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Ungarn

In Ungarn wird auf etwa 50.000 Hektar Weinbau betrieben und circa 2,7 Millionen Hektoliter pro Jahr produziert. Fast alle Regionen haben sich im Schutz der Berge entwickelt, wobei unterschiedliche Terrains für verschiedene Mesoklimata sorgen, die sich in der regionalen Weinvielfalt spiegeln. Dabei ist der typische ungarische Wein weiß (etwa siebzig Prozent) beziehungsweise goldgelb und würzig.

Klima

In Ungarn finden die Reben seit Jahrhunderten optimale klimatische Bedingungen vor (Ungarn galt noch vor 100 Jahren als das größte südosteuropäische Weinland – heute jedoch haben Länder wie Rumänien, Bulgarien und Griechenland mehr Reben im Anbau). Verantwortlich dafür sind das gemäßigte Kontinentalklima (im Süden) und das pannonische Klima (im Westen), sowie die Botrytis cinerea an den Flüssen Bodrog und Tiszy im Nordosten.

Das gemäßigte Kontinentalklima ist in Europa fast überall vorherrschend und zeichnet sich durch recht warme Sommer und kalte Winter aus. Das pannonische Klima ist maßgeblich in der ungarischen Tiefebene (sowie in Österreich) vorherrschend. Den Namen erhielt es von der pannonischen Provinz des römischen Reiches, dem heutigen Westungarn. Im Unterschied zum kontinentalen Klima gibt es wesentlich weniger Niederschläge. Die Sommer sind heißer und trockener, die Winter sehr kalt. Die Übergänge zwischen den Jahreszeiten sind kurz, deshalb muß die Vegetation schnell verlaufen.

In Ungarn scheint die Sonne durchschnittlich 2.000 Stunden pro Jahr, circa 200 Stunden mehr als in Deutschlands südlichsten Weinregionen wie dem Kaiserstuhl oder dem Markgräflerland in Baden. Die Niederschläge hingegen sind mit etwa 420 Millimeter jährlich gering, kommen aber periodisch zum perfekten Zeitpunkt im Frühsommer zu Beginn der Vegetationsphase und am Ende der Lese. Begünstigend wirken außerdem die Winde im Sommer, sodaß die Reben im Allgemeinen keiner Pilzgefahr ausgesetzt sind und auch keinen Trocken- beziehungsweise Hitzestress erleiden.

Rebsorten

Ungarn wurde im Jahr 1875 von der Reblausplage heimgesucht, was zu einem enormen Verlust an Rebfläche führte und zu einer bedeutenden Umgestaltung des Weinbaus hinsichtlich der Rebsorten. Das gilt auch für Ungarns größtes Weinanbaugebiet: die Tiefebene. In den sandigen Böden der Puszta könne die Reblaus nicht überleben, glaubte man irrtümlich. Aber auch hier hat sie sich ausgebreitet und man war genötigt umzustellen.

Die Riege der größten ungarischen Rebsorten wird heute angeführt von der kräftig strukturierten, weißen Furmint. Sie ist eine der Hauptrebsorten im Tokajergebiet und zeichnet sich durch ihre lebendige Säure (die derjenigen eines Sauvignon Blanc oder einer Scheurebe entspricht) sowie Aromen von reifem Pfirsich, Mango, Litschi und weißen Blüten aus.

Die zweite wichtige Rebsorte der Region Tokaj ist die weichere und duftigere Hárslevellu, die „Lindenblättrige“. Sie kann aufgrund ihrer Säure und ihres Alkohol langlebige Weine (edelsüße) hervorbringen und hat Aromen von Wiesenkräutern und -blumen, also ein eher würziges Bukett.

