Rumänien liegt auf derselben geografischen Breite wie Frankreich und produziert beachtliche Qualitäten verschiedenster Weine – bei etwas kontinentalerem Klima. Denn das Schwarze Meer ist zwar kein Atlantik, doch gemeinsam mit den Karpaten, die sich in der Mitte des Landes erheben, mildert es die heißen, trockenen Sommer ab.

Über 30 Prozent der Landesfläche von Rumänien sind gebirgig. In den Karpaten, die das Land von Norden nach Süden durchziehen und das weite Siebenbürgische Becken (Transsilvanien) im Osten umschließen, erheben sich 12 Gipfel über 2.500 Meter Höhe aus der Ebene. In dem Gebirge gibt es viele Quellen und Gebirgsflüsse, weshalb Rumänien äußerst wasserreich ist.
Wie auch in Bulgarien wurden in Rumänien in den 1960er Jahren riesige Fläche urbaren Landes in Weingärten verwandelt, bevor die Rebfläche ab dem Jahr 2009 wieder zurückgingen. Dennoch steht Rumänien durch die enormen Erweiterungen mit immer noch etwa 180.000 Hektar an sechster Stelle unter den europäischen Weinbauländern (allein bei Riesling liegt das Land mit 6.000 Hektar an zweiter Stelle nach Deutschland mit 24.000 Hektar – und weit vor Österreich mit 2.000 Hektar).
Rumänien ist heute in sieben Weinregionen unterteilt, die sich rund um die mittleren Karpaten konzentrieren:
- Moldau: im Osten mit dem Bereich Cotnari im Norden
- Muntenia: nördlich von Bukarest
- Oltenia: im Süden an der Grenze zu Serbien
- Dobrogea: am Schwarzen Meer
- Banat: im Südwesten
- Crisana: im Westen
- Maramures: im Nordwesten
- Transsilvanien: im Zentrum
Mit rund einem Drittel der Gesamtanbaufläche ist die Region Moldau östlich der Karpaten das mit Abstand größte Weinanbaugebiet Rumäniens. Hier im Bezirk Vrancea stehen 20.000 Hektar unter Reben, vornehmlich Weißweinsorten. Bekannte Weinstädte hier im Osten sind Cotesti, Nicoresti, Panciu und Odobesti. Das Terrain ist vielseitig, wie in der Puszta – der ungarischer Tiefebene – aber großteils von Sand geprägt.
Dem Bogen der Karpaten im Uhrzeigersinn folgend, schließen die Regionen Muntenia und Oltenia an. Muntenia ist für sein „Dealu Mare“ bekannt. Auf dem herausragenden, gut sechzig Kilometer langen Steifen auf gut bewässerten Südhängen (mit den höchsten Durchschnittstemperaturen Rumäniens) über der Bukarester Ebene gedeihen heute vorwiegend Cabernet Sauvignon, Merlot und die seltenere Pinot Noir sowie einige körperreiche autochthone Rotweinsorten. „Dealu Mare“ ist die aufregendste Region des Landes für ambitionierte Rotweine, folgt man Hugh Johnson.
Östlich der Donau an der kurzen Schwarzmeerküste liegt die Region Dobrogea (Dobruschda) mit dem sonnigsten Klima und den geringsten Niederschlägen Rumäniens. Die Subregion Murfatlar hat einen Ruf für süffige Chardonnays, die hier auf von Meerwind umwehten Kalksteinböden gedeihen und mitunter auch überreif (süß) gekeltert werden.
Im Norwesten Rumäniens wird Ungarns Einfluß offensichtlich. Viele Rotweine aus den genannten Trauben entstehen hier, Welschriesling und Sauvignon Blanc wiederum sind die Weißweine aus Banat im Südwesten des Landes.
