Griechenland ist eine natürliche Heimat der Weinrebe, die sich von hier aus im gesamten Mittelmeerraum verbreitete. Allerdings bestand der Wein bei den Griechen immer aus einem Gemisch aus verschiedenen Extrakten von Kräutern und Gewürzen und wurde deshalb auch mit Wasser verdünnt genossen. Homer beschreibt in seiner Odyssee eine derartige Zeremonie, in der Helena einen besonderen Wein zubereitet. Gewürzter und geharzter Wein wird traditionell noch heute in Griechenland getrunken: Beim Retsina beispielsweise wird dem Most während der Gärung Pinien- oder Kiefernharz zugesetzt.
Geschichte
Früher waren unter primitiven Methoden der Weinbereitung bei hohen Temperaturen eigentlich nur Süßweine möglich. Einer der bekanntesten, auch heute noch, ist der aromatische, süße Samos, der aus Muskateller (Muscat Blanc à Petits Grains) hergestellt wird und etwa 130 Gramm Restzucker pro Liter hat. Es handelt sich um einen gespriteten Wein der fünf Jahre in Eiche reift.
Eine neue Ära für den griechischen Wein begann erst Mitte der 1980er Jahre, als nach dem EU-Beitritt einige innovative Önologen in den kühleren Landesteilen hochmoderne Kellereien gründeten. Griechenland bewirtschaftet heute circa 70.000 Hektar und produziert etwa drei Millionen Hektoliter Wein jährlich.
Klima
Griechenland besteht zu zwei Drittel aus Kalkstein, ansonsten finden sich noch vulkanisch geprägte Böden. Weite Teile des Landes sind gebirgig und unfruchtbar, nur ein kleiner Teil ist Flachland aus Böden mit einer etwas fetteren Humusschicht (oft für lohnendere Nutzpflanzen). Insgesamt herrscht eine komplexe Topografie und die vielen verschiedenen Mikroklimata sorgen mit der Kombination aus Höhenlagen, steilen Hängen, und dem unkalkulierbaren Niederschlag für anspruchsvolle und vielfältige Terroirs.
Dabei ist Griechenland tatsächlich nicht zu heiß für hochwertige Weine: Insgesamt ist das Klima zwar mediteran (im Sommer können die Temperaturen weit über dreißig Grad erreichen), die Küstennähe, wo das Meer seinen Einfluß ausübt, und die Höhenlage sowie die Winde auf den Inseln südöstlich des Festlandes haben jedoch allesamt kühlenden Einfluß. Und das Gros der besten Weinberge befindet sich in diesen kühleren Gebieten. Die Niederschlagsmengen variieren, doch selbst in den feuchteren Gebieten im Westen des Landes kann Regenmangel in der Wachstumsperiode Wasserstress verursachen.
Dürre stellt besonders für die Rebflächen Ostgriechenlands ein Problem dar, da sie im Regenschatten der Berge liegen und für eine Bewässerung kaum Wasser verfügbar ist. Im Norden dagegen sind Regen und Fäulnis ein Problem, während auf einigen der Nordhänge die Früchte nur schwer ausreifen (auf Peloponnes im Süden dagegen müssen die Weine mitunter entsäuert oder durch Chaptalisierung unterfüttert werden).
Rebsorten
Griechenland kommt auf etwa 300 heimische Traubensorten, von denen die wenigsten auch andernorts wachsen. Am meisten Beachtung auf den Exportmärkten finden Xinomavro aus Naoussa, Agiortiko aus Nemea und Assyrtiko aus Santorini. Diese Sorten sind an die jeweiligen Bedingungen bestens angepaßt – und sind dem griechischen Weinrecht folgend auch für die meisten Qualitätsweine vorgeschrieben.
Xinomavro („Saure Schwarze“) wird gern mit Nebbiolo aus dem Piemont verglichen: Die langsam reifende Sorte hat trotzdem einen hohen Säuregehalt und hohe Tannine. Sie läßt frische Frucht vermissen und entwickelt ein würzig-erdiges Bouquet, wie es sonst nur von edelsten Barolo erreicht wird.
Agiorgitiko („St.-Georgs-Rebe“) hat eine rubinrote Farbe, einen hohen Anteil geschmeidiger Tannine, eine mäßige bis geringe Säure sowie Noten von süßen Gewürzen und roten Früchten, die sich großartig in neuer Eiche entwickeln.
