bezeichnet beziehungsweise „Chantebled“, in Marokko als „Les Trois Domaines“.

Das Land verfügt über die straffste Organisation und den höchsten Qualitätsstandard der drei nordafrikanischen Erzeugerländer. Die wenigen mit einer „Appellation d`Origine Garantie (AOG)“ ausgezeichneten Weine unterliegen ähnlichen Kontrollen wie die französischen AOP-Gewächse. Für ihre Bereitung sind der zentrale Betrieb „SODEVI“ und die Genossenschaftskellerei „Les Celliers de Meknès“ zuständig, die zusammen den einheimischen Markt kontrollieren und Verschnitte aus Cabernet Sauvignon, Syrah und Merlot produzieren.

Marokko_Weinanbaugebiete

Andere afrikanische Länder

Der Weinbau ist in den nordafrikanischen Ländern auch aus klimatischen Gründen rückläufig, das gilt auch für die ganz unbekannten Regionen in Libyen, wo auf etwa 6.000 Hektar Weinstöcke stehen. Insgesamt verschieben sich die Weinbauzonen aufgrund der Klimaerwärmung weiter nach Norden beziehungsweise in der südlichen Hemisphäre weiter nach Süden. Darin liegt vielleicht eine kleine Chance für die weiter südlich gelegenen Länder Tansania (3.000 Hektar), Madagaskar (2.000 Hektar) und Zimbabwe (40 Hektar).

Auch in Äthiopien bepflanzte man 125 Hektar südlich von Addis Abeba mit edlen französischen Rebsorten. Im Hochland von Äthiopien, das ansonsten eher für den Kaffeeanbau bekannt ist, findet der Große Afrikanische Grabenbruch als Ostafrikanischer Graben seine Fortsetzung nach Süden. Insgesamt erstreckt sich der Grabenbruch über rund 6.000 Kilometer Länge und reicht von Syrien im Norden über das Jordantal und das Rote Meer bis nach Kenia und weiter nach Mocambique.

Über die gesamte Länge des Grabens bewegen sich zwei tektonische Platten auseinander, während aus dem Erdinneren heißes Material nach oben drängt, Erdbeben auslöst und Vulkane wachsen läßt: etwa 100 aktive Vulkane gibt es allein im Ostafrikanischen Grabenbruch, mitunter die höchsten Erhebungen Afrikas. Die vulkanische Aktivität speist auch einige heiße Quellen im und am Grabenbruch, die von einigen afrikanischen Ländern zur Energiegewinnung genutzt werden. Am Ende des Grabens, in Kenia, liegt eine ganze Kette von Seen, die bis zu 1.500 Meter tief sind. Viele davon werden aus heißen Quellen gespeist. Womöglich zerreißt der Grabenbruch den Kontinent Afrika eines Tages und es entsteht ein neuer Ozean dort, wo heute noch die Seen zu finden sind.

Top
Standard