Das Siebenbürgische Becken, eine bis zu 460 Meter hohe Hochebene, ist wie eine Insel im Landeszentrum („Transsilvanien“ bedeutet „Jenseits des Waldes“). Kühleres, regnerisches Klima sorgt hier dafür, dass in Transsilvanien (Siebenbürgen) frischere Weißweine produziert werden als im Rest des Landes, außerdem Pinot Noir. Zentrum des Weinbaus hier ist Tarnave, der einen Weißwein-Verschnitt namens „Perla de Tirnave“ produziert.
Gegen die billige Massenproduktion haben sich 16 Produzenten aus allen Landesteilen zusammengeschlossen im „Verband zur Weinförderung (APVR)“. Sie helfen, die Bedeutung der überdimensionierten Staatsbetriebe (die drei größten vereinen 15.000 Hektar auf sich) zu schmälern – entsprechend ist der Anteil der Weine aus den Staatsbetrieben auf rund 15 Prozent geschrumpft, seit Rumänien 2007 Mitglied der EU wurde. (Mit dazu gehört Stephan Graf Neipperg, der neben seinem badischen Weingut in Rumänien das Weingut „Alira“, die „Einzigartige“, startete. Solche deutsche Unterstützung hat Tradition in einem Land, das bereits seit 6.000 Jahren Weinbau betreibt und in dem im 12. Jahrhundert die Siebenbürger Sachsen und im 18. Jahrhundert die Banater Schwaben Akzente setzten.) Zum APVR gehören aus:
- Dobrogea: Alira
- Banat: Balla Geza
- Transsylvanien: Liliac, Villa Vinea
- Dealu Mare: Budureasca, Aurelia Visinescu, Davinu, S.E.R.V.E, Vinarte, Viile Metamorfosis
- Cotnari: Casa de Vinuri Cotnari und andere
Das Donaudelta
Aus Serbien kommend, fließt die Donau im Süden Rumäniens für 470 Kilometer als Grenzfluß zu Bulgarien. Nur zwei Brücken verbinden die beiden Länder – trotz der Donauanbindung gehört der Landstrich, insbesondere auf der bulgarischen Seite – heute zu einem der ärmsten Europas. Die Donau fließt hier, jenseits der Walachei, durch eine sandige Ebene, an ihren Ufern zahlreiche megalopolistische Industrieruinen aus der Zeit der kommunistischen Planwirtschaft, bevor sie sich bei der bulgarischen Stadt Silistra nach Norden wendet. Ab hier wird es ruhig am Ufer der Donau, immer weniger Siedlungen säumen das Ufer.
Die Donau wendet sich nun ihrem Delta zu, fließt langsam nordwärts durch Rumänien, und trennt auf ihrem Weg dahin die Dobruschda (Dobrogea) vom Rest des Landes ab. Es sind jetzt nur noch 400 Kilometer bis sie an der Grenze zur Ukraine ins Schwarze Meer mündet.
Vor dem Schwarzen Meer hat die Donau über Jahrtausende Unmengen an Sedimenten, Schlamm und Kies angelagert. Durch Überschwemmung und Erosion wurden Landschaftsformen geschaffen, die an Dünen erinnern. Täglich werden Milliarden winziger Steine von der Donau transportiert und hier angespült. So lagert sich fast die gesamt Geschichte Europas über den von der Donau durchflossen Raum ab: Sedimente aus dem Schwarzwald, den Alpen und den Kapaten setzen sich hier ab. Sie stammen aus verschiedenstem Gestein, sind vulkanischer, metamorpher oder sedimentärer Herkunft – und sie alle sind am Ende zu Sand geworden. 25 Millionen Tonnen Sedimente spült die Donau jährlich ins Schwarze Meer. Die Meeresströmung trägt sie dann weiter. Die Küste ist ständigen Verformungen ausgesetzt: Ständig entsteht neues Land, das an anderer Stelle abgetragen wurde. So ist die Donaumündung zwar das Ende einer Reise – hier im Schwarzen Meer aber beginnt dann wieder etwas Neues.