Klassifizierung
Das Griechische Weinrecht folgt dem der EU. Weine werden klassifiziert als:
- „geschützte Ursprungsbezeichnung (g.U.)“ Das griechische Äquivalent zu g.U. ist: „Prostate vomeni Onomasiia Prelfis (PDO)“.
- „Appellation d`Origine des qualité supérieure“ (einer Subkategorie von g.U.)
- „geschützte geographische Angabe (g.g.A.)“

Weinanbaugebiete
Makedonien
In Griechenland sind 28 Gebiete gemäß EU-Recht ausgewiesen, wobei das gebirgige Nordgriechenland die Region mit dem Größten ungenutzten Potential ist: In den Weinbergen von Thrakien im Osten, an der Grenze zur Türkei, über Makedonien bis nach Epirus im Westen, an der Grenze zu Albanien, scheint das größte Qualitätspotential zu liegen. Geografisch gehört die Region Makedonien eher zum Balkan als zur Ägäis. Die wichtigste und erste Appellation Makedoniens ist Naoussa.
Naoussa PDO liegt auf bis zu 400 Meter Höhe, folglich stehen die Reben in einem etwas kühleren Klima (die Hänge des Vermio sind im Winter schneebedeckt, doch die Sommerhitze macht Bewässerung unerlässlich). Die geschützte Ursprungsbezeichnung gilt für Rotwein ausschließlich von Xinomavro.
Das Terrain im Norden ist abwechslungsreich und weitläufig. Goumenissa PDO liegt etwas niedriger (die Weine sind etwas „plumper“), in Amindeo PDO an der Nordflanke des Vermio ist es so kühl, daß dort aromatische Weißweine entstehen und leichte Rotweine. Zitsa PDO bei Joannina in Epirus erzeugt leichte, weiße Bergweine aus Debina – unweit von hier, etwas weiter nördlich, findet man das Pindosgebirge, in dem sich dem Mythos zufolge die Musen um Apollon versammelten.
Hier in der Nähe findet man auch die höchstgelegenen Weinberge des Landes auf 1.200 Meter Höhe in Metsovo PDO (Cabernet Sauvignon), unweit der bekannten Felsenklöster von Meteora (von den ursprünglich 24 Klöster auf den bis zu 500 Meter hohen Felsen sind heute nur noch sechs bewohnt).
Thessalien
Die Region Thessalien östlich von Epirus und südlich von Makedonien gelegen bietet viel (ungenutztes) Potential. Die erst kürzlich gerettete dunkelschalige Sorte Limniona ist nur eine von vielen Raritäten hier. Rapsani ist das Aushängeschild der Rotweine hier.
Attika
Mittelgriechenland wird von großen Abfüllern und Genossenschaften beherrscht, so zum Beispiel auch in Ankhialos PDO. Hier in Attika, im Umland von Athen – mit 11.000 Hektar die größte Anbauregion des Landes -, entsteht der Retsina. Dafür bekannt ist auch die trockene, karge Mesogia-Ebene südlich von Athen, wo die Savatiano-Traube angebaut wird, aus der der Retsina gemacht wird. Sie belegt hier 95 Prozent der Anbaufläche und wird inzwischen auch trocken ausgebaut.
Peleponnes
Mehr als die Hälfte der griechischen Rebfläche erstreckt sich auf dem Peleponnes im Süden des Landes. Nemea PDO im Nordosten des Peleponnes, nahe dem Isthmus von Korinth, der die Halbinsel mit dem Festland verbindet, ist die wichtigste Appellation. Die geschützte Ursprungsbezeichnung gilt nur für Rotweine, die in diesem Bereich reinsortig von Agiorgitiko bereitet werden.
Die Rebflächen für Agiorgitiko liegen zwischen 230 und 900 Meter Höhe und lassen sich grob in drei Zonen unterteilen: Der fruchtbare rote Lehmboden am Talgrund bringt den am wenigsten ausbaufähigen Wein hervor, die mittleren Höhen eignen sich am besten für üppige Weine, die elegantesten entstehen ganz oben auf 900 Meter mit viel Säure und rauen Tanninen. Auch Roséweine werden produziert.