Die bedeutendste Weißweinrebe in Ungarn aber ist der Olaszrizling (Welschriesling). Sie ist im gesamten östlichen Weinbau wichtig und wächst in Ungarn vor allem am Balaton. Olaszriesling zeichnet sich durch seine prägnante, erfrischende Säure aus und erinnert in Duft und Geschmack an grünen Apfel und rosa Grapefruit, Limette, Ananas und frische Banane. „Olaszrizling“ leitet sich von den italienischen Bauern ab, die Ende des 13. Jahrhunderts nach Ungarn (Tokaj) kamen, um beim Wiederaufbau der beim Überfall der Tartaren zerstörten Regionen zu helfen: „Olasz“ heißt übersetzt „welsch“ beziehungsweise „italienisch“. Er gab entsprechend dem Welschriesling seinen Namen.

Andere, leichtere Weine liefern die aromatische, lebendige Leányka (im Nordwesten um Eger) und die traubigere Király Leánka („Königintochter“), die hauptsächlich am Balaton ausgebaut wird und im Duft an Muskateller-Weine wie Sárga Muskotály erinnert, ansonsten aber aromatisch und würzig ist mit hohem Säurepotential.

Rote ungarische Trauben gibt es nur wenige – sie machen insgesamt nur etwa ein Drittel der ungarischen Weinproduktion aus. Kultivert werden sie überwiegend in Eger, Sopron, Szekszárd und Villány.

Eine der berühmtesten ungarischen Rotweinreben ist die Kardarka, die hohe Ansprüche an den Boden stellt und erst sehr spät reift und daher frostanfällig ist. Sie erbringt sehr kraftvolle, aromatische Rotweine mit hohem Alterungspotential. In der Nase findet man schwarze, reife Kirschen, Heidelbeeren und Cassis sowie Lakritz und Süßholz. Die besten stammen aus Villány und Szekszárd. Sie war die wichtigste Rebsorte für die Cuvée namens „Egri Bikavér“ („Erlauer Stierblut“), heute ist es die Kékfrankos.

Die Kékfrankos (Blaufränkisch) wird auf etwa 8.000 Hektar angebaut. Ungarn besitzt damit die größte Anbaufläche für die Rebsorte – und sie ist auch die im Land selbst am häufigsten angepflanzte Sorte, nicht zuletzt, weil sie ein großes Potential birgt, da sie mit ihrer kräftigen und frischen Säure der pannonischen Hitze entgegenwirkt. Deshalb wächst die Rebsorte auch fast überall im Land, wobei sich die ungarischen Weine aus Kékfrankos in der jüngeren Vergangenheit qualitativ mächtig weiter entwickelt haben.

Kann Kékfrankos voll ausreifen, zeichnet sie sich durch intensive Aromen von dunklen Beeren, schwarzen Kirschen und einer pfeffrigen Würze sowie durch eine präsente, kräftige Säure aus. Wegen seiner dicken Schale besitzen die Weine von Kékfrankos durchweg einen hohen Gerbstoffgehalt, wodurch sie aber auch lange lagerfähig werden. (Bei lange in der Flasche weiter gereiften Weinen können sich die Tannine mit den Farbstoffen des Weins verbinden, ausfallen und sich als Depot am Flaschenboden absetzen, weshalb Kékfrankos dann auch dekantiert werden sollte.) Bisweilen versucht man, die deutlich wahrnehmbaren Tannine durch den Ausbau des Weines im Barrique harmonisch einzubinden. Insgesamt entstehen so kraftvolle, komplexe, aber dennoch elegante Weine – nicht umsonst wird Kékfrankos manchmal auch mit einer kräftigen Beaujolais-Crus verglichen.

Die wichtigsten Anbaugebiete für hochwertige Kékfrankos liegen am südlichen Ufer des Neusiedlersees in Sopron – wo traditionell auch etliche österreichische Winzer (grenzüberschreitend) tätig sind -, am Balaton (Plattensee) sowie in den südlichen gelegenen Weinanbaugebiet Szekszárd und Villány.

Kékfrankos bedeutet übrigens „blauer Franke“ und spielt auf die Zeit Napoleons an. Der Legende nach bezahlte dieser seine – auch durch Ungarn ziehenden, stets durstigen – Truppen mit der inoffiziellen Währung der sogenannten „roten Francs“, die weniger Wert waren als die offizielen „blauen Francs“. Die ungarischen Winzer wußten das – und ließen sich angesichts der hohen Nachfrage nicht mit dem billigen Geld abspeisen, sondern ließen sich ihren Wein teuer bezahlen. Der aber kam so zu seinem Namen – eben „Kékfrankos“.

