Essay

nachtgestalten

E.T.A. Hoffmann gilt als der romantische Schriftsteller schlechthin. Er ist aber auch ein Trinker, der Rausch dient ihm als Vehikel für seine schaurig-gruseligen Geschichten. Nächtelang sitzt er mit seinem Kumpanen Ludwig Devrient in einer Weinstube am Gendarmenmarkt. Der bestellt dort, Shakespeare falsch übersetzend, Sect und begründet so ein eigenes Wort für Schaumwein, das deutsche Sekt

Damit es Kunst giebt, damit es irgend ein ästhetisches Thun und Schauen giebt, dazu ist eine physiologische Vorbedingung unumgänglich: der Rausch. Der Rausch muß erst die Erregbarkeit der ganzen Maschine gesteigert haben: eher kommt es zu keiner Kunst.“

Friedrich Nietzsche

Köstlicher Balsam / Träuft aus deiner Hand, / Aus dem Bündel Mohn. / In süßer Trunkenheit / Entfaltest du die schweren Flügel des Gemüts. / Und schenkst uns Freuden / Dunkel und unaussprechlich.“

Novalis, Hymnen der Nacht

Über 350 Millionen Flaschen Sekt beziehungsweise Schaumwein werden in Deutschland jährlich getrunken, was pro Kopf über vier Flaschen pro Jahr entspricht. Das ist Rund ein Viertel der Weltproduktion – und Deutschland somit der weltweit größte Schaumweinmarkt. Und das, obwohl der Fiskus ordentlich mitverdient: 1,02 Euro Sektsteuer je Flasche, seit die Steuer 1902 vom Reichstag zur Finanzierung der Kriegsflotte von Kaiser Wilhelm II. eingeführt wurde. Der Begriff Sekt wurde dabei erst 1925 zur amtlichen Bezeichnung für Schaumwein – in Abgrenzung zum Champagner. Denn das Weinanbaugebiet „Champagne“ wurde zwar erst 1927 endgültig als „Région délimitée de la Champagne viticole“ festgelegt, um den „Champagner“ aber zu schützen, untersagte man den deutschen Schaumweinherstellern durch den Versailler Vertrag die Verwendung dieses Begriffs. So trat „Sekt“ an die Stelle von „Champagner“.

Das Wort „Sekt“ wiederum stammt von einer Shakespeare-Übersetzung des Schauspielers Ludwig Devrient, der hundert Jahre zuvor (Devrient lebte von 1784 bis 1832), allabendlich in einer bekannten Weinstube am Berliner Gendarmenmarkt Champagner getrunken hat. Eines Abends im Jahr 1825 hat er nach einer Vorstellung im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt einen solchen mit einem Zitat aus Heinrich IV. bestellt: „Bring er mir sect, Schurke – ist keine Tugend mehr auf Erden?“ (Akt II, 4: „Give me a cup of sack, rogue. Is there no virtue extant?“). Denn in der Originalfassung trinkt Sir John Falstaff, die eigentliche Hauptfigur von Shakespeares Drama, gerne sack. Damit aber haben die Engländer keinen Wein, erst recht keinen Schaumwein, bezeichnet, sondern einen trockenen Sherry (was sich aus dem Begriff secco oder schlicht sec für trocken entwickelt haben könnte). Aus dem sec wurde sect – der deutsche Begriff Sekt stammt insofern von einer falschen Übersetzung. Dennoch wurde er im Lauf der Zeit zum üblichen Namen für Schaumwein in Deutschland und 1925 eben zur amtlichen Bezeichnung.