Patra PDO im Norden des Peleponnes ist eine Region für Weißwein und Heimat der Roditis, die mineralisch duftende Laghorti wurde erst wieder entdeckt. Andere trockene Weißweine werden aus Sideritis hergestellt, anders als die klebrigen aus Muscat oder Mavradaphne. Das kühle Mantinia-Plateau im Zentrum ist für seine delikate Moschofilero-Traube bekannt. Die Erwartungen an die neue Appellation Monemusaia (Malvasia) im Süden sind hoch.
Santorini
Santorini ist die ursprünglichste und verlorenste Ägäis-Insel Griechenlands – eine windumtoste vulkanische Insel auf der aus der alten Assyrtiko-Rebe trockene Weißweine entstehen. Assyrtiko duften intensiv nach reifen Zitrusfrüchten und Steinobst und sind mineralisch mit ausgewogener Säure. (Die süßen Weine sind als Vinsanto bekannt, man läßt die spät gelesenen Trauben bis zu 14 Tage in der Sonne trocknen und zwei Jahre fassreifen).
Auf Santorini weht der Wind so heftig, daß hier zum Schutz der Weinreben eine einzigartige Erziehungsmethode angewendet werden muß: Die Assyrtiko-Reben werden hier auf den windigen Vulkanhängen zum Schutz wie kleine Nester, in Korbform erzogen. Ihre Wurzeln sind wahre Wassermanager: In den Sommermonaten saugen sie es aus den Bimssteinen. Hinzu kommt der sommerliche Nebelniederschlag, der aus der Caldera, einem gigantischen Kraterkessel aufsteigt.
Kreta
Von den vielen Inseln Griechenlands ist Kreta die südlichste und einer der größten Weinproduzenten. Etwas kleiner sind die Inseln Kefalonia und Zakynthos mit der autochthonen roten Avgonstiatis. Hier entstehen aus Robola, Tsaoussi und anderen Rebsorten frische Weißweine. Auf Rhodos entstehen aus der in größerer Höhenlage wachsenden körperreichen weißen Athiri elegante Sill- und Schaumweine.
Auf Kreta hat jeder seine eigenen Reben. Und wer keinen eigenen Weinberg besitzt, hat zumindest ein paar Trauben, die unter einer Pergola baumeln, um daraus Wein oder Raki (Tsikoudia) herzustellen – zwei alkoholische Getränke aus der gleichen Frucht. Denn Wein gibt es hier schon lange – der kretische Wein gehört sogar zu den ältesten der Welt: Schon zu Zeiten von König Minos, vor über 3.000 Jahren, exportierte man Kret aus in den gesamten Mittelmeerraum. Die Insel bildete das Zentrum der minoischen Kultur.
Vathypetro, mitten auf der Insel gelegen, liegt in Kretas ältestem Weinanbaugebiet. Die südlich der Hauptstadt Heraklion gelegene Ausgrabungsstätte der minoischen Zivilisation beherbergt eine der ältesten Weinpressen der Welt. Man hat sie zu Dutzenden in den archäologischen Ausgrabungsstätten der Insel gefunden – sie sind ein untrüglich Indiz dafür, dass schon in der Antike viel Wein auf Kreta produziert und getrunken wurde, sowohl in den Hafenstädten als auch im Landesinneren. Wie in Vathypetro, das immer noch voller Weinberge ist.
Die Weinproduktion muss für die minoische Kultur auf Kreta sehr prägend gewesen sein – mit ihr nimmt der Wein, der hier schon Zeit Urzeiten wächst, seinen Siegeszug. Der griechischen Mythologie folgend hat sich Dionysos, der Gott des Weins, mit Minos Tochter Ariadne verheiratet – das erklärt die seit der Antike bestehende Verbindung von Wein und Kreta. Wein ist allerdings immer ein Luxusgut gewesen – er war sehr teuer und von großem Wert. Man hat ihn vor allem nach Ägypten verkauft und in den gesamten Orient, wo es damals noch eher eine Bier- und noch weniger eine Weinkultur gab. In Griechenland selbst floß Wein während der Minoerzeit nur in den Königspalästen in Strömen – erst allmählich wurde er für jedermann erschwinglich.