Klassifikation

Das ungarische Weingesetz basiert auf dem Weinrecht der EU (seit 2004), aber auch hier gibt es regionale Besonderheiten. Das Mostgewicht wird in Ungarn mit Hilfe der Klosterneuburger Mostwaage (KMW) gemessen. Es ist identisch mit den italienischen „Babograden“. Die sogenannte „Qualitätspyramide“ gestaltet sich dabei, wie überall in Europa, nach folgendem Muster:

  • Qualitäts- und Prädikatsweine („Különteges Minösogi“): mindestens 19 Grad KMW (oft restsüß), bis zu 13 Volumenprozent Alkohol
  • Landweine („Minösegi Bori“ beziehungsweise „Zajielegü Aszalali“): mindestens 13 Grad KMW, nicht unter 10 Volumenprozent Alkohol, Flascheninhalt muss zu mindestens 85 Prozent den Etikettangaben entsprechen
  • Tafelweine („Asztaly Borok“): mindestens 10 Grad KMW, zwischen 9 und 11 Volumenprozent Alkohol

Nach dem Restzuckergehalt pro Liter unterscheidet man folgende Weine:

  • trockene (0-4 Gramm)
  • halbrockene (4-12 Gramm)
  • halbsüsse (12-50 Gramm)
  • süße (ab 50 Gramm)
Ungarn_Weinanbaugebiete

Anbaugebiete

In Ungarn gibt es 22 Weinanbaugebiete für Qualitätswein, die in vier große Regionen zusammengefaßt sind:

  • Ungarische Tiefebene (26.000 Hektar)
    • Kunság (22.300 Hektar)
    • Hajós-Baja (2.000 Hektar)
    • Csongrád (1.860 Hektar)
  • Nord-Transdanubien (11.000 Hektar)
    • Balatonfüred-Csopak (2.000 Hektar)
    • Sopron (1.700 Hektar)
    • Badacsony (1.600 Hektar)
    • Etyek-Budo (1.500 Hektar)
    • Balatonfelvidék (1.200 Hektar)
    • (Asjar-)Neszmély (1.150 Hektar)
    • Mór (700 Hektar)
    • Pannonhalma (600 Hektar)
    • (Nagy-)Somló (600 Hektar)
  • Süd-Transdanubien (12.800 Hektar)
    • Balatonbolgár (3.000 Hektar)
    • Tolna (2.900 Hektar)
    • Szekszárd (2.500 Hektar)
    • Villány (2.000 Hektar)
    • Zala (1.500 Hektar)
    • Pécs (750 Hektar)
  • Nord-Mittelgebirge (20.000 Hektar)
    • Mátra (7.200 Hektar)
    • Eger (5.400 Hektar)
    • Bükk (1.200 Hektar)
    • Tokaj (5.600 Hektar)

Die Hälfte der Rebflächen befindet sich in der Großen Tiefebene zwischen Donau und Tisza (Theiß) auf sandigen Böden. Die höherwertigen Anbaugebiete sind über die Hügelkette verstreut, die das Land von Süden beziehungsweise Südwesten bis Nordosten durchzieht.

Ungarische Tiefebene

Die Donau teilt Ungarn in zwei Hälften: westlich der Donau befinden sich Nord- und Südtransdanubien, östlich davon das Nord-Mittelgebirge und die Puszta, die ungarische Tiefebene. Bevor sie das Land gewissermaßen durchschneidet, fließt die Donau zunächst aus Österreich kommend entlang der Grenze Ungarns zur Slowakei. Sie hat hier im Grenzgebiet ein großflächiges Inselgebiet geschaffen, dass sich die beiden Länder teilen, der weitaus größere Teile allerdings liegt in Ungarn und heißt Szigetköz. Durch den Bau eines slowakischen Kraftwerks wurde der Flusslauf der Donau verlegt, weshalb der alte Donauarm in Ungarn lange Zeit ausgetrocknet war. Dank umfassender Renaturierungsmaßnahmenjedoch ist das Ökosystem heute wieder hergestellt.