Ludwig Devrient saß damals nicht alleine in der Weinstube am Gendarmenmarkt, er hatte einen Kumpanen, einen Saufkumpanen möchte man sagen, mit dem er dort fast jede Nacht gemeinsam zechte, nämlich Ernst Theodor Amadeus (ursprünglich Waldemar) Hoffmann, kurz E.T.A. Hoffmann. Der kommt aus Königsberg, wo er 1776 geboren wurde, und ist über Umwege vor wenigen Jahren, 1814, in Berlin gelandet, wo er vormittags als gewissenhafter und akribischer Jurist im Kammergericht arbeitet, sich Nachts jedoch mit Dämonengewalt in einen Säufer und Phantasten verwandelt, in den Gespenster-Hoffmann, wie er von den Berlinern genannt wird. (Die amerikanische Abstinenzbewegung nannte Alkohol ein Dämonengetränk: eine Möglichkeit, Sehnsüchte und Empfindungen zu externalisieren, die nach einer Gestalt außerhalb unseres Körpers streben – wie der Geist in Gestalt des Gespenstes erscheint.) Und Hoffmann, der nicht nur dichtet, sondern zunächst komponiert und zeichnet, hat ein Faible für Schauerlichkeiten und Spukgeschichten.

Mit E.T.A. Hoffmann teilte Ludwig Devrient, der mit einer bis dahin nicht gekannten Intensität und Rücksichtslosigkeit insbesondere Shakespeare-Rollen spielte, ein ungehemmtes Temperament und die Auffassung, dass das Leben vergeudet ist, lebt man es nicht in Ekstase. Es waren beide Bohémiens, die bürgerliche Verhaltensweisen und Normen ablehnten, und sie verband in diesem Sinn das Bekenntnis zum Rausch als produktionsförderndem, wesentlichen Antrieb des künstlerischen Schaffens. Der Rausch dient Hoffmann, wie er selbst sagt, zur „Steigerung des geistigen Vermögens“ – ein Gedanke, der zu dieser Zeit zum Mythos wird. Geht man davon aus, dass unsere Gesellschaft ein Riss hinsichtlich der Akzeptanz von Alkohol durchzieht, dann entspringt die rauschaffine, tolerante Einstellung im Wesentlichen den literarischen Strömungen des beginnenden 19. Jahrhunderts und ihrer phantastischen Ideenwelt. Die Berliner jener Zeit waren fasziniert und es schauderte ihnen zugleich. Man raunte, sechs Flaschen Wein soll jeder der beiden jede Nacht trinken … Gemeinsam machen Devrient und Hoffmann die bekannte Weinstube zu ihrem eigenen Theater und ziehen andere Gäste in Scharen an, so viele, dass ihnen sogar ihre Zechschulden vom Wirt erlassen werden. (In seiner Biographie beschreibt Rüdiger Safranski E.T.A. Hoffmann als nicht festgewurzelt. Darin, und in seiner Lust an der Verwandlung – der Wein dient als Vehikel der Verwandlung -, liegt etwas zutiefst Theatrales, oder wie Safranski sagt, Hoffmann ist nirgends verwurzelt und „beherrscht die Kunst des `Als-ob´; er wird zu einem Gegner des `Entweder-Oder´, jeder Ausschließlichkeit sich verweigernd“, auch der Ideologischen oder politischen.)

Das frühe 19. Jahrhundert, genauer die Zeit von 1795 bis 1815, gilt als Epoche der Romantik. (Nicht nur der Begriff Sekt, auch das Wort Romantik kommt aus dem Englischen. Johann Gottfried Herder übersetzt es vom englischen romanticism, denn erst mit mehreren Jahrzehnten Verspätung setzt die Romantik von England kommend auch in Deutschland ein.) Und wenn man so möchte, war die Romantik eine Rauschkultur und ihre Publikationen Rauschvisionen. Mit dem Trinken und der Einnahme anderen Rauschmittel (Opium) wollte man das Bewußtsein in Richtung des Schöpferischen bereichern, Novalis bemerkt in diesem Zusammenhang: „Das willkürlichste Vorurteil ist, daß dem Menschen das Vermögen außer sich zu sein, mit Bewußtsein jenseits der Sinne zu sein, versagt sei.“ Der Rausch wurde insofern begriffen als Pforte zur Wahrnehmung. Safranski schreibt: „Wie trank Hoffmann?… anschaulich erzählt: `Man denke hierbei aber nicht etwa an einen gemeinen Trinker, der trinkt und trinkt, aus Wohlgeschmack, bis er lallt und schläft; gerade das Umgekehrte war Hoffmanns Fall. (…) so gab es nichts Interessanteres, als das Feuerwerk von Witz und Glut der Phantasie, das er dann unaufhaltsam, oft fünf, sechs Stunden hintereinander, vor der entzückten Umgebung aufsteigen ließ.“ Im Rausch auch ersinnt Hoffmann seine schaurig-düsteren Geschichten und ergründet quasi am eigenen Leib die Schattenseiten der menschlichen Seele. Mit seinem Hang zu Dämonie und Exzess revolutioniert er spät die Literatur – er betätigt sich lange erfolglos als Komponist und Kapellmeister und ist schon 27 Jahre alt, als erstmals etwas Gedrucktes von ihm erscheint. Erst 1809 gibt er sein literarisches Debüt mit Ritter Gluck. Dennoch wird er zu einem der bedeutendsten Schriftsteller dieser Epoche.