Griechenlands größte Insel im Herzen des Mittelmeers ist aber nicht nur die Wiege der ältesten Weine – inzwischen machen sich hier auch jüngere Einflüsse breit, so dass in Kreta etwa 15 Prozent aller Weinberge Griechenlands kultiviert werden. Rebflächen stehen auf Ton- und Kalkstein, vor allem auf Hochebenen von bis zu 1.000 Meter Höhe. Sie liegen so hoch, um das warme Mittelmeerklima auszugleichen und befinden sich vornehmlich im Landesinneren. Neben den Böden unterstürtzen vor allem der Anbau auf Steilhängen, die Ausrichtung zum Meer und Wind vom Meer her die Trauben bei ihrer Reifung und sorgen dafür, dass Weine von hoher Qualität produziert werden. Neben internatlionen Rebsorten werden auch viele unbekannte autochthone Rebsoen wie Vilana, Kotsifali, Mandilaria, Liatiko, Romeiko oder Dafni angebaut.
Der Westen der Insel ist bekannt für seine Weißweine. Hier produziert auch das Kloster Agia Triada Wein. Ihr Wein geht zurück auf die italienische Rebsorte Trebbiano. Nicht nur ihn, sondern auch Malvasia haben die Venezianer im 13. Jahrhundert mit nach Kreta gebracht – und mit dem Wein auch die römisch-katholische Kirche. Das hat Widerstand bei den byzantinisch-orthodoxen Kretern hervorgerufen: Es gibt zahlreiche Volksaufstände gegen die Italiener. Dennoch schaffen es die Venezianer, ihre Herrschaft über die Insel vier Jahrhunderte lang aufrecht zu erhalten. Sie geben ihr den Namen Candia. Ihren Einfluß bezeugt das Kloster Agia Triada. Es ist eines der besten Überbleibsel dieser Zeit.
Agia Triada ist heute das größte Kloster in Kreta. Die ockerfarbene Kirche, deren Name „Heilige Dreifaltigkeit“ bedeutet, wurde im 17. Jahrhundert von einer venezianischen Familie gebaut: den Tzagarolon. Die Familie war christlich-katholisch, doch dann ist sie zum griechisch-orthodoxen Glauben übergetreten. Das spieglet sich auch in der Architektur des Klosters wieder, das Außen in einem venezianischen Stil gebaut ist, innen aber dominiert der byzantinsche.
Die Venezianer wollten sich Zugang zum kretischen Markt verschaffen und entwickelten deshalb ihren Vinum Creticum, auch Candiawein genannt. Heute reift dieser Weißwein mit Quitten- und Ginsteraromen, in den jahrhundertealten Weinlagern der Klöster. Der Trebbiano kann als Weißwein allerdings nicht als Messwein verwendet werden – nur Rotwein kann als Symbol für das Blut Christi fungieren. Deshalb macht das Agia Triada auch einen roten Klosterwein.
Mitte des 17. Jahrhunderts erobert das Osmanische Reich die Insel. Die Türken versuchen den Kretern den muslimischen Glauben aufzuzwingen – aber ohne Erfolg. Der im islamischen Glauben verbotene Alkohol wird in Kreta geduldet. Aus dieser Zeit stammt der Raki, ein bei den Griechen heute noch beliebter Tresterbrand, der hier Tsikoudia genannt wird. In Prinia, einem kleinen Bergdorf im Herzen der Insel, befindet sich eine der ältesten Destillerien für ihn. Seit dem Ende der osmanischen Besatzung wird er hier produziert.
Die Bezeichnung Tsikoudia wird in Griechenland nur selten verwendet – man bezeichnet den Willkommenstrunk tatsächlich als Raki. Der korrekte Name jedoch ist Tsikoudia, was „Traubenrest“ bedeutet. Raki bezeichnet das türkische Getränk. Allerdings bezeichnen die Kreter ihren Raki nicht als türkisch, denn die Türken fügen ihm Anis bei – die Kreter nicht. Ursprünglich kommt das türkische Wort Raki vom arabischen Wort „Arak“, was übersetzt „Destillerie“ heißt. Diese Spirituose wurde in manchen Teilen des osmanischen Reiches toleriert.
Die türkische Herrschaft dauert zweieinhalb Jahrhunderte. Im Jahr 1913 beschließt Kreta, sich dem Königreich Griechenland anzuschließen. Spätestens jetzt wird der Tsikoudia zu einem griechischen Getränk.