
Um ihren jährlichen Lebenszyklus durchlaufen zu können, stellt die Rebe (Vitis vinifera) folgende Mindestanforderungen an ihre Umwelt:
- Kohlendioxid (CO2 ist natürlich in der Luft vorhanden)
- Wasser
- Nährstoffe
- Sonnenlicht
- Wärme
Wasser
Für Wachstum und Reife benötigt die Rebe mindestens 400 Millimeter Niederschlag pro Jahr. Aufgenommen wird das Wasser – in dem die überlebenswichtigen Nährstoffe gelöst sind – über die Wurzeln und dann im Prozess der Transpiration ins Laub befördert (als Transpiration wird der Prozess des Wassertransports von der Wurzel ins Laub bezeichnet). Regen ist natürlich die wichtigste Wasserquelle im Weinbau, ansonsten kann auch bewässert werden: Tropfbewässerung und Überflutungsanlagen (wie im argentinischen Mendoza) sind die gebräuchlichsten Maßnahmen.
Nährstoffe
Nährstoffe erhält die Pflanze zu 75 Prozent durch Photogenese, die restlichen 25 Prozent holt sie sich aus dem Boden: Rebstöcke befinden sich – wie alle Pflanzen – in einer Symbiose mit Pilzen – Mykhorriza genannt -, die keine Photosynthese ausführen und entsprechend selbst keinen Zucker herstellen können. Sie brauchen deshalb die Symbiose und den (Informations-)Austausch und bereiten gewissermaßen als Gegenleistung die notwendigen Nährstoffe (Kalium, Kalzium, Magnesium, Stickstoff, Phosphorsäure et cetera) für die Rebe auf. Die Rebe selbst saugt diese durch Pilze aufbereiteten Nährstoffe und Mineralien vermutlich selektiv durch Unterdruck auf. (Sensorisch ist die Mineralität als „saliner Nachhall“ wahrnehmbar.)
Die Rebe wurzelt dabei nur so tief, wie sie muss, um die Transpiration gewährleistet zu wissen. Bei zu viel Wasser (zum Beispiel Staunässe bei zu hohem Tongehalt im Boden) konzentriert sich die Rebe auf das Wachstum der Triebe, nicht mehr auf die Reifung beziehungsweise den Zuckeraufbau der Traube. Bei Nährstoffmangel kommt es zur Chlorose, das heißt die Blätter färben sich gelb und die Photosynthese kann nicht mehr stattfinden.
Sonnenlicht
Mindestens 1.300 Sonnenstunden jährlich sind für ein gesundes Wachstum nötig: Ohne Licht findet keine Photosynthese statt – es wird keine Glucose für Wachstum und Traubenreifung produziert – oder diese wird zumindest durch dichte Wolken oder Nebel verlangsamt. So ist zum Beispiel in der Champagne wolkenreiches Wetter häufig, wodurch die Trauben auch in wärmeren Jahren mit höheren Durchschnittstemperaturen einen sehr niedrigen Zucker- und hohen Säuregehalt aufweisen, was ideal für die Schaumweinproduktion ist. Im Hunter Valley in Australien oder auf der neuseeländischen Nordinsel (Auckland) hingegen sorgt die Filterung einer zu intensiven Sonnenstrahlung durch die Wolkendecke für gleichmäßige Reifebedingungen, während lange Sonnenstunden mit viel UV-Strahlung ansonsten ein Problem wäre (hier ist eher Fäulnis ein Problem).
Grundsätzlich werden bei der Photosynthese mit Hilfe der Energie des Sonnenlichts und von Chlorophyll Wasser und Kohlendioxid in Glucose (Traubenzucker) und Sauerstoff umgewandelt (Sauerstoff wird von Kohlenstoff gespalten, der für das Wachstum bzw. den Zellbau verantwortlich ist). Reben mit drei Quadratmeter Blattfläche produzieren 30 Gramm Zucker pro Tag, der im Prozess der Assimilation als Energie in der Pflanze gespeichert wird. (Während der Dissimilation bei der Gärung wird diese Energie wieder freigesetzt, indem der Zucker die Hefen ernährt.)
Wärme
Im jährlichen Durchschnitt bedarf die Rebe eine Temperatur von mindestens 10 Grad Celsius. Darüber hinaus sollte in der Vegetationsphase 180 Tage lang kein Frost auftreten. Bei Temperaturen unter -20 Grad Celsius kann die Rebe komplett erfrieren, Frühlingsfröste wiederum die „Augen“, die soeben ausgetrieben haben. Die Wachstumsperiode kann durch kalte Frühlinge verzögert werden, genauso wie Blüte und Fruchtansatz unterbrochen werden können. Im Sommer können sehr hohe Temperaturen dazu führen, dass die Rebe alle Aktivitäten einstellt – und sogar abstirbt.
Faktoren, die die Wärme beeinflussen sind:
- Breitengrad
- Weinbau findet gewöhnlich zwischen dem 30. und dem 50. Breitengrad nördlich und südlich des Äquators statt. Nur in diesen Zonen herrschen entsprechende Temperaturen und nur hier hat der Rebstock eine klimatisch bedingte Ruhepause über die Winterzeit. 200 Kilometer weiter südlich oder nördlich bedeuten etwa ein Grad Celsius Temperaturunterschied.