Hoffmanns Gestalten kommen aus dem Dunkeln, es sind Nachtgestalten wie er selbst. Zum Beispiel in Elixier des Teufels, von ihm in Ich-Form verfasst, wo ein Kapuzinermönch von einem mysteriösen, satanischen Elixier (das unschwer als Opium zu erkennen sei, wie Peter Hacks meint, jener köstliche Balsam, der uns die Freuden schenkt, dunkel und unaussprechlich, wie Novalis in seinen Hymnen der Nacht schreibt) trinkt, woraufhin die finstere Seite seines Wesens Macht über ihn gewinnt und er zum Mörder wird. Die finstere Seite begegnet ihm während des ganzen Romans in Gestalt eines wahnsinnigen Doppelgängers, man könnte sagen als Verkörperung des Unbewußten. Und genau in dieser Verkörperung liegt ein weiteres theatrales Moment: Mit der Verdoppelung illustriert Hoffmann, dass der Rausch in Bereiche führen kann, die analog zur theatralen Darstellung sind. In der Begegnung mit seinem Doppelgänger wird der Rausch gewissermaßen zum Double des Theaters, das heißt Hoffmann beschreibt die Begegnungen des Mönchs mit seinem Doppelgänger als Verkörperung des Unbewußten und den Rausch somit als theatrale Präsentationsform. Schließlich jedoch gelangt der Mönch durch Buße doch noch zur Heilung.

Wie viele Geschichten aus dieser Epoche bleibt auch dieser Roman in eine unheimliche Atmosphäre getaucht, vieles bleibt im wahrsten Sinne im Dunkeln und unaufgeklärt (der Geheimbund-Roman blüht in dieser Zeit) – nur deshalb kann Peter Hacks in seinem Buch Zur Romantik kritisch anmerken, dass es „an den romantischen Erzeugnissen nichts zu begreifen gibt“. Es herrscht durchweg eine somnambule Stimmung, ein Begriff aus der Epoche, wie beispielsweise auch bei Novalis, wo der Nacht „ein eigener, vernunftloser Zugang zu einer eigenen vernunftlosen Wahrheit zugeschrieben“ sei und das aufklärerische Licht für das Böse stehe, wie Hacks meint: Mit ihrer Ästhetik der Nacht rebellierten die romantischen Schriftsteller gegen den vernunftbetonten Geist der Aufklärung. (Er erklärt die Romantik insgesamt als eine Kultur der Verneinung und „(d)er Satanskult ist wahrscheinlich die tiefste Verirrung der Leidenschaft des Verneinens. Man kann sagen, dass beide damals angefangen und bis heute nicht geendet haben, die Romantik und der Satanismus.“) Aber woher kommt diese Ablehnung?

In stürmerischen und drängenden Zeit zwischen 1790 und 1800 erscheinen in Deutschland etwa 2.500 Romane – so viele, wie in den 90 Jahren zuvor nicht! Manche befürchten eine unkontrollierte, ungeheure Anfeuerung der Phantasie, jedenfalls kommt es zu einer wahren „Leserevolution“ (Friedrich Schlegel). Viele dieser Romane werden von jungen Schriftstellern geschrieben, die das vernunftgläubige Moralisieren und die erstarrten Formen der Klassik mit ihrer Hinwendung zur Antike, deren prominentester Vertreter zweifelsohne Goethe ist, ablehnen. Ganz im Sinne der französischen Revolution von 1789 fordern sie auch eine Revolution des Schreibens und Denkens. Zum Schlagwort wird der Spruch: Etwas Neues.

Die französische Revolution wird in Deutschland von vielen zunächst als Durchbruch der Freiheit und Vernunft verstanden, dann aber macht sich der Terror in Frankreich breit und der Bürgerkrieg bricht los: in der Wahrnehmung der Deutschen wird die Vernunft nun auf den Kopf gestellt und erweist sich als mörderisch! In Jena erklärt Friedrich Schiller, der später von den romantischen Schriftstellern abgelehnt wird, dass die wahre Demokratie sowieso nur im Ästhetischen zu finden sei, in der Literatur beispielsweise. Nur sie werde auch dem Individuellen und Eigentümlichen gerecht. Die Poesie soll sich dem Leben zuwenden – auch den geheimnisvollen Abgründen. Novalis schreibt in diesem Zusammenhang: „Indem ich dem Gewöhnlichen ein geheimnisvolles Ansehen, dem Bekannten die Würde des Unbekannten gebe, so romantisiere ich es.“

An die Stelle klassischer Konventionen und Moral tritt ein Kult des Lebens, mit allen Genüssen und Lastern im Sinne romantischer Selbstverwirklichung. Insbesondere das autonome Subjekt wird zu einem wesentlichen Faktor im literarischen Produktionsprozess. Man versucht es zu befreien und in einer Sphäre der uneingeschränkten Phantasie zu verankern. Aber genau gegen diesen Subjektivismus und rigorosen Individualismus richtet sich Goethes Kritik an der Romantik. Für ihn, als Vertreter der Klassik und damit der zweiten bedeutenden literarischen Richtung dieser Zeit, sind nämlich „(a)lle im Rückschreiten und in der Auflösung begriffenen Epochen subjektiv, dagegen haben aber alle voranschreitenden Epochen eine objektive Richtung. Unsere ganze jetzige Zeit ist eine rückschreitende, denn sie ist eine subjektive“. Und auch Hegel stellt sich gegen die Romantik: „Das Übel der Zeit“, sagt er, ist „die Zufälligkeit und Willkür des subjektiven Gefühls und seines Meinens“. Mit dem Geschmack kam es dahin, „dass der Sinn für Gehalt und Inhalt sich in die subjektive Abstraktion, in ein gestaltloses Weben des Geistes in sich zusammenzog“.

Hoffmann lebt zu dieser Zeit nicht in Berlin, sondern mit seiner Frau und Tochter in Warschau, wo er im Justizdienst arbeitet. Polen gehört zu dieser Zeit noch zu Preussen – das dann jedoch, in der Schlacht von Jena und Auerstedt im Jahr 1806, Napoleon Bonaparte unterliegt. Nun soll auch Polen als Staat wieder auferstehen, weshalb die preussischen Behörden aufgelöst werden und auch Hoffmann seinen Posten verliert. Das wird für ihn zum Schicksalsschlag und er wird dem Franzosen nicht verzeihen, wie so viele Deutsche, die sich jetzt in ihrer Ablehnung der französischen Aufklärung der eigenen Kultur und Geschichte zuwenden, auch der eigenen Mythenwelt. (Für Peter Hacks „rekrutieren sich Schriftsteller der Romantik aus anti-französischen reaktionären Kreisen, die aus England unterstützt werden“.)

Für Hoffmann beginnt nun eine kleine Odyssee (die Familie ist bei Verwandten in Posen untergebracht, dann jedoch stirbt seine Tochter) und er beginnt zu trinken, verwandelt sich in dieser Zeit in jenes umherschweifende Gespenst, als das man ihn später wahrnehmen wird. Erst nach der Niederlage Napoleons 1814 bei Waterloo kommt er zur Ruhe, findet endlich wieder eine feste Anstellung im Kammergericht und zieht in eine Wohnung am Berliner Gendarmenmarkt.