Bis Esztergom, der ehemaligen Hauptstadt Ungarns, ist die Donau Grenzfluss zur Slowakei. Nur kurz danach, bei Visegrád, macht die West-Ost-Ausrichtung des Stromes dann eine fast rechtwinklige Kurve nach Süden – das so genannte Donauknie. Hier zeugen deutsche Inschriften von den sogenannten Donauschwaben aus dem Südwesten Deutschlands, die sich im 18. Jahrhundert in der Region niederließen. Sie kamen mit speziellen Boten, den sogenannten „Ulmer Schachteln“ die Donau entlang hierher. Die Regierung hatte sie damals mit Vergünstigungen angelockt, denn nach den so genannten Türkenkriegen war die Bevölkerung stark dezimiert – man brauchte Handwerker.

Von Norden kommend fließt die Donau Richtung Budapest. Drei Inseln umfließt die Donau in der ungarischen Hauptstadt, die mit 1,7 Millionen Einwohnern nach Wien die zweitgrößte Stadt an der Donau ist. An Budapest vorbei schängelt sich die Donau dann etwa 160 Kilometer südwärts durch die ungarische Tiefebene bis zur kroatischen Grenze.

Unbegradigt durchfließt die Donau in sanften Schwüngen die Puszta. Die früher prägenden Auen in der ungarischen Tiefebene wurden allesamt in landwirtschaftliches Nutzland umgewandelt. Denn die Landschaft auf beiden Seiten der Donau ist flach, nur ab und zu säumen niedrige Hügel die Ufer -ideale Bedingungen auch für Weintrauben. Nicht zuletzt deshalb ist die Puszta die größte ungarische Weinregion – und gleichsam auch eine sandige, baumarme Steppenregion. Auf den sandigen Böden können die Reben gedeihen, weil der Grundwasserspiegel durch die Donau hoch ist. Das Klima ist sehr stark von kontinentalen Einflüssen geprägt.

Das die Region für Weinbau bestens geeignet ist, haben die sich hier angesiedelten Donauschwaben schon vor 300 Jahren erkannt, zum Beispiel im Weindorf Hajos, wo der Schwemmlandboden der Donau für gute Bedingungen sorgt. Mit den Donauschwaben kam auch das Wissen rund um den Weinanbau in die Region – fast jeder Einwohner von Hajos hatte damals seinen eigenen Weinkeller, über 1.200 davon gibt es hier noch immer. Größer als das Weinanbaugebiet Hajós-Baja ist heutzutage aber Kunság, das sich etwas weiter nördlichen befindet. Der Schwerpunkt der Weinerzeugung in diesen drei Gebieten liegt in der Produktion von einfacheren Weinen, auch in Csongrád südöstlich von Kunság. Der Anteil an Weißwein (Olaszrizling) überwiegt, bei den Rotweinen ist Kadarka am wichtigsten.

Der unkomplizierte Kadarka vom Weingut János Frittmann (Frittmann Testvérek) in Kunság, das 2023 sein 35-jähriges Bestehen feiert, gilt als einer der besten Ungarns und auch der Merlot („Merle noir“, „Schwarze Amsel“) ist von guter Qualität und übertrifft viele andere Weine der Region, weiß Sommeliere Yvonne Heistermann.

Im Süden Ungarns säumt nur wenig Industrie das Donauufer – in der Stadt Baja allerdings steht inmitten der unberührten Landschaft ein Kernkraftwerk, das mit Donauwasser gekühlt wird. Es ist das einzige Ungarns und deckt die Hälfte des ungarischen Strombedarfs. Ansonsten aber lebt man in dem Gebiet um Baja seit dem 19. Jahrhundert von der Paprika. Über 4.500 Tonnen werden jährlich, meist von Hand, gepflückt, die Hälfte davon geht in den Export.

Von Baja ist es nicht mehr weit bis zur Grenze zu Kroatien. Die Donau erreicht bei Kilometer 1.444 ihren geografischen Mittelpunkt. Gleich dahinter verlässt sie Ungarn und wird zum Grenzfluss zwischen Kroatien und Serbien.

Nord-Transdanubien

Damit ist die Region im Nordwesten Ungarns bezeichnet: nördlich des Balatons (Plattensee) zwischen dem Burgenland in Österreich und der Donau. Drei der vier Appellationen der Region Plattensee befinden sich hier am nördlichen Ufer, die größte ist Balatonfüred-Csopak. Das Klima in der hügeligen Landschaft mit Böden aus Schiefer, Vulkangestein, Kalk und Sandstein ist ausgewogen durch den Balaton mit warmen, nicht zu heißen Sommern und milden Wintern. Das Gebiet – benannt nach den beiden Hauptorten Balatonfüred und Csopak wurde erst 1959 gegründet, hat aber eine lange Tradition. Ein bekanntes Weingut ist das von Mihaly Figula, der 16 Hektar (insbesondere Weißwein) bewirtschaftet.

Badacsony am nordwestlichen Ufer ist ein Weißwein-Gebiet, in dessen Mitte der namensgebende 438 Meter Hohe Berg steht, an dessen südlichen Hängen Wein angebaut wird. Die Region ist vielleicht vergleichbar mit der Loire: Die Böden sind sehr mineralreich, das warme Basaltgestein vulkanischen Ursprungs speichert die Sonnenwärme, die er nachts abgibt. Die feine Mineralik wird von einer erfrischenden Säure unterstützt. Bekanntester Winzer ist Hubert Szeremley, der 115 Hektar bewirtschaftet (mit Gerard Depardieu).

Balatonfelvidék ist recht flach und nicht direkt am See, entsprechend ist das Klima etwas rauer: Die Appellation ist nicht so von den kalten Winden geschützt. Weißwein dominiert auch hier.

Im Nordosten des Gebietes befindet sich die Appellation Etyek-Buda, westlich von Budapest. Auf etwa 1.500 Hektar werden im jüngsten Anbaugebiet Ungarns insbesondere Weißweine angebaut (auch Schaumweine) aufgrund der kühleren Klimatik. Die Weine sind sehr säurebetont.

Auch in Ászar-Neszmély, etwas westlicher gelegen, gedeihen Weißweine aus Traditionstrauben, aber heute stossen ultramoderne Kellereien wie „Hilltop“ sortenreine Weine für den Exportmarkt aus.

Der Lehmboden der Appellation Mór sorgt für einen sehr üpppigen, aromareichen und teils süßen Ezerjó, der auch von der Mineralik der sandigen Lössböden profitiert. Mit seinen 700 Hektar gehört Mór zu den kleinen Anbaugebieten, wie auch Somló. Der Berg Somló ist ein erloschener Vulkan (433 Meter hoch) nördlich des Balaton. Der Schomlauer Wein wurde von den Habsburgern (zur Hochzeit) getrunken. Auch hier wächst vornehmlich Weißwein. Zur Riege der kleinen Appellation gehört auch Pannonhalma, wo im seit 1996 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehörenden Kloster seit dem Jahr 996 Wein angebaut wird.

Sopron zählt zu den ältesten Appellationen. Hauptrebsorte hier am Neusiedlersee ist Kékfrankos, die insbesondere auch Franz Weninger wiederbelebt hat. Das Klima hier zwischen See- und Bergland ist kühler und niederschlagsreicher als im übrigen Ungarn. Vorteilhaft aber sind die milden Winter und langen Spätsommer und Herbste, weshalb die Reben wesentlich später reifer, was für hohe Säure und frisch-fruchtige Rotweine sorgt.

Süd-Transdanubien

Damit ist die Region im Südwesten Ungarns gemeint, zwischen Kroatien, Donau und Balaton, wo sich am Südufer auch die Appellation Balatonboglar befindet. Das Klima in dieser flachen Gegend ist recht ausgeglichen und die Böden sind lehmig und sandig und eignen sich für Weißwein wie den für den Exportmarkt bestimmten „Chapel Hill“.

Westlicher liegt Zala, das erst 1998 deklariert wurde. Die Reben dieser hügeligen Landschaft sind zu 90 Prozent Weißwein mit regionalen Spezialitäten wie Zalangyöngye („Perle von Zala“) sowie Cszerszagi Füszeres (ein Hybrid), die eigenwillige Tischweine hervorbringen.

Im Süden, nahe der kroatischen Grenze, liegt das kleine Gebiet der Region Pécs. In dieser warmen Region wachsen hauptsächlich sehr kräftige Weißweine. Es gehört zu den höherwertigen Anbaugebieten, die über die Hügelkette verstreut sind, die Ungarn von Südwesten bis Nordosten (Tokaj) durchzieht. Dabei ist Villány nahe der kroatischen Grenze das südlichste Weinanbaugebiet Ungarns. Hier herrscht mediterranes Klima (milde, relativ kurze Winter). Frühlingshafte Witterungsverhältnisse lassen die vornehmlich Rotweinreben früh austreiben und blühen, anschließend folgen heiße und trockene Sommer. Die typischen Bordeaux-Rebsorten, aber auch Kékfrankos gedeihen hier auf den Löss-, Lehm– und mineralischen Kalkböden sehr körperreich und kraftvoll-würzig. Das Weingut Hummel ist hier zu Hause und produziert unter anderem Cabernet Sauvignon und Merlot. Die Region der „Sieben Hügel“ um Villány wird auch „Bordeaux des Ostens“ genannt.

Zwischen Weinlese und Weihnachten, am 11. November, ist Martinstag in Ungarn. Der heilige Sankt Martin wurde 331 im ungarischen Szombathely (nahe der burgenländischen Grenze) geboren, ihm wird traditionell am 11.11. gedacht – an dem Tag, an dem auch das Wirtschaftsjahr der Winzer beginnt. Das wird mit Martinsgans und „Primeur“ gefeiert – insbesondere auch in Villányi.

Tolna, 1989 gegründet, liegt zwischen Villány im Süden und Balaton. Im gemäßigten Klima wächst Weißwein, Kadarka und Kékfrankos sind in der Minderheit – anders als in Szekszárd. Das Anbaugebiet unterteilt sich in die Hügellandschaft im Westen und das Szekszárder Bergland, wo es etwas kühler ist. Auf dem kalkhaltigen Löss wachsen facettenreiche Rotweine. Skekszárd ist auch neben Eger die einzige Stadt Ungarns, die Bikáver („Stierblut“) erzeugen darf: eine Cuvée aus Kékfrankos, Kadarka, Cabernet Sauvignon und Merlot. Beachtung verdingt hier das Weingut Heimann.

Nord-Mittelgebirge

Die Region im Nordosten Ungarns besteht aus vier Appellationen und ist von allen das Gebirgigste. Das gilt insbesondere für das im Westen der Region liegende Gebiet Matrá, das auch das größte ist mit über 7.000 Hektar. In dieser „Bergweinregion“ findet man Reben bis 500 Meter Höhe, wobei das Mittelgebirge die Anlagen vor Kälteinflüssen schützt. Der 1.015 Meter hohe Kékestetö ist der höchste Berg des Landes. Die Böden sind vulkanischen Ursprungs und ähneln denen des Tokaj. Angebaut wird überwiegend Weißwein (80 Prozent), aber vereinzelt findet sich auch Rotwein in Ungarns zweitgrößter Appellation.

Eger im Osten des Matrágebirges gehört zu den bedeutensten Weinzentren des Landes. Das Klima ist etwas milder als in Matrá. In den Tuffsteinkellern (Tuffstein ist vulkanischen Ursprungs – wie in Madeira) liegen hunderte Eichenfässer voller Kékfrankos, die die Kadarka ersetzte und das „Stierblut“ verdünnte. „Erlauer Stierblut“ wurde erstmals 1851 erwähnt: Ein „Egri Bikavér“ ist immer eine Cuvée aus mindestens drei Rotweinsorten, die oft als „Gemischter Satz“ angebaut werden. Der „Stierblut-Kodex“ von 1997 regelt die Produktion. Die Weißweine aus Eger sind meist körperreich.

Das kleine Gebiet Bükk zwischen Eger und Tokaj ist deutlich kühler. Die Ebenen sind meist mit Weißwein bestückt und wachsen auf kalkhaltigen Böden, sind aber nicht so bedeutend wie die Weine aus den Nachbarappellationen. Die einfachen Trinkweine dienen bisweilen auch als Grundweine für die Schaumweinproduktion.

Die bekannteste Weinbauregion Ungarns ist sicherlich Tokaj („Tokaji“ ist das ungarische Wort für Tokajer, die Stadt und das Anbaugebiet heißen Tokaj.) Seit dem 16. Jahrhundert ist seine Qualität legendär, was größtenteils auf den üppigen „Tokaji Aszú“ zurückzuführen ist. Er entstand aus edelfaulen Trauben methodisch im Jahr 1630 im Weinberg Oremus: Der Legende nach standen 1650 türkische Truppen im Land – zeitgleich mit Beginn der Weinlese. So wurde verfügt – 125 Jahre früher als auf Schloss Johannisberg, wo die Spätlese „erfunden“ wurde -, die Trauben zunächst hängen zu lassen und erst später zu lesen.

Tokajier

Die Voraussetzungen für Wein aus edelfaulen Trauben sind in Tokaj ideal: Es liegt im Norden Ungarns in den Ausläufern der Karpaten, nahe der slowakischen Grenze (neben der Region Tokaj darf Tokaji auch noch in drei Gemeinden in der Slowakei produziert werden). Das Zemplén-Gebirge ist vulkanischen Ursprungs. Seine Kegel stehen am Nordrand der Tiefebene. Die besten Weinberge liegen an nach Süden ausgerichteten Hügeln an den beiden Flüssen Bodrog und Tisza (Theiß), die an der Südspitze der Kette zusammenfließen. Das Klima ist gemäßigt und zeichnet sich durch trockene, wenig heiße Sommer und lange, sonnenreiche Herbste aus. Von der Ebene strömen warme Sommerwinde herein, die Karpaten schützen im Nordwesten und Osten vor kalten Winden und die von den Flüssen heranziehenden Nebel – am frühen Morgen steigt die Feuchtigkeit auf – begünstigen das Entstehen des Botrytispilzes (Botrytis cinerea). Aber die Edelfäule entsteht nicht jedes Jahr, man kann daher verschiedene Stile unterscheiden.

Grundsätzlich wird das Geschmacksbild eines Tokaji vom vulkanischen Tuffboden geprägt und den drei zugelassenen weißen Rebsorten, die auf nicht ganz 6.000 Hektar wachsen:

  • Furmint: 70 Prozent entfallen auf diese säurereiche Rebsorte, die spät reift, dünnschalig ist und insofern anfällig für Botrytis. Sie ist die Hauprebsorte für Aszú-Weine und hat Aromen von Apfel und gereift nussige Noten sowie Honig.
  • Hárslevelü: Die „Lindenblättrige“ bringt Duft in die Cuvée und ist reich an Zucker und Aromen. Furmint und Hárslevelü werden oft miteinander gelesen, gepresst und vergoren.
  • Sarga Muskotály: 5 bis 10 Prozent macht die Muscat Blanc à petits grains aus. Sie wird entweder wie in Sauternes als Würze beigemischt oder als üppige Spezialität für sich verarbeitet.

Je nachdem, wie stark sich die Edelfäule entwickelt hat, werden die Trauben bei der Lese, die traditionell am 28. Oktober beginnt, nach drei Kategorien getrennt gelesen:

  • Trockene Weine: Weine ohne Botrytis werden in 0,75-Liter-Flaschen sortenreinabgefüllt.
  • Tokaji Szamorodni („wie er gewachsen ist“): Hier sind die Trauben nur teilweise von Botrytis befallen. Je nachdem kann Szamorodni trocken (szaras) sein, oder süß (édes), wobei auch die trockenen Weine Charakterzüge von Edelfäule aufweisen. Unabhängig davon müssen beide mindestens zwei Jahre reifen, davon mindestens ein Jahr im Holzfass.
  • Tokaji Aszú („Ausbruch“): Dieser Wein unterscheidet sich von den trockenen Stilistiken, denn er hat ausprägte Botrytis (etwa 50 Prozent). Nur die edelfaulen Beeren (diese werden „aszú“ genannt) werden gelesen. Sie werden einzeln aussortiert und in großen Tanks zur weiteren Verarbeitung bewahrt. Die gesunden Trauben werden in ein bis zwei Tagen normal trocken vergoren, die selektierten Aszú-Beeren werden hingegen zu einer Paste verarbeitet, von Hand geknetet oder von Maschinen püriert. Diese Paste wird dem trockenen Grundwein in dosierten Mengen beigegeben. Als Maß gelten die sogenannten Puttonyos beziehungsweise Butten à 25 Kilogramm, die den traditionellen 136-140-Liter-Fässern („gönci“) hinzugefügt werden. Meist sind es vier bis sechs Butten, die hineingerührt werden und 1 bis 5 Tage drin bleiben (das heißt mit sechs Butten ist das Fass voll. Der trockene Grundwein wird nur genutzt, um den Zucker aus der Paste zu waschen). In dieser Zeit führt der Zuckergehalt zu einer neuerlichen Gärung, die sich je nach Zuckergehalt und Kellertemperatur richtet: Je süßer der Wein und je kälter der Keller, desto langsamer verläuft der Fermentationsprozeß (die Gärung). Die feinsten Gewächse haben einen Süßegrad mit wenig Alkohol – meist 10,5 Volumenprozent Alkohol -, einfachere 12 bis 13 Volumenprozent.

Neuerdings gilt als gesetzliche Vorgabe: Das Gönci-Fass darf nur noch 100 Liter fassen, der Restsüßegehalt beträgt dann bei drei Butten 90 Gramm pro Liter, bei vier Butten 110 Gramm pro Liter et cetera.

Tokaji Aszú reift mindestens zwei Jahre im kleinen Holzfass und ein Jahr im Regal (früher wurden noch länger ausgebaut). Dadurch entstehen tiefdunkle, bernsteinfarbene Weine (ähnlich den italienischen Ripasso-Weinen) mit frischen Fruchtnuancen beziehungsweise einer beträchtlichen Säure und Aromen von Orangenschalen, Aprikosen und Honig.

Tokaji Eszencia mit 450 Gramm Restzucker pro Liter besteht ausschließlich aus Vorlaufmost des Aszú, der Jahre braucht bis er vergoren ist und nur circa fünf Volumenprozent Alkohol hat (hier gibt es keinen Mindestalkoholanteil wie bei Beerenauslesen und Trockenbeerenauslesen in Deutschland, die mindestens 5,5 Volumenprozent Alkohol haben müssen). Tokaji Eszencia ist honigartig beziehungsweise wie ein Nektar.

Late Harvest: Diese Weine werden wie Sauternes auch mit botrytisierten Beeren hergestellt, diese werden jedoch mitvergoren (wie Spätlesen oder Trockenbeerenauslesen) und nicht eingemaischt wie bei Tokaj Aszú.

Das Tokaj-Gebiet wurde bereits um 1700 klassifiziert und in Crus unterteilt. Insgesamt gibt es 27 wichtige Gemeinden. Die Rebstöcke sind an leicht ansteigenden Hängen (keine Steillagen) nach Süden ausgerichtet und werden am Drahtrahmen erzogen. Sie bilden ein breites „V“. In dem „Oremus“-Weinberg der Familie Rákósczis wurde der erste Aszú-Wein gemacht. Heute gehört das Weingut zum spanischen „Vega Sicilia“ von Pablo Alvarez.

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