In der sandigen Dünenlandschaft vor der Mündung breitet sich die Donau in drei Haupt- und unzählige kleinere Arme aus wie ein Fächer. So ist das Donaudelta entstanden – eine schier endlose Weite aus Wasser und Land, rund 5.000 Quadratikilometer Naturlandschaft aus Lagunen, Sümpfen und Seen, weitgehend sich selbst überlassen. Tausende kleine Wasserläufe durchziehen das sumpfige Land, viele Seitenarme und Schilffelder kennzeichnen die Region – und nirgendwo auf der Erde gibt es so viel Schilf wie hier. Dazwischen liegen kleine Siedlungen. Aber hier, wo alles per Schiff oder mit dem Boot transportiert werden muss, leben insgesamt nur 15.000 Menschen.
Die meisten leben als Fischer, ist das Donaudelta doch auch eine der fischreichsten Landschaften Europas. Brachse (Brassen), Barsche, Welse, vor allem aber Hechte werden gefischt. Viele Fischer gehören zur Volksgruppe der Lipowaner – Altgläubige, die im 18. Jahrhundert aus Rußland vertrieben hier in der Norddobruschda eingewandert sind. In den unzugänglichen Weiten des Donaudeltas fanden sie neben anderen eine neue Heimat. Dabei ist es nicht leicht im Sumpfland zu siedeln, werden doch nur wenige Stellen vom Hochwasser verschont. Allein Dünen bieten sicheren Platz für die Dörfer – sie liegen verstreut auf den sandigen Böden. Sie sind karg und geben nicht viel her, aber das reichlich vorhandene Schilf wird noch immer für vieles genutzt. Als wäre die Zeit stillgestanden. Mehr als vier Meter ragt das Röhricht aus dem Wasser, ein Wald aus filigranen Halmen. Nicht nur die Menschen nutzen es – hier leben auch Drosselrohrsänger und etwas weiter unten Zwergrohrdommeln. Nahrung gibt es im Überfluss, auch für den Bisam.
Neben den Karpaten ist das Donaudelta sicherlich die urtümlichste Landschaftsform Rumäniens. Dreißig verschiedene Ökosysteme bieten hier Lebensraum für tausende von Tier- und Pflanzenarten. Der Pelikan ist dabei das Symbol des Deltas: Vor wenigen Jahren lebten noch Millionen von ihnen in den Sümpfen, als Nahrungskonkurrenten wurden sie aber erbarmungslos gejagt und in ihrem Bestand dramatisch dezimiert: nur etwa 5.000 Paare sind übriggeblieben – und bilden damit dennoch die größte Kolonie Europas.
Wo das Schilf weicht und die Ufer fester werden, gewinnen knorrige Silberweiden Raum. Jedes Frühjahr werden sie monatelang überflutet, kaum ein anderer Baum kann so lang im Wasser stehen. Wenn sich das Wasser staut, öffnet sich der Dschungel zu großen flachen Seen.
Das Donaudelta ist das wichtigste Feuchtgebiet Europas. Über 300 Vogelarten leben hier – insbesondere im flacheren Wasser in der Küstenregion, das nicht so salzreich ist. Denn das Schwarze Meer besteht aus zwei unterschiedlichen Wasserschichten: eine salzarme Schicht liegt auf einer salzreichen ab etwa 90 Meter Tiefe, in der es fast kein Leben mehr gibt.
Vielleicht wanderte der Stör auch deshalb tausende von Jahren vom Schwarzen Meer die Donau hinauf. Heute allerdings versperren ihm die Kraftwerke den Weg – die Überfischung wegen des begehrten Belugakaviars tat ihr übriges. Da der Stör inzwischen vom Aussterber bedroht ist, wurde vor 2012 ein Fangverbot für ihn in der Donau verhängt. Langsam erholt sich seine Population wieder – es werden auch jedes Jahr zehntausende Jungfische ausgesetzt. Störe sind übrigens fast so alt wie die Dinosaurier und haben fast den gleichen Lebenszyklus wie der Mensch (sie sind geschlechtsreif ab einem Alter von 15 Jahren und können bis zu 100 Jahre alt werden).