Hier zeichnen sich erstmals größere Erfolge für ihn ab. 1816 wird seine Märchenoper Undine im Schauspielhaus am Gendarmenmarkt aufgeführt (Hoffmanns Freund Friedrich de la Motte Fouqué hat die Sage um eine unheilvolle Wassernymphe zu einem Libretto verarbeitet) und wird ein Erfolg, auch wegen den Kulissen von Karl Friedrich Schinkel. (Der Regisseur Christian Petzold hat die Sage ins Berlin der Gegenwart verlegt und als ersten von geplanten drei Teilen über Figuren der deutschen Romantik dieses Jahr verfilmt.) Dann jedoch gerät das Schauspielhaus 1817 in Brand, Hoffmann kann alles von seiner Wohnung aus beobachten. Es ist das Ende seines musikalischen Erfolgs – aber, wie sein Biograph Safranski bemerkt: „Er macht weiter, muß aber nun mehr Wein zugießen.“ Es ist, als ob sich eine Schleuse geöffnet hätte: jetzt, mit Ende Dreißig, fängt er wirklich an zu schreiben – und es gibt jetzt kein Halten mehr. Innerhalb weniger Wochen macht er sich im literarischen Deutschland bekannt, sein endgültiger Durchbruch gelingt ihm mit den Lebensansichten des Katers Murr. Kater Murr ist eine ätzende Gesellschaftssatire, ein bitterböses, urkomisches, verschachteltes und fragmentarisches Werk, das insofern auch als Kampf gegen den klassischen Werkbegriff mit seiner geschlossenen Form aufgefasst werden kann, wie man die Romantik insgesamt als Geburtsstunde einer Produktionsästhetik begreifen kann, die die bisherige Werkästhetik mit ihrem Verständnis von Nachahmung ablöst. Man kann die neue Ästhetik aber auch als Manifestation des Rausches und das Fragmentarische als Visualisierung und Darstellung von Rauschzuständen verstehen. (Der Rauschzustand selbst, wie bereits in Zusammenhang mit dem Elixier des Teufels beschrieben, ist ja schon ein theatrales Ereignis im Bewußtsein, das im Rausch einen schöpferischen Akt theatraler Situationen und Zustände sieht.)

Über den Subjektivismus hinaus macht Goethe seine Kritik an der Romantik insbesondere an dieser neuen Ästhetik fest. Er benennt den Unterschied zwischen dem klassischen und romantischen folgendermaßen: „Das Klassische nenne ich das Gesunde und das Romantische das Kranke. (…) Das meiste Neuere ist nicht romantisch, weil es neu, sondern weil es schwach, kränklich und krank ist …“ In ihrem Buch Krankheit als Metapher spricht Susan Sontag von „romantischem Schmerz“ und meint damit eine zu Beginn des 19. Jahrhunderts kursierende sentimentale Vorstellung einer „Romantisierung der Krankheit“, das heißt der Vorstellung, „daß die Menschen bewußter werden, wenn sie sich mit ihrem Tod auseinandersetzen (…) Die Krankheit war ein Weg, Menschen `interessant´ zu machen – und gerade so ist `romantisch´ ursprünglich auch definiert worden (Schlegel stellt … das `Interessante´ als das Ideal der modernen – d.h. der romantischen – Poesie hin.) `Das Ideal der vollkommenen Gesundheit´, schrieb Novalis in einem Fragment von 1799/1800, `ist nur wissenschaftlich interessant´; was wirklich interessiert, ist die Krankheit, `die zur Individualisierung gehört´.“ Tatsächlich ist Hoffmann oft krank und schreibt im Bett. In einem Brief zum Beispiel lädt er einen Schauspieler zu sich nach Hause ein und schreibt in diesem Zusammenhang: „Sie werden in mir einen zwar kränklichen aber übrigens jovialisirenden Mann finden, der den ganzen Tag halb im Bette halb außer demselben existirend allerley poetische Allotria getrieben.“

Dann aber verstärkt sich eine mysteriöse Rückenmarkskrankheit, an der er seit geraumer Zeit leidet. Das Nervenleiden frisst sich durch seinen gesamten Körper und E.T.A Hoffmann erliegt ihm schließlich 1822. Bis heute gilt er als die romantische Existenz schlechthin. Ein innerlich zerrissener Trinker …

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