- Klima
- Unabhängig von der überall zu beobachtenden Klimaerwärmung – grundsätzlich hängt das Klima vom Breitengrad ab, also von der Entfernung zum Äquator (je näher, desto wärmer). Man kann dabei zwischen Regionen mit cool climate und hot climate beziehungsweise folgenden Klimata unterscheiden:
- kühl (unter 16,5ºC)
- gemäßigt (16,5-18,5ºC)
- warm (unter 21ºC)
- heiß (über 21ºC)
- Abhängig von der Umgebung unterscheidet man folgende Klimazonen:
- kontinentales Klima (ganzjährig Niederschlag, hohe Temperaturunterschiede zwischen Tag und Nacht)
- maritim-atlantisches Klima (gemäßigte Temperaturen, ganzjährig Niederschlag)
- mediterranes Klima (trocken, heiß, kaum Niederschlag)
- tropisches Klima (warm und feucht, keine Temperaturunterschiede)
- pannonisches Klima (warm wie zum Beispiel in Ungarn)
- illyrisches Klima (mit Adria-Einfluss, zum Beispiel in der Steiermark) et cetera
- Unabhängig von der überall zu beobachtenden Klimaerwärmung – grundsätzlich hängt das Klima vom Breitengrad ab, also von der Entfernung zum Äquator (je näher, desto wärmer). Man kann dabei zwischen Regionen mit cool climate und hot climate beziehungsweise folgenden Klimata unterscheiden:
- Höhenlage
- Mit zunehmender Höhe sinken die Temperaturen (etwa 1ºC pro 100 Meter). Das bedeutet, dass Weinbau in entsprechender Höhe auch Nahe am Äquator möglich ist (zum Beispiel in Cafayate in Argentinien). Andererseits reifen die Trauben in Deutschland über 350 Meter Meereshöhe nicht mehr aus: Die höchste Erhebung für Weinbau – sieht man vom Bodensee ab – ist auf 300 bis 350 Meter Höhe in Odinstal oberhalb von Wachenheim in der Pfalz.
- Nebel
- Nebel kann zur Kühlung eines Gebietes beitragen, in dem sonst schwerlich hochwertige Trauben reifen würden, wie zum Beispiel in Kalifornien oder im Valle de Casablanca in Chile.
- Boden
- Dunkle Böden wie zum Beispiel der Basalt im kalifornischen Stagsleap absorbieren mehr Sonnenwärme als hellere Böden wie beispielsweise der kalkhaltige Albariza in Andalusien. Die tagsüber gespeicherte und Nachts wieder abgestrahlte Wärme kann die Reifung von Trauben in kühlen Klimata entscheidend fördern. Umgekehrt können Böden mit hohem Wassergehalt wie etwa Lehmböden den Austrieb auch verzögern, da sie mehr Energie für die Erwärmung benötigen.
- Hangausrichtung und Hangneigung
- Bei der Exposition des Weinbergs nach Süden in Richtung Äquator, wie in Deutschland üblich, wird die meiste Sonneneinstrahlung empfangen. In Spanien (Priorat) und im Dourotal hingegen werden gern nördlich ausgerichtete Hänge bepflanzt. (Telmo Rodriguez „As Caborcas“ aus Valdeorras zum Beispiel heißt übersetzt „Nordost ausgerichtet“.) Zur Ausrichtung des Hanges nach Süden kommt noch die Heigneigung, das heißt bei steileren Hängen wie an der Mosel potenziert sich der wärmende Effekt noch durch den Einfallswinkel der Sonne, den sogenannten „Äquatoreffekt“: Senkrechte Sonneneinstrahlung gibt es nur am Äquator, nördlich und südlich davon ist der Einfallswinkel der Sonne schrägt. Das wird durch Steilhänge ausgeglichen.
- Kontinentalität
- Die Temperaturunterschiede zwischen den Jahreszeiten wirken sich genauso auf das Wachstum der Rebe aus (zum Beispiel lange Vegetationsphasen), wie die Unterschiede zwischen Tag und Nacht: Temperaturunterschiede zwischen kühlen Nächten und heißen Tagen verringern den Energieumsatz der Rebe, sodaß sie den tagsüber angesammelten Zucker nicht verbrauchen kann und deshalb umso mehr davon in den Trauben speichert. Dasselbe gilt für die Aromen und Säuren während der Reifung.
- Gewässer
- Stehende Gewässer (wie beispielsweise der Bodensee) sind Wärmespeicher und
- Fließgewässer können kalte Luftströme mitnehmen beziehungsweise abtransportieren (wie beispielsweise die Donau in der Wachau).
- Kalte beziehungsweise warme Meeresströmungen ermöglichen auch in klimatisch schwierigen Regionen Weinbau, weil sie die Atmosphäre kühlen oder aber Wärme an sie abgeben. Meeresströmungen entstehen, weil die Schwerkraft des Mondes eine gewaltige Sogkraft in den Ozeanen der Erde entfaltet: Ebbe und Flut – die Gezeiten – entstehen und die Erdrotation, die den sogenannten Corioliseffekt verursacht, veranlasst Winde und das Wasser der Weltmeere dazu, kreisförmige Muster zu bilden. Dies beeinflusst die Strömung des Oberflächenwassers der Ozeane. All diese Kräfte, zusammen mit dem Salzgehalt und den Temperaturschwankungen der Ozeane, erzeugen die Meeresströmungen, wie zum Beispiel den kühlen Humboldtstrom vor